Automobilindustrie und Nachhaltigkeit – so mancher denkt dabei an Biodiesel, E-Car oder Abgasreduktion. Für den Autozulieferer Takata, der Lenkräder, Airbags, Sitzgurte, Kindersitze und Elektronikteile produziert, fängt Nachhaltigkeit schon bei der Herstellung von Zubehör an. Vor rund zwei Jahren hat das japanische Unternehmen viel Geld in die Hand genommen und mittels Green Controlling in modernere Herstellungsprozesse investiert. „Wir haben Green Controlling bei anderen Unternehmen gesehen und wollten es selbst ausprobieren“, erklärt Jörg Henry Dinkat, Director Global Controlling Steering Wheel & Director Zentralcontrolling EMEA bei Takata.
Green Controlling: Das Stichwort bezeichnet die Steuerung nach ökologischen, nichtfinanziellen Kennzahlen, wie CO2-Emissionen, Recyclingquoten oder Wasserverbrauch. Takata hat sich auf die Reduktion des Energieverbrauchs und der Schadstoffmenge konzentriert. Aufgrund eines besseren Energiekostentracking hat das Unternehmen zum Beispiel die Produktionsabläufe in der Gießerei optimiert, wie Dinkat erklärt: „Wenn der Magnesiumofen unnötig heruntergefahren wird, frisst das viel Energie. Durch ein detailliertes Excel-Tool haben wir jetzt die Wartung und das Herunterfahren von Öfen besser aufeinander abstimmen können“.
Insgesamt hat Takata durch diese und andere Projekte alleine zwischen April und Juli 2014 die Energiekosten um 19 Prozent gesenkt. „Das hat selbst uns überrascht“ bekennt Dinkat. Das haben auch der Internationale Controllerverein und die Péter-Horváth-Stiftung honoriert: Sie haben Takata kürzlich den Green Controlling Preis verliehen.
Green Controlling ist immer noch eine Ausnahme
Doch noch betreiben nur ganz wenige Unternehmen Green Controlling, hat Bernhard Colsman, selbstständiger Nachhaltigkeitsmanagementberater, beobachtet. Dinge wie Umweltschutz und Biodiversität ließen sich laut Colsman eben kaum in Euro ausdrücken und „passen damit häufig nicht in zahlengetriebene Controlling-Denke“.
Dabei gäbe es einige Branchen, in denen sich ein Green Controlling lohnen könnte. So wie in der Chemiebranche, eine der energieintensivsten Branchen überhaupt. Das Chemieunternehmen Wacker steuert daher schon seit vielen Jahren nach ökologischen KPIs, darunter Wasserverbrauch, Abfallmenge, Stromverbrauch sowie CO2-Emissionen. So hat Wacker seine Verbundproduktion optimiert, bei der anfallende Nebenprodukte als Ausgangsmaterial für andere Produkte verwendet und dadurch Rohstoffe eingespart werden. Auch der Energieverbrauch kann gesenkt werden, indem man Abwärme aus Produktionsprozessen für andere chemische Prozesse nutzt.
Dank Green Controlling konnte Wacker besser nachverfolgen, welcher Rohstoffeinsatz zu welchen Schadstoffen führt oder wie viel Kosten durch eine geringere Abfallquote gesenkt werden können. „Wir konnten genau sehen, an welchen Stellschrauben es sich zu drehen lohnt, um unsere ökologischen KPIs zu verbessern“, erklärt Jutta Matreux, Leiterin der Abteilung Corporate Services und Nachhaltigkeit bei Wacker. Allein durch die Vorschläge von Mitarbeitern, darunter auch zu ökologischen Themen, hat das Chemieunternehmen mehr als 7 Millionen Euro eingespart.
Takata: Green MbOs sind gewaltiger Hebel
Takata ist noch einen Schritt weiter gegangen: Neben „Green KPIs“ hat das Unternehmen auch noch „Green MbOs“ eingeführt, also Zielvereinbarungen für die variable Vergütung der Manager. Darunter werden Ziele definiert, die beispielsweise Umweltschäden mindern oder Rohstoffverbrauch senken sollen. „Wir haben unsere Umweltziele in den persönlichen Zielen unserer Führungskräfte implementiert“, erklärt Jörg Henry Dinkat von Takata. „Dabei haben wir beobachtet, dass die MbOs ein gewaltiger Hebel sind, um unsere Ziele zu erreichen.“
Was genau das Green Controlling im Gegenzug aber an Kosten verursacht, wollen weder Takata noch Wacker sagen. Grundsätzlich ist diese Frage auch nicht so einfach zu beantworten, meint Berater Colsman. Denn während man einerseits Kosten spare und den Ressourcenverbrauch senke, stünden zuerst Aufwendungen ins Haus, wenn zum Beispiel Produktionsabläufe umgestellt, Mitarbeiter geschult, neue Filter eingebaut oder Lampen ausgetauscht werden müssten. „Wer schon am Ende des ersten Jahres erwartet, dass ein Green Controlling sich lohnt, der wird wahrscheinlich enttäuscht“, warnt Colsman. Doch auf lange Sicht lohne sich ein Nachhaltigkeitsmanagement auch wirtschaftlich.
Auch Takata zeigt sich davon überzeugt: „Gerade in der Automobilbranche, wo zunehmend auch von den Kunden ein ‚grünes‘ Auto erwartet wird, werden sich früher oder später solche Unternehmen durchsetzen, die so schadstofffrei wie möglich produzieren. Und da wollen wir vorne mit dabei sein.“
Info
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