NEUZur Serie: Top-Dealmaker

Newsletter

Abonnements

M&A-Berater: Die große Auslese

Wer einen M&A-Berater sucht hat die Wahl. Die Konkurrenz um die Begleitung lukrativer M&A-Deals ist groß.
Thinkstock / Getty Images

M&A-Berater sind im Grunde Optimisten. Es vergeht noch immer kaum ein Gespräch, in dem nicht ein Vertreter der Zunft die gut gefüllte Pipeline an vermeintlich marktreifen Transaktionen preist. Doch die anhaltend miesen Konjunkturaussichten scheinen auf die Stimmung durchzuschlagen. Insbesondere die Anzahl großer M&A-Deals ist in den vergangenen Jahren dramatisch gesunken. Der Markt der Berater dagegen hat sich nicht bereinigt. „Im M&A-Markt gibt es derzeit Überkapazitäten“, sagt Claus Peter, Managing Director bei Leonardo & Co.

Manche Marktteilnehmer zeichnen ein düsteres Bild: Wenn der M&A-Markt auf dem aktuellen Niveau verharre, ließen sich in Deutschland allenfalls zwei Drittel der vorhandenen Kapazitäten dauerhaft profitabel auslasten, mutmaßen Insider. Schon jetzt akzeptieren die Wettbewerber immer niedrigere Fees für die Begleitung von M&A-Deals. Die lange üblichen Gebühren von 1 Prozent des Dealvolumens sind Insidern zufolge oft nicht mehr erreichbar. Vor allem große Banken, die ihre Teams auslasten wollen, verkaufen offenbar häufig verschiedene Dienstleistungen im Paket, bei denen die M&A-Dienste mitunter nur mit 0,5 Prozent des  Dealvolumens entlohnt werden. Das ist nicht zuletzt dem branchenüblichen Schaulaufen geschuldet: Nur wer bei den großen Deals dabei ist, und sei es zum Dumpingpreis, kommt in den für Banken so wichtigen Rankings und League Tables vor.

M&A-Berater buhlen um Aufträge

Den Corporate M&A-Chefs und CFOs spielt die prekäre Situation der M&A-Berater in die Hände. Marktbeobachter berichten, dass auch für mittelgroße Deals die Zahl der Wettbewerber in Pitch-Situationen steigt. Bemühten sich früher zwei oder drei Beratungshäuser um die Begleitung eines M&A-Deals, sind es heute mitunter acht oder zehn. „Das Niveau der Präsentationsunterlagen ist bei Großbanken wie bei M&A-Boutiquen auf einem guten Niveau“, beobachtet Hans-Jörg Bergler, Head of Corporate Development bei Merz Pharma. „Wer sich von der Konkurrenz abheben will, muss mit Branchen-Knowhow und  Verhandlungskompetenz überzeugen.“ Zudem werde von einem externen Berater ausgewiesene Kompetenz im Projektmanagement erwartet.

M&A-Berater berichten mit Sorge, dass immer mehr Unternehmen verstärkt eigene Ressourcen einsetzen. Wohl auch, weil nicht alle Mitglieder der Beraterzunft die Anforderungen der Unternehmen erfüllt haben. „Ein Berater darf nicht bloß als verlängerte Werkbank des Kunden agieren“, sagt Wolfram Schmerl, Managing Partner bei der paneuropäischen Investmentbank N+1 und zuvor bei Hauck & Aufhäuser für das M&A-Geschäft verantwortlich. „Es muss wieder mehr wirkliches Beratungs-Knowhow durch erfahrene Marktteilnehmer in die Transaktionen einfließen. Nur dann kann ein Berater auch für den eingebrachten Value Add wieder höhere Gebühren fordern.“

Bessere Beratung allein wird aber nicht genügen, solange keine Konsolidierung des Marktes stattfindet. Eine wirkliche Reduzierung der M&A-Kapazitäten ist auf dem deutschen Markt nicht zu erkennen. Selbst wenn ein Haus Stellen abbaut, tauchen die M&A-ler meist schnell wieder auf – sei es bei einem direkten Wettbewerber, einer M&A-Boutique oder als Selbstständige. „Es gibt Häuser, die die aktuelle Situation gezielt ausnutzen, um gutes Personal im M&A-Bereich an Bord zu holen“, beobachtet Ron Weihe, der lange bei der Berenberg Bank das deutsche M&A-Geschäft geleitet hat und seit 2012 als Headhunter bei Russell Reynolds Positionen im Banken- und Private-Equity-Umfeld besetzt.

Sektorteams werden zur Belastung

Einige Häuser verbreitern ihr Geschäftsmodell und bieten neben M&A-Dienstleistungen auch Finanzierungs-, Restrukturierungs- oder IPO-Beratung an. Großbanken können das M&A-Geschäft teilweise quersubventionieren. Für die Global Player ist  es jedoch eine Frage der Ehre, in allen Sektoren handlungsfähig zu sein. Das wird zur Belastung. Die Sektorteams wollen beschäftigt und vor allem bezahlt werden. Auch bei mittelgroßen Pitches treten zunehmend Anbieter auf, die bislang nur für die ganz großen Tickets bekannt waren: Morgan Stanley und Goldman Sachs etwa sollen sich schon für Mandate mit einem Dealwert im unteren dreistelligen Millionenbereich interessieren – dauerhaft auskömmlich dürfte das angesichts der Kostenstrukturen kaum sein.

Bei allem Wehklagen gibt es dennoch Häuser, die im deutschen M&A-Markt nach wie vor gutes Erlöspotential wittern. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Big 4 wieder stärker in den M&A-Beratungsmarkt drängen – und dass sie bei Pitches zu den günstigsten Bietern gehören. Durch die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer bringen sie ein breites Sektorwissen und gute Unternehmenskontakte mit. An anderer Stelle jedoch lauern gerade deshalb Fallen. Es gibt viele Situationen, in denen man den Big 4 einen Interessenkonflikt vorwerfen könnte. Heikel kann es etwa bei Distressed M&A-Deals werden. Oft müssen die Geldgeber des kriselnden Unternehmens dabei einen Haircut hinnehmen. Wenn ein WP den Deal begleitet und zugleich eine der Banken aus dem Bankenpool geprüft hat (und womöglich noch kürzlich das Kreditportfolio im Rahmen der Prüfung für werthaltig erklärt hat), wird es knifflig. Wer sich im Markt umhört, merkt schnell: Als allzu große Gefahr werden die Big 4 nicht gesehen. Doch  allein ihre Präsenz drückt die Preise. Für die Corporate M&A-Chefs ist das eine komfortable Situation.

Info

Die aktuelle FINANCE

Eine ausführlichere Version dieses Interviews sowie weitere spannende Artikel aus der Welt der CFOs finden Sie in der aktuellen Ausgabe der FINANCE.

Themen