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Mit Multi GAAP 2.0 die Rechnungslegung bereinigen

Immer mehr Unternehmen müssen neben HGB auch noch nach IFRS bilanzieren. Multi GAAP 2.0 kann helfen, den Überblick zu behalten.
Thinkstock/Getty Images

Es ist ein Problem, das die meisten international tätigen Konzerne kennen: Während sie einerseits zur Steuerung eine konzernweite, einheitliche Buchhaltung benötigen, müssen sie andererseits für jedes Land separate Buchhaltungsvorschriften erfüllen. Aber auch lokal tätige Unternehmen, die zusätzlich zu einer nationalen Rechnungslegung wie HGB eine internationale Rechnungslegung wie IFRS oder US-GAAP haben, stehen vor der Frage: Wie schafft man eine einheitliche Buchführung trotz unterschiedlicher Rechnungslegungsverpflichtungen?

Über das Adjustment Accounting, bei dem es einen gemeinsamen Kern für die Einzelabschlüsse in allen Ländern gibt und nur die Abweichungen für das internationale GAAP separat gebucht werden? Oder über eine parallele Buchführung, die in jedem Land das nationale GAAP und das internationale GAAP vollständig separat bucht? Oder gar über einen Superrechenkreis, der die Rechnungslegungen aller Länder vereint?

Es gibt noch einen vierten Weg: Das sogenannte Multi GAAP 2.0 auch scherzhaft „Micky Maus Buchhaltung“ genannt. Alle bisherigen Lösungsansätze haben Vor- und Nachteile, doch das Multi GAAP 2.0 nimmt für sich in Anspruch, die Schwächen der drei anderen Ansätze zu kompensieren.

Buchhaltung wird unübersichtlich und intransparent

Zum Beispiel das Adjustment Accouting: Eine zwingende Voraussetzung ist, dass der lokale Rechenkreis optimal angelegt ist – denn darauf aufbauend werden Adjustments für internationale Rechnungslegungen gebucht. Ist diese Grundlage nicht gegeben, betreffen fehlerhafte Buchungen zwangsläufig auch die IFRS Rechnungslegung.

Je komplexer die Strukturen werden, umso geringer werden Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Viele Probleme werden heute oftmals durch Annahmen und Vereinfachungen umgangen, aber nicht gelöst. Die angewendeten Methoden sind dann mit den Leitsätzen der Rechnungslegungsvorschriften nur schwierig in Einklang zu bringen und deren Tolerierung durch die Wirtschaftsprüfer ist bereits jetzt absehbar zeitlich begrenzt.

Die parallele Buchhaltung als Alternative löst diese Schwierigkeit, indem alle zu buchenden Ereignisse mehrfach, also in jeder Rechnungslegung separat, gebucht werden. Das führt allerdings zu einem anderen Problem: Durch die sich wiederholenden Buchungen wird das gesamte Rechnungswerk aufgebläht. Speziell Stornierungen und Nachtragskorrekturen sind  bei paralleler Buchhaltung sehr aufwendig und somit teuer.

Der Ansatz, alle Rechnungslegungsvorschriften in einen Superrechenkreis einfließen zu lassen, ist ebenfalls schwierig. Bei dieser Methode wird versucht, die Anforderungen der Finanzberichte aller im Unternehmen abzudeckender Rechenkreise in einem einzigen Rechenkreis abzubilden. Das führt dazu, dass der Kontenplan ausgesprochen fein zu gliedern ist. In vielen Fällen wird der Superrechenkreis aber äußerst unübersichtlich und aufwendig. Demnach kann dieser Ansatz eine kurzfristige Lösung sein, wird aber mittelfristig keinen Bestand haben.

Multi GAAP 2.0 kann wieder Ordnung schaffen

Vor diesem Hintergrund der Schwächen der obengenannten Methoden, wurde das Verfahren „Multi GAAP 2.0“ konzipiert. Die grundlegende Idee ist die Differenzierung von GAAP-gleichen und GAAP-ungleichen Sachverhalten. In einem zentralen „Basis“-Rechenkreis werden exklusiv alle GAAP-gleichen Bewertungselemente transaktionsbasiert gebucht.

Dies bildet den Kopf der Maus (siehe Grafik). Bildlich gesehen schließen sich daran zwei Micky Maus Ohren an. Eins ist der Rechenkreis für die nationale Rechnungslegung, in der die GAAP-ungleichen Bewertungselemente nach lokalem Recht wie HGB bewertet und gebucht werden. Das zweite Ohr stellt einen separaten Rechenkreis für jede zu buchende, internationale Rechnungslegung dar, in dem die GAAP-ungleichen Bewertungselemente nach internationalem Recht wie IFRS bewertet und gebucht werden.

Bilanz und GuV-Sichten für die einzelnen lokalen und internationalen Rechenkreise setzen sich dann jeweils aus dem Basis-Rechenkreis sowie dem betreffenden lokalen oder internationalen Rechenkreis zusammen, für den die Bilanz, die GuV oder der Finanzbericht erstellt werden soll. Auf diese Weise ist für GAAP-gleiche Sachverhalte gewährleistet, dass sie über alle Rechnungslegungen hinweg konsistent bewertet und genau einmal gebucht werden.

Dadurch, dass transaktionsbasierte, eventgesteuerte Buchungen in jedem Rechenkreis sowohl für die GAAP-gleichen als auch GAAP-ungleichen Bewertungselemente umgesetzt werden, ist der Nachweis bis auf das Einzelgeschäft und seine Geschäftsvorfälle sowie die Bewertungsdetails möglich. Dass die GAAP-gleichen Bewertungselemente dabei dem jeweiligen Rechenkreis lediglich „virtuell“ aus dem Basis-Rechenkreis hinzugefügt werden, bleibt dem Endanwender verborgen.

Der Einsatz von Multi GAAP 2.0 ist universell und kann für einfache und komplexe, kleine und große Portfolien eingesetzt werden. Somit kann sie einen Lösungsansatz sowohl für national als auch international tätige Konzerne darstellen.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Dr. Karl Kirchgesser ist Director, Executive Vice President bei Fernbach, einem Anbieter von Lösungen für Finance & Risk Management.