Das Führungschaos bei dem Elektronikhändler Ceconomy findet kein Ende: Jörn Werner, erst seit März an der Spitze des SDax-Unternehmen, verlässt die Düsseldorfer mit sofortiger Wirkung. Das beschloss der Aufsichtsrat von Ceconomy am gestrigen Donnerstag in einer außerordentlichen Sitzung.
Zugleich bestellte das Kontrollgremium Bernhard Düttmann für zwölf Monate zum CEO. Düttmann, der in der Vergangenheit unter anderem als Finanzchef für den Konsumgüterkonzern Beiersdorf und den Spezialchemiekonzern Lanxess tätig war, gehörte bisher dem Aufsichtsrat von Ceconomy an. Von Januar bis März diesen Jahres war er jedoch schon einmal vorübergehend in den Vorstand Muttergesellschaft der Elektronikhändler Mediamarkt und Saturn gewechselt.
Als Interims-CFO verhinderte er damals ein Führungsvakuum bei Ceconomy – zuvor hatten CEO Pieter Haas und Finanzchef Mark Frese nach einer Reihe von Gewinnwarnungen ihre Hüte nehmen müssen. Nachdem die Nachfolger Jörn Werner und die neue Ceconomy-Finanzchefin Karin Sonnenmoser ihre Ämter im März aufnahmen, rückte Düttmann wieder zurück in den Aufsichtsrat.
Ceconomy braucht neue Strategie
Nun folgt also der zweite Feuerwehreinsatz des erfahrenen Finanzchefs. Gemeinsam mit CFO Sonnenmoser und der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding (MSH) – CEO Ferran Reverter und Finanzchef Florian Wieser – bildet Düttmann ein sogenanntes „Transformation Committee“. Dieses Gremium soll eine neue Strategie für die unter der Online-Konkurrenz leidenden Elektronikhändler erarbeiten.
Das ist auch dringend notwendig: In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres (bis Ende September) stagnierte der Umsatz von Ceconomy bei rund 16,5 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) brach um 30 Prozent auf 305 Millionen Euro ein. Grund dafür waren vor allem Aufwendungen für die zahlreichen Führungswechsel sowie Restrukturierungskosten. Bereinigt um diese Faktoren stieg das Ebitda zwar leicht an, die Marge bleibt mit 2,9 Prozent allerdings schwach.
Werner und Sonnenmoser hatten dem Markt deshalb bereits im Frühjahr ein Sparprogramm präsentiert, mit dem die Kosten um jährlich 110 bis 130 Millionen Euro gesenkt werden sollen. An der aktuellen Prognose für das laufende Geschäftsjahr hält Ceconomy fest. Es gebe „keinerlei Anhaltspunkte“, dass diese nicht erreicht werde.

Unstimmigkeiten in der Ceconomy-Führung
Doch Einsparungen in IT, Logistik und Einkauf alleine reichen nicht aus, damit sich Ceconomy gegen Amazon und Co. langfristig behaupten kann. Deshalb wollten Werner und Sonnenmoser „zum Jahreswechsel“ auch eine neue Strategie vorlegen. Werner hatte vor seiner Zeit bei der Werkstattkette A.T.U bereits die strategische Neuausrichtung des Mediamarkt-Saturn-Wettbewerbers Conrad verantwortet.
FINANCE-Köpfe
Bei Ceconomy darf er damit nun nicht weitermachen. Zwar hieß es, die Trennung erfolge „in gegenseitigem Einvernehmen“. Hinter den Kulissen hat es dem Vernehmen nach allerdings ordentlich gekracht. Darauf deuten auch Aussagen von Aufsichtsratschef Jürgen Fitschen hin. Mit Blick auf die Führung des Unternehmens habe es unterschiedliche Auffassungen zwischen Werner und dem Aufsichtsrat gegeben, erklärte der frühere Deutsche-Bank-Chef in einer Pressemitteilung.
Jörn Werner verlor Machtkampf gegen Ferran Reverter
Zum Verhängnis wurde Werner offenbar ein Machtkampf mit dem CEO der Media-Saturn-Holding, Ferran Reverter, wie aus Unternehmenskreisen zu hören ist. Demnach war der Spanier Reverter, der im Oktober 2018 den Chefposten bei der Ceconomy-Tochter übernommen hatte, nicht mit dem von Werner eingeleiteten und von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) begleiteten Strategieprojekt einverstanden.
Werner wandte sich deshalb an Aufsichtsratschef Fitschen, um entsprechende Durchgriffrechte einzufordern, heißt es. Dieser Schritt ging jedoch nach hinten los: Fitschen schlug sich offenbar auf die Seite von Reverter, und setzte im Aufsichtsrat eine Abstimmung über die Ablösung des Ceconomy-CEOs an, so heißt es von Werner nahestehenden Kreisen. Ceconomy wollte sich auf FINANCE-Anfrage dazu nicht äußern und verwies auf die Pressemitteilung.
Führungschaos belastet Ceconomy-Aktie (Monatschart)
Komplexe Strukturen bei Ceconomy
Die Ausgangslage bei Ceconomy und der in Ingolstadt ansässigen Tochter Media-Saturn-Holding ist komplex: Zwar hält der SDax-Konzern mit 78 Prozent die Mehrheit an der Gesellschaft. Die restlichen Anteile liegen jedoch bei den Erben des Mediamarkt-Gründers Erich Kellerhals, mit dem die Ceconomy-Führung bereits seit Jahren im Streit liegt.
Zugleich ist Mediamarkt Saturn das größte Asset von Ceconomy. Ohne dortige Durchgriffsrechte bleibt dem Vorstand des SDax-Unternehmens de facto kaum Spielraum, um eigene Akzente zu setzen. Der frühere Ceconomy-CEO Pieter Haas, der im vergangenen Herbst gehen musste, hatte daher auch beide Posten inne.
Kellerhals-Erben empört über Trennung von Werner
Pikant dabei: Offenbar hatte sich Werner um eine Annäherung an die Kellerhals-Erben bemüht. „Wir sind irritiert, dass der Ceconomy-Aufsichtsrat unter der Leitung von Herr Fitschen offenbar meint, sich von dem Vorstandsvorsitzenden nach nur wenigen Monaten und auf diese Art und Weise trennen zu müssen", erklärte Convergenta, das Investmentvehikel von Kellerhals am Freitagnachmittag.
Unter Werner habe sich das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern Ceconomy und Convergenta erkennbar verbessert, meint Convergenta-Geschäftsführer Ralph Becker. Es habe eine Chance für eine positive Neuausrichtung für die Media-Saturn-Holding gegeben. Zugleich forderte er eine Einbindung seiner Gesellschaft in das neugeschaffene Transformation Committee ein.
Vor diesem Hintergrund dürfte es nicht einfach werden für Jürgen Fitschen einen dauerhaften Nachfolger für Werner zu finden. Düttmann als Aufsichtsrat weiß dagegen, auf was er sich einlässt.

