Von Vorstößen aus Brüssel erwarten sich Unternehmen gemeinhin nichts Gutes. Der kommende Montag könnte eine positive Ausnahme sein: Am 20. Januar soll der Europäische Rat die Lockerung der Iran-Sanktionen beschließen. Diese Initiative geht auf eine Einigung der Genfer Atomkonferenz von Ende November zurück. Damals hatten die UN-Vetoländer und Deutschland im Gegenzug für konkrete Zusagen Irans bezüglich seines Atomprogramms angekündigt, einzelne Sanktionen vorerst für sechs Monate auszusetzen. In der kommenden Woche sollen nun die Details bekannt werden: Wann treten die Lockerungen in Kraft? Welche Bereiche sind betroffen?
Die deutsche Wirtschaft erhofft sich einiges vom 20. Januar. Noch 2010 betrug das deutsche Handelsvolumen mit dem Iran laut der Deutsch-Iranischen Handelskammer 4,7 Milliarden Euro – 3,8 Milliarden Euro davon waren Exporte aus Deutschland. 2012 ist das Handelsvolumen wegen der Sanktionen auf nur noch 2,8 Milliarden Euro eingebrochen (Exporte 2,5 Milliarden Euro). Besonders für die Stahlhändler, die Automobil- und Maschinenbauer sowie die Chemiebranche ist der Iran ein interessanter Markt: „Der Iran ist potentiell der größte Absatzmarkt in der Region – größer noch als Saudi-Arabien“, sagt Michael Tockuss, Geschäftsführer der Handelskammer.
Zahlungsverkehr mit dem Iran: Nur über Umwege
Auch der Stahlhändler Primex Steel Trading schaut deshalb mit Spannung auf die neue EU-Durchführungsverordnung. Die Düsseldorfer sind seit mehr als 40 Jahren im Iran tätig. In den vergangenen Jahren ist das Exportgeschäft aber fast zum Erliegen gekommen. Das liegt weniger daran, dass sich das Unternehmen jeden Export von Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) genehmigen lassen. „Das ist aufwendig, aber machbar“, sagt der Finanzdirektor, Michael Faller. „Das viel größere Problem sind die Sanktionen im Zahlungsverkehr.“
Denn Geld an Geschäftspartner im Iran zu überweisen oder von dort Zahlungen zu erhalten, ist für Unternehmen wie Primex Steel Trading kaum mehr möglich. Seit 2012 sind die iranischen Banken komplett vom Netzwerk des Finanznachrichtendienstleisters Swift abgetrennt, der internationale Zahlungsverkehr des Irans ist damit lahmgelegt. Europäische Banken hatten sich schon seit dem Beginn des verschärften Embargos von 2010 schrittweise aus Finanzgeschäften mit dem Iran zurückgezogen. Sie fürchten vor allem mögliche Sanktionen aus den USA – etwa vom lukrativen Dollar-Clearing abgeklemmt zu werden.
Für die deutsche Unternehmen, die in dem Land Geschäfte machen, gibt es deshalb nur eine Alternative: „Heute kann Geld nur noch über Mittelsmänner in Drittländern wie der Türkei, Weißrussland oder China fließen“, sagt Handelskammer-Chef Tockuss. „Dafür muss der iranische Importeur aber auch über Guthaben im Ausland verfügen, etwa durch eigene Exporte, Altvermögen oder Exil-Iraner.“
Kein Irangeschäft – Banken sind eingeschüchtert
Doch selbst dann ist eine normale Abwicklung nicht denkbar, denn fast alle europäischen und US-amerikanischen Banken lehnen jeglichen Iran-Bezug ihrer Finanzgeschäfte ab. Die Deutsch-Iranische Handelskammer kennt in ganz Deutschland lediglich sechs Institute, die noch solche Zahlungen abwickeln. Nennen kann Tockuss diese nicht: „Das wäre viel zu heikel.“ Die Banken müssten damit rechnen, zur Unterlassung gezwungen zu werden. Nicht einmal an Unternehmen gibt er die Daten einfach so raus. Seine Kammer erfragt zunächst nur die Eckdaten: Wie hoch ist die Summe? Um welches Produkt geht es? Liegt ein Bafa-Bescheid für die Ausfuhr vor? Diese Daten leitet sie dann an die Banken weiter, die sich dann mit dem Unternehmen in Verbindung setzen können. Transaktionen bis zu 10 Millionen Euro könnten so gut abgewickelt werden, so Tockuss: „Das kostet aber natürlich auch dementsprechend.“ 3 bis 4 Prozent der Transaktionssumme seien üblich.
Die Gutschrift der Zahlungen auf dem Konto des deutschen Exporteurs erfolgt erst, wenn die Bundesbank die Transaktion genehmigt. Das dauert in der Regel etwa drei Wochen, sagt Primex-Steel Finanzdirektor Faller. Der Stahlhändler liefert deshalb mittlerweile nur noch Ware gegen Vorkasse in den Iran: „Früher haben wir dort immer mit Garantien gearbeitet. Heute ist an Akkreditive überhaupt nicht mehr zu denken“, sagt Faller. Die Rückkehr dahin wagt er sich von den Lockerungen der Sanktionen auch gar nicht zu erhoffen. Er fordert „nur“, dass es wenigstens einen geordneten Kanal geben sollte, über den Zahlungsverkehr mit dem Iran möglich ist: „Der kann dann ja auch kontrolliert werden.“