Herr Markus, 2017 schätzte der Shortseller Gotham Research den Net Asset Value von Solidus auf 36 Millionen Euro. Vor kurzem hat Aurelius das Unternehmen für 330 Millionen Euro inklusive Schulden verkauft – der größte Exit Ihrer Unternehmensgeschichte. Hand aufs Herz: Wie groß ist die Genugtuung?
Dieser Exit zeigt einmal mehr, dass die Vorwürfe der damaligen aggressiven Shortattacke absolut haltlos waren und unsere Bewertungsmodelle einwandfrei funktionieren. Es gehört zum Geschäftsmodell von Aurelius, unbeliebte und damit oft unterbewertete Unternehmen oder Unternehmensteile zu kaufen, diese neu auszurichten und nach einigen Jahren als gesunde Wachstumsunternehmen wieder zu verkaufen. Solidus ist dafür ein perfektes Beispiel.
Aurelius gelingt Multiples-Arbitrage
Welchen Schnitt haben Sie bei dem niederländischen Hersteller von Lebensmittelverpackungen gemacht?
Unser Money Multiple lag über die Laufzeit des Investments von viereinhalb Jahren bei rund 16x. Gekauft haben wir Solidus im April 2015 für 14,5 Millionen Euro und es gab eine Verschuldung von rund 20 Millionen Euro.
Damals machte das Unternehmen rund 240 Millionen Euro Umsatz, verdiente vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) aber nur 12,5 Millionen Euro. Dieses Ebitda haben wir seitdem mehr als vervierfacht, mittelfristig kann das Unternehmen sogar 80 bis 90 Millionen Euro verdienen.
„Mittelfristig kann Solidus 80 bis 90 Millionen Euro verdienen."
Wenn wir richtig gerechnet haben, ist der Unterschied des Ebitda-Multiples zwischen Ihrem Einstieg (3x) und Ihrem Exit (7x) gewaltig. Warum konnten Sie das Unternehmen so billig kaufen, beziehungsweise was haben Sie danach mit ihm gemacht?
Als wir Solidus vom irischen Verpackungskonzern Smurfit Kappa übernommen haben, war es deren ungeliebtes Kind, dem nicht viel Management-Beachtung geschenkt worden war. In Solidus wurde zu wenig investiert, weil es nicht zum Kerngeschäft von Smurfit Kappa gehörte. Wir haben das Unternehmen dann aus dem Konzern herausgeschält, neu ausgerichtet und in organisches sowie durch drei Zukäufe auch anorganisches Wachstum investiert.
Ein Ebitda-Multiple ist als Wertmaßstab für ein Unternehmen an der Break-even-Schwelle aber nicht immer geeignet. Dies ist insbesondere bei Unternehmen wie Solidus der Fall, die zwar einen positives Ebitda, aber auf Grund hoher Abschreibungen kaum Ebit produzieren.
Aurelius musste bei Solidus Finanzabteilung aufbauen
Wie lange wurde die Firma restrukturiert?
„Wir haben stark an den Fixkosten geschraubt und rund 20 Millionen Euro an Kosten herausgenommen."
Ungefähr bis zur zweiten Jahreshälfte 2016. Solidus war damals nicht optimal aufgestellt, denn es gab viele Überkapazitäten. Wir mussten ein Werk schließen, haben stark an den Fixkosten geschraubt und unter dem Strich rund 20 Millionen Euro an Kosten herausgenommen. Hinzu kam, dass es in den Niederlanden keinen eigenen Finanzbereich bei Solidus gab. Wir mussten also eine eigenständige Finanzabteilung aufbauen, mit allem, was dazu gehört: Buchhaltung, Controlling, Treasury und einem eigenen CFO.
Wie haben Sie die Restrukturierung finanziert?
Bei unserem Einstieg war der Cashflow von Solidus nahe Null, drehte nach den ersten Maßnahmen aber schnell ins Positive. In der Folgezeit hat Solidus in neue, innovative Kartonverpackungslösungen wie beispielsweise wasserresistente und länger haltbare Kartons investiert. Die hierfür notwendigen Anfangsinvestitionen kamen von uns als Gesellschafter, die Folgeinvestitionen konnte das Unternehmen aus dem laufen Cashflow finanzieren.
Sie haben aber auch drei Unternehmen hinzugekauft. Dies dürfte aus dem freien Cashflow schwer finanzierbar gewesen sein.
Für unsere drei Add-on-Akquisitionen haben wir Eigenmittel zugeführt, aber auch lokale Banken als Finanzierungspartner ins Boot geholt. Unser erster Zukauf war Fibor Packaging im Juni 2016. Rund eineinhalb Jahre später folgte Abelan in Spanien und im August 2018 haben wir Northern Paper Board in Großbritannien übernommen. Die Verschuldung von Solidus ist dadurch auf rund 60 Millionen Euro angestiegen.
Aurelius stellt Ghotel und Hanse Yachts ins Schaufenster
Den Verkauf von Solidus haben Sie genutzt, um gleich noch weitere zeitnahe Verkäufe anzudeuten. Welche Portfoliounternehmen sind noch verkaufsfertig?
Schon auf Grund der langen Haltedauer kommt dafür natürlich unsere Hotelkette Ghotel in Frage. Ghotel war 2006 einer unserer ersten Buy-outs überhaupt, wir haben das Unternehmen damals von der Deutschen Post für einen symbolischen Kaufpreis übernommen. Seit 2008 ist das Unternehmen profitabel. In den letzten Jahren ist es durch Zukäufe vor allem in B- und C-Städten wie Bayreuth oder Gütersloh stark gewachsen – und dieses Wachstum sollte sich auf Grund einer attraktiven Pipeline an Neueröffnungen auch in den kommenden Jahren fortsetzen.
Nicht ganz so lang liegt der Yachtbauer Hanse Yachts in Ihrem Portfolio. Gibt es dafür derzeit überhaupt einen Markt?
Bei Hanse Yachts sind wir 2011 eingestiegen, als das Unternehmen bei rund 90 Millionen Euro Umsatz noch ein negatives Ebitda in zweistelliger Millionenhöhe verbuchte. Wir hatten damals zwei Thesen. Erstens: Wir richten das Unternehmen systematischer als der bisherige Eigentümer neu aus. Zweitens: Der Yachtmarkt hat eine Talsohle erreicht. Mit unserer ersten These hatten wir Recht, der Markt wächst allerdings erst seit 2013 wieder.
Der Zeitpunkt für ihre anstehenden Exits könnte aber besser sein, schließlich deuten die wirtschaftlichen Rahmendaten auf eine konjunkturelle Abkühlung hin, und in Private-Equity-Portfolios mehren sich die Restrukturierungsfälle …
Auf der Verkäuferseite limitieren uns solche externen Störfeuer eher weniger, da die Geschäftsmodelle unserer Beteiligungen eher in unspektakulären Branchen der sogenannten „Old Economy“ unterwegs sind. Diese Märkte wachsen nicht zweistellig, aber sind in schweren Zeiten dafür auch stabil. Nehmen Sie als Beispiel unsere 3-Sterne-Hotel-Kette Ghotel, die in konjunkturell schwächeren Zeiten von geringeren Reisekostenbudgets sogar eher profitiert. Und Private-Equity-Investoren sitzen weiterhin auf extrem viel trockenem Pulver, das sie investieren müssen.
„Bei klassischen Buy-outs im Small- und Midcap-Bereich beobachten wir derzeit eher einen Rückgang des Dealflow."
Das heißt, ein Ende des Private-Equity-Booms sehen Sie nicht?
Wenn es um Unternehmen in Sondersituationen geht, nein. Dieser Markt wächst überall in Europa und derzeit besonders stark in Großbritannien. Bei klassischen Buy-outs im Small- und Midcap-Bereich beobachten wir hingegen derzeit eher einen Rückgang des Dealflows im Vergleich zu den Vorjahren. Hier wirkt sich aus, dass Finanzierungspartner Businesspläne mit hohen Wachstumsannahmen, beispielsweise bei Technologiefirmen, derzeit eher vorsichtig betrachten.
Info
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