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Integrated Reporting: Unternehmen zögern

Integrated Reporting ist zwar nicht verpflichtend, kann aber viele Vorteile bringen - doch viele Unternehmen trauen sich nicht ran.
Thinkstock / Getty Images

„Integrated Reporting wird der neue Standard für die Unternehmensberichterstattung“ – diese Vision hatte das International Integrated Reporting Council (IIRC) Ende 2013 bei der Verabschiedung des Rahmenkonzepts für eine integrierte Unternehmensberichterstattung (siehe Infobox). Ein halbes Jahr später gibt es immer noch eine Vielzahl an offenen Fragen bei der praktischen Umsetzung, wie Professor Peter Kajüter, der an der Universität Münster internationales Rechnungswesen lehrt, bei der Verleihung des Controller-Ehrenpreises auf dem Kongress der Bilanzbuchhalter und Controller Reweco in Bad Soden am Taunus bemerkte.

Verpflichtend ist das integrierte Reporting zwar nicht, doch der neue Standard kann für die Unternehmen nützlich sein – trotz des Mehraufwands, den die Umstellung verursacht. Schließlich sollen in einem integrierten Bericht genau die Aspekte berücksichtigt werden, die im klassischen Geschäftsbericht zu kurz kommen. Neben den üblichen Daten zur Finanzlage, müssen auch nicht-finanzielle Leistungsindikatoren Teil des integrierten Berichts sein, wie zum Beispiel Umwelt-, Sozial- oder Governance-Aspekte. Zwar sind diese Aspekte in Deutschland bereits durch den Lage- und Nachhaltigkeitsbericht bekannt. Aber: „Ein integrierter Bericht ist weit mehr als ein bloßes Nebeneinander all dieser Informationen“, sagt Kajüter, „es geht vor allem um die Verknüpfung der Inhalte, die einen zusätzlichen Informationsgewinn liefert“.

Von Integrated Reporting profitieren Investoren und Unternehmen

Der klassische Geschäftsbericht war bei Investoren und in der Öffentlichkeit mit der Finanzkrise verstärkt in die Kritik geraten: Dieser liefert zwar massenhaft Informationen und Daten, setzt aber die einzelnen Einflüsse nicht miteinander in Verbindung, sodass der Geschäftsbericht kaum Aussagekraft für die Zukunft entfaltet. Genau das soll beim integrierten Reporting anders sein: „Der Hauptzweck eines integrierten Berichts liegt darin, Finanzkapitalgebern zu erläutern, wie ein Unternehmen Werte über die Zeit hinweg schafft. Ein integrierter Bericht ist für alle Parteien nützlich, die sich dafür interessieren, welche Möglichkeiten der Wertschöpfung über die Zeit hinweg ein Unternehmen hat“, heißt es im Rahmenkonzept.

Davon wiederum können auch Unternehmen profitieren: Durch eine gesteigerte Transparenz und Aussagekraft wird das Unternehmen auch für Geldgeber attraktiver. Trotz der möglichen Vorteile – Mit der Umsetzung tun sich die meisten Unternehmen noch schwer. Denn der IIRC, hat in seinen Richtlinien zwar festgelegt, nach welchen Prinzipien sich das Reporting richten soll, detaillierte Inhaltsvorgaben gibt es aber nicht.

Deutsche Unternehmen können das Integrated Reporting daher auf unterschiedliche Weise umsetzen. Prinzipiell eignet sich das Konzept für alle Unternehmen, die ihren Investoren mehr Transparenz zeigen wollen. Dabei ist die unterschiedliche Ausgangslage deutlich: Mittelständische Unternehmen, die bislang keine weiteren Berichte erstellen, könnten ihren Lagebericht entsprechend weiterentwickeln. Große Konzerne, die aufgrund ihrer personellen Ressourcen Vorteile bei der Implementierung haben, könnten ihren Lagebericht mit anderen separaten Berichten wie dem Nachhaltigkeitsbericht zusammenführen. Oder sie erstellen zusätzlich zu allen rechtlich geforderten Berichten einen integrierten Bericht – so wie es SAP 2013 schon unter Berücksichtigung der neuen Richtlinien gemacht hat.

SAP versucht sich als Vorreiter

„Wir tragen damit unter anderem den Anforderungen eines veränderten Geschäftsumfelds Rechnung“, begründet der Softwareriese. „Zur Bewertung der Leistung eines Unternehmens genügt es nicht mehr, nur Finanzergebnisse auszuwerten und einen Ausblick auf das kommende Geschäftsjahr zu geben“. Das Besondere: Der Bericht steht ausschließlich online zur Verfügung, denn SAP versucht die Verknüpfung der Inhalte unter anderem durch Verlinkungen im Internet darzustellen. Der scheidende SAP-CFO Werner Brandt sieht sich darin als Vorreiter, wie überhaupt beim Reporting: Kein deutscher Konzern berichtet schneller als die Walldorfer. Ob und wann auch andere Unternehmen sich an das Integrated Reporting herantrauen, wird sich erst erweisen. Nimmt man die allgemeine Umsetzungsgeschwindigkeit  internationaler Reportingstandards in Deutschland zum Maßstab, wohl eher länger als kürzer.

julia.becker[at]finance-magazin.de

Info

2010 wurde das International Reporting Council (IIRC) mit dem Ziel gegründet, ein international anerkanntes Rahmenkonzept für eine integrierte Unternehmensberichterstattung zu entwickeln. Der IIRC besteht aus Vertretern aus dem öffentlichen Bereich und aus Unternehmen, Prüfungsgesellschaften, Börsen, Aufsichtsorganen, Nichtregierungs- und zwischenstaatlichen Organisationen sowie aus dem Bereich der Standardsetzung. 2010 wurde ein Pilotprojekt mit mehr als 100 Unternehmen weltweit gestartet, um das Konzept zu erproben. Ende 2013 veröffentlichte der IIRC das finale Rahmenkonzept als rechtlich unverbindliche Leitlinie.