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Unternehmen stellen absichtlich Bilanzfälscher ein

Werden Bilanzfälscher in Bewerbungsgesprächen bevorzugt?
Check_istock_Thinkstock_Getty Images

Wenn Sie die Wahl haben zwischen einem ehrlichen und regelkonformen Accountant und einem, der gerne mal Ergebnisse glättet – wen würden Sie einstellen? Offenbar entscheidet sich eine erschreckend große Mehrheit für den Bilanzfälscher. Das ist zumindest das Ergebnis einer US-Studie, die der Lehrstuhl für Rechnungslegung der Universität von South Carolina veröffentlicht hat.

Die Forscher haben sich die Frage gestellt, ob Unternehmen ganz bewusst Buchhalter und Rechnungsleger einstellen, die potentielle Bilanzfälscher sind. Dabei sind sie in mehreren Schritten vorgegangen: Als erstes haben sie einer Gruppe von 59 Accountants zwei Bewerber vorgelegt. Beide hatten die gleiche Ausbildung sowie Arbeitserfahrung – nur die Persönlichkeit hat sich unterschieden. Das allerdings gewaltig: Kandidat A war prozessorientiert, hielt sich an Regeln und hatte klare Vorstellungen davon, wie man sich ethisch korrekt verhält. 

Kandidat B war ergebnisorientiert und notfalls bereit, Regeln zu umgehen, um seine Ziele zu erreichen. Diesem Bewerber trauten die Befragten auch zu, dass er Gewinne glätten würde, um die gewünschten Zahlen zu präsentieren – ein Verhalten, das im Extremfall zu Gefängnisstrafen führen könnte.   

Der bessere Accountant bekommt den Job nicht

Die Befragten sollten nun einschätzen, welcher Bewerber der bessere Accountant wäre. Das Urteil fiel klar aus: Kandidat A ist für den Job besser geeignet und wird ihn daher wahrscheinlich auch bekommen, vermuteten die Befragten.

Doch sie sollten nicht Recht behalten: In einem zweiten Schritt legten die Forscher die beiden Kandidaten einer Gruppe von Unternehmen und Recruitern vor und fragten sie, welchen der beiden Bewerber ein Unternehmen wohl eher einstellen würde. Das Ergebnis: 88 Prozent der Unternehmen und 81 Prozent der Recruiter sagten ganz klar, dass Kandidat B eher eingestellt werden würde.

Die Studienautoren selbst waren von dem Ergebnis an sich nicht besonders überrascht – im Gegenteil, sie haben es vorher schon vermutet. Schockierend fanden Sie aber, wie groß die Mehrheit derer war, die potentielle Bilanzfälscher einstellen würde. Dieses Problem könne man auch nicht durch eine stärkere Aufsicht aus der Welt schaffen – die Unternehmenskultur müsse sich verändern, lies sich ein Studienautor etwas entmutigt zitieren.

Julia.becker[at]finance-magazin.de