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General Atlantic stärkt Digitalsparte von Pro Sieben Sat.1

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Im Oktober 2016 waren General Atlantic und Pro Sieben Sat.1 bei der Vergleichsplattform Käuferportal eingestiegen. Jetzt bringt der Wachstumsinvestor seinen Anteil in das gemeinsame Joint-Venture ein.
ProSiebenSat1MediaAG

Der US-Finanzinvestor General Atlantic hat seine Beteiligung an der deutschen Vermittlungsplattform Aroundhome (früher: Käuferportal) bei Nucom eingebracht, einem Gemeinschaftsunternehmen mit dem Medienkonzern Pro Sieben Sat.1 (Pro Sieben). Wie beide Unternehmen vor wenigen Minuten bekannt gaben, wurde die Transaktion mit 140 Millionen Euro bewertet. Nucom bündelt das digitale Konsumentengeschäft des MDax-Konzerns und umfasst Internetplattformen wie Parship Elite, Verivox oder Flaconi. Das Joint Venture wurde beim Einstieg des Finanzinvestors vor rund einem Jahr mit 1,8 Milliarden Euro bewertet.

Durch den Aroundhome-Deal verändern sich auch die Besitzstrukturen des Gemeinschaftsunternehmens: Für die 42 Prozent der stimmberechtigten Anteile an Aroundhome bekommt General Atlantic im Gegenzug weitere Anteile an Nucom in Höhe von 3,3 Prozent.

Der Private-Equity-Investor hält damit nun 28,4 Prozent an dem Joint Venture. Nucom wiederum kontrolliert nach dem Deal 94 Prozent von Aroundhome. Die restlichen Anteile liegen noch bei dem Gründer und CEO Robin Behlau. Mitgründer Mario Kohle zieht sich aus dem Unternehmen zurück.

Nucom soll jährlich um 10 bis 15 Prozent wachsen

Pro Sieben und General Atlantic waren im Oktober 2016 zusammen bei Aroundhome eingestiegen. „Die Entscheidung von Robin Behlau, fast komplett unter das Dach von Nucom zu gehen, ist ein klares Bekenntnis zu der Wachstumsvision der Nucom Group“, freut sich Christian Figge, der als Principal von General Atlantic für das Nucom-Investment mit zuständig ist. Der Private-Equity-Manager hofft, dass diesem Beispiel weitere Gründer folgen werden.

Die Mission von Nucom ist klar: Beim Umsatz jährlich organisch zwischen 10 und 15 Prozent wachsen. „Dazu hilft uns das Know-how eines erfahrenen Wachstumsinvestors. General Atlantic hat in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass sie als Minderheitsinvestor sehr erfolgreich mit Konzernen zusammenarbeiten“, sagt Claas van Delden.

Als Co-CEO von Nucom leitet er das Geschäft gemeinsam mit dem ehemaligen M&A-Chef von Pro Sieben, Florian Tappeiner. General Atlantic hat in Deutschland sowohl mit Gründern – wie bei Flixbus – als auch mit Konzernen zusammengearbeitet, wie zuletzt mit Axel Springer.

General Atlantic fädelte für Nucom USA-Deal ein

Einen größeren Deal hat Nucom mit General Atlantic bereits eingefädelt: Im Oktober 2018 übernahm Nucom über Parship Elite den US-Wettbewerber E-Harmony, der als Pionier der Online-Partnervermittlung in den USA gilt. „Die Marken werden eigenständig bleiben, aber wir arbeiten daran, die Plattformen technisch zu integrieren“, berichtet van Delden.

Ein vergleichbares Projekt wurde im vergangenen Jahr auch bei den Portfoliounternehmen Jochen Schweizer und Mydays angestoßen. „Um im Front-end die Shops und im Back-end die ERP-Systeme der beiden Plattformen zu harmonisieren, werden wir einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag investieren“, meint van Delden.

„Die Bewertungen waren im vergangenen Jahr auf einem derart hohen Niveau, dass man schon mit sehr spitzem Bleistift rechnen musste.“

Christian Figge, General Atlantic, Professional

Das ganz große Rad haben General Atlantic und Nucom am M&A-Markt bisher bisher aber nicht gedreht. Neben E-Harmony, das bei der Transaktion mit 85 Millionen US-Dollar bewertet wurde, stehen nur einige kleinere ergänzende Transaktionen wie beispielsweise ein Add-on für Verivox zu buche. „Wir haben uns viele Unternehmen angeschaut. Aber die Bewertungen waren im vergangenen Jahr auf einem derart hohen Niveau, dass man schon mit sehr spitzem Bleistift rechnen musste“, moniert Figge. Nach seiner Einschätzung sollte sich die Lage dieses Jahr wieder etwas entspannen.

General Atlantic soll Nucom beim Pricing helfen

Neben größeren Zukäufen stehen auch interne Projekte bei Nucom an. Vergangenes Jahr wurde beispielsweise das Management von vier Portfoliounternehmen ausgetauscht. Verivox, Windstar, Billiger-Mietwagen und Stylight haben einen neuen CEO bekommen. „Ein wichtiges Thema dieses Jahr ist unter anderem das operative Pricing. Es kann ein sehr großer Werthebel sein, sobald die Portfoliounternehmen einen gewissen Marktanteil erreicht haben“, verrät van Delden. Er hofft dabei vor allem auf die Expertise von General Atlantic im B2B-Bereich.

„Ein wichtiges Thema dieses Jahr ist unter anderem das operative Pricing.“

Claas van Delden, Nucom, Co-CFO

Diese ist nötig, denn einige Portfoliounternehmen von Nucom haben mit Blick auf die Umsatzrentabilität noch Luft nach oben. Bei Jochen Schweizer und Mydays bleiben derzeit 12 Prozent als Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hängen. Die Benchmark für die Ebitda-Marge liegt allerdings mit 25 bis 30 Prozent mehr als doppelt so hoch. Auch Flaconi ist zwar profitabel, jedoch noch weit von der ausgerufenen Ziel-Marge von 10 bis 15 Prozent entfernt.

General Atlantic als Schutzschild gegen den Konzern

„Der Aufsichtsrat von Nucom fungiert wie ein Investment-Komitee.“

Christian Figge

Unter dem Strich bemühen sich Figge und van Delden ein harmonisches Bild zu vermitteln. Figge habe inzwischen sogar einen Gästeausweis zu den Nucom-Büros, so oft wie er dort ein- und ausgehe, flachsen die beiden.

Formal das Sagen hat aber klar Pro Sieben. Der Konzern besetzt das Management bei Nucom und stellt vier der sechs Aufsichtsratsmitglieder. Die anderen beiden entsendet der Finanzinvestor. „Der Aufsichtsrat von Nucom fungiert wie ein Investment-Komitee. Er entscheidet im Konsens darüber, welche Deals gemacht werden und welche nicht“, ergänzt Figge. Kampfabstimmungen gebe es nicht. Bei M&A- und Kapitalmarkttransaktionen wolle man bei den Entscheidungen mit im Boot sitzen, aber operativ lasse General Atlantic dem Management viele Freiheiten.

Für gewöhnlich sind sowohl Private-Equity-Investoren als auch strategische Käufer daran interessiert, bei ihren Portfoliounternehmen durchregieren zu können. Bei Nucom sehen Figge und van Delden dahingehend aber kein Spannungsfeld. General Atlantic sei ein erfahrener Minderheitsinvestor und wisse, wie er seine Position absichern könne. Van Delden kann den Co-Investor im Gegenzug als eine Art Schutzschild benutzen, schließlich besteht zwischen Konzernen und Wachstumsunternehmen ein natürliches Spannungsfeld. „Es kommt immer wieder vor, dass Konzerne ihre standardisierten Prozesse auf die Portfoliounternehmen überstülpen und die jungen Unternehmen damit ersticken“, räumt van Delden ein. Die Nucom fungiere hier als Mittelsmann, um so etwas zu verhindern.

Nucom ist einer der größten Kunden von Pro Sieben

General Atlantic profitiert im Gegenzug von der Medienreichweite von Pro Sieben. „Wir sind einer der größten Werbekunden von Pro Sieben Sat.1 und können dadurch viel Medialeistung einkaufen und bündeln. Dafür erhalten wir marktübliche, aber vorteilhafte Konditionen“, so van Delden. Nucom hat im vergangenen Jahr bei Pro Sieben ein Brutto-Media-Volumen von rund 350 Millionen Euro eingekauft. Das ist der Listenpreis, wie hoch der Rabatt ausfällt, ist nicht bekannt.

Für General Atlantic ist diese hohe Kundenkonzentration Segen und Fluch zugleich. Auf der einen Seite verfügt Nucom dadurch über große Vertriebskraft. Auf der anderen Seite schreckt diese hohe Abhängigkeit andere Investoren möglicherweise ab. Für General Atlantic könnte das beim Exit ein Thema werden. Für den Wachstumsinvestor war dies darum ein Hauptthema bei der Due Diligence: „Es war von Beginn an klar, dass die Verträge von Nucom und Pro Sieben auf ein marktübliches Niveau angehoben werden müssen, damit wir bei einem möglichen Exit mehr Optionen haben“, sagt Figge.

„Es war von Beginn an klar, dass die Verträge von Nucom und Pro Sieben auf ein marktübliches Niveau angehoben werden müssen.“

Christian Figge

General Atlantic ist beim Exit flexibel

Grundsätzlich sei General Atlantic beim Exit sehr flexibel, da der Finanzinvestor nicht an die für Private Equity üblichen Fondslaufzeiten gebunden ist. Zum jetzigen Zeitpunkt wollen sich weder Figge noch van Delden auf einen bestimmten Exit-Kanal festlegen. „Wir möchten eine Gesellschafterstruktur mit der wir unsere Ziele – schnell und europäisch zu wachsen – umsetzen können“, meint van Delden. Bis 2023 soll der Umsatz auf 2 Milliarden Euro steigen, das Ebitda auf 400 Millionen Euro. Zuletzt waren es bei rund 800 Millionen Euro Umsatz rund 110 Millionen Euro Ebitda.

Damit das Nucom Projekt fliegt, müssen sich General Atlantic und Pro Sieben vor allem eines: vertrauen. „Man kann nicht alles im Vertrag regeln. Man braucht ein gutes Gefühl dafür, mit wem man am Tisch sitzt“, meint Figge. Das sei im Falle von Pro Sieben gegeben.

philipp.habdank[at]finance-magazin.de