Der Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern Merck übernimmt den Wettbewerber Springworks Therapeutics aus den USA. Das börsennotierte Unternehmen aus Stamford, Connecticut, entwickelt Therapien für seltene, schwere Erkrankungen und Krebs. Es erzielte 2024 einen Umsatz von 192 Millionen Dollar. Der weit überwiegende Anteil davon ging auf Ogsiveo zurück, das erste Produkt, das Springworks auf den Markt brachte. Es ist ein Medikament zur Behandlung von Weichteiltumoren.
Der Kaufpreis beläuft sich auf 47 Dollar je Aktie. Das entspricht einer Bewertung von Springworks in Höhe von umgerechnet rund 3 Milliarden Euro. Springworks soll unmittelbar nach der Übernahme schon zu den Umsatzerlösen von Merck beitragen. Mit einem positiven Effekt auf das Ergebnis je Aktie rechnet das Unternehmen ab 2027.
Merck finanziert die Übernahme aus dem vorhandenen Barbestand und mit neuem Fremdkapital. Für den Deal stehen unter anderem behördliche Genehmigungen und die Zustimmung der Springworks-Aktionäre aus. Mit einem Abschluss rechnen beide Unternehmen in der zweiten Hälfte 2025. Erste Gerüchte über eine mögliche Übernahme waren im Februar bekannt geworden.
Merck baut Pharma-Portfolio um
Merck bezeichnete den Zukauf in einer Mitteilung als „richtungsweisende Maßnahme zur aktiven strategischen Gestaltung unseres Portfolios“. Es sei die größte Akquisition des Unternehmens seit beinahe zwei Jahrzehnten. CEO Belén Garijo sagte: „Im Unternehmensbereich Healthcare schärfen wir mit dem Zukauf unsere Fokussierung auf seltene Tumore, beschleunigen das Wachstum und stärken unsere Präsenz in den USA.“
Für Springworks besteht vor allem die Aussicht, unter den Fittichen von Merck seinen Zugang zu Märkten außerhalb der USA zu verbessern. Merck ist bereits in 65 Ländern aktiv, auf die Sparte Healthcare entfielen 2024 rund 40 Prozent des Gesamtumsatzes von 21,2 Milliarden Euro.
Springworks plant Marktstart in EU noch 2025
Am weitesten entwickelt hat Springworks bislang die Wirkstoffe Nirogacestat, das als Ogsiveo in den USA bereits am Markt ist, und Mirdametinib, einem Medikament zur Behandlung von gutartigen Tumoren, die sich an Nervenbahnen im Körper bilden. Beide haben eine Zulassung der US-Behörde Federal Drug Administration. In einer Unternehmenspräsentation vom Februar stellte das Unternehmen in Aussicht, 2025 in der Europäischen Union eine Zulassung für Nirogacestat zu erlangen. Ein Marktstart sei Mitte 2025 in Deutschland geplant.
Für Forschung und Entwicklung gab Springworks 2024 rund 200 Millionen Dollar aus. Insgesamt verzeichnete das Pharmaunternehmen einen Verlust von 258 Millionen Dollar. Die vorhandenen Mittel bezifferte es zu Ende 2024 auf rund 462 Millionen Dollar, es beschäftigt rund 300 Mitarbeitende.
JP Morgan ist in der Transaktion der exklusive Finanzberater von Merck, Sullivan & Cromwell berät den deutschen Pharmakonzern rechtlich. Springworks setzt in der Finanzberatung auf Centerview Partners und Goldman Sachs sowie Goodwin Procter als Rechtsberater.
Raphael Arnold ist Redakteur bei FINANCE. Er studierte in Gießen und Alexandria (Ägypten) Geschichte, Geografie und Arabisch. Schon vor und während des Studiums schrieb er für verschiedene Tageszeitungen. Bei den Nürnberger Nachrichten absolvierte er ein Volontariat und arbeitete im Anschluss in deren Wirtschaftsredaktion. Danach war er über 13 Jahre für den US-Investment News Service OTR Global als Researcher und Projektmanager tätig. Beim Juve Verlag verantwortete er bis Oktober 2024 knapp acht Jahre lang die Österreich-Publikationen.
