Der nächste deutsche Zulieferer begibt sich in chinesische Hände. Wie der Leverkusener Automobilzulieferer Carcoustics bekanntgegeben hat, wurden die Kaufverträge mit dem strategischen Investor Liaoning Dare Industrial Company (Dare-Gruppe) aus China bereits unterzeichnet. Das bisherige Management um CEO Peter Schwibinger und CFO Georg Brasch soll an Bord bleiben. Personal in Leverkusen abzubauen oder den Hauptsitz zu verlagern, sei nicht geplant. Die Dealpartner warten nur noch auf die kartellrechtlichen Freigaben für den Eigentümerwechsel bei dem Lärm- und Wärmedämmungsspezialisten für PKWs und Lastwagen.
Die Dare-Gruppe erhofft sich durch den Kauf von Carcoustics Synergien mit dem eigenen Tochterunternehmen Fuxin Dare Automotive Parts. Das in China börsennotierte Unternehmen beliefert in seinem Heimatmarkt schon seit längerem die dort ansässige Autoindustrie. Zusammen mit Carcoustics soll nun das Wachstum vor allem im chinesischen Markt vorangetrieben werden.
Der Vollzug der Transaktion wird noch im vierten Quartal erwartet. Über den Kaufpreis machten die Beteiligten keine Angaben. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet von bis zu 200 Millionen Euro, die der Finanzinvestor Alpinvest – der bisherige Eigentümer von Carcoustics – mit dem Verkauf einstreichen könnte.
Alpinvest wollte Carcoustics schon früher verkaufen
Alpinvest war ursprünglich ein Pensionsfonds, wurde im Juni 2013 dann aber von dem US-Private-Equity-Investor Carlyle aufgekauft und ist seitdem eine Beteiligungsgesellschaft. Wie das Handelsblatt berichtet, hatte Alpinvest Carcoustics im Juni diesen Jahres zum Verkauf gestellt und dafür die Investmentbank Rothschild mandatiert.
Alpinvest ist schon seit 2001 Eigentümer von Carcoustics – eine sehr lange Haltezeit für einen Finanzinvestor. Zwischendurch konnte Alpinvest das Unternehmen jedoch rekapitalisieren und damit Mittelzuflüsse an seine Investoren sichern.
Auf der Verkaufsliste stand Carcoustics trotzdem schon seit langem: Der jüngste Verkaufsversuch vor zwei Jahren soll an zu niedrigen Kaufpreisangeboten für Carcoustics gescheitert sein. 2015 setzte der Zulieferer mit weltweit 1.800 Mitarbeitern rund 280 Millionen Euro um und erzielte dabei einen operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von rund 30 Millionen Euro. Das erzielte Ebitda-Multiple von knapp 7x Ebitda liegt im Rahmen dessen, was derzeit für Autozulieferer bezahlt wird. Weniger zyklische Unternehmen aus anderen Sektoren erzielen aber deutlich höhere Bewertungen. Zweistellige Ebitda-Multiples sind am deutschen M&A-Markt keine Seltenheit mehr.
Carcoustics, Kuka und Co. im Visier chinesischer Invetsoren
Mit dem Kauf von Carcoustics setzt sich die Übernahmewelle chinesischer Investoren am deutschen M&A-Markt fort. Bekanntester Deal bislang ist die Übernahme von Kuka durch den chinesischen Haushaltsgerätehersteller Midea. Die Chinesen legten für den deutschen Roboterbauer 115 Euro pro Aktie auf den Tisch und bewerteten ihn damit mit rund 4,3 Milliarden Euro.
Den Maschinenbauer KraussMaffei lies sich ChemChina zu Jahresbeginn rund 1 Milliarde Euro kosten. Im August übernahm der chinesische Mischkonzern Shanghai Electric für 174 Millionen Euro den Luft- und Raumfahrtzulieferer Broetje-Automation. Vorher hatte sich dieses Unternehmen schon die Kontrolle über den Maschinenbauer Manz gesichert. Das chinesische Unternehmen Avic hatte im Jahr 2014 für 473 Millionen Euro den deutschen Autozulieferer Hilite übernommen.