Newsletter

Abonnements

Banken vergraulen Firmenkunden mit KYC-Chaos

Im Kampf gegen Geldwäsche vertraut der Gesetzgeber auch auf die Banken.
ArtmannWitte/iStock/Thinkstock/Getty Images

Bürokratisch, langwierig, chaotisch: Im 20. Treasurer-Panel, das die FINANCE-Schwesterpublikation DerTreasurer in Kooperation mit der Deutschen Bank durchgeführt hat, finden Finanzverantwortliche drastische Worte für die Know-Your-Customer-Prüfungen ihrer Banken. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der insgesamt 78 befragten Treasury-Chefs aus dem deutschsprachigen Raum hat bereits schlechte KYC-Erfahrungen gemacht.

Im Rahmen dieser gesetzlich vorgeschriebenen Checks müssen die Banken die Eigentümerstruktur ihrer Kunden, aber auch Zuständigkeiten und Bevollmächtigte innerhalb des Konzerns genau durchleuchten und dokumentieren. Das hat zum Teil groteske Folgen: So berichtete kürzlich ein Treasury-Chef, eine ausländische Bank habe seine private Stromrechnung sehen wollen – als Nachweis dafür, dass er wirklich existiert. 

Jede Bank legt KYC-Anforderungen anders aus

Klar ist: Weltweit nehmen die Gesetzgeber die Banken bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität und der Einhaltung von Sanktionen stärker in die Pflicht. Das zeigte sich jüngst etwa beim Maschinenbauer Sulzer, dessen US-Konten zum Teil von den Banken gesperrt wurden, nachdem der Sulzer-Großaktionär Viktor Vekselberg auf der US-amerikanischen Sanktionsliste gelandet war. Diese Prüfungen müssen die Unternehmen nicht nur akzeptieren. Sie sind selbst ebenfalls verpflichtet, gewisse Nachweise und Dokumente vorzulegen.

Es sind aber weniger die gesetzlich vorgeschriebenen KYC-Prüfungen an sich, die Treasurer in Rage versetzen, sondern vielmehr die Art, wie die Banken die Checks vornehmen. Besonders stört die Befragten, dass jedes Haus die gesetzlichen Anforderungen anders auslegt: 83 Prozent sehen in der mangelnden Standardisierung der KYC-Abfragen das größte Problem. Je mehr Bankbeziehungen ein Unternehmen hat, umso aufwendiger wird es, die nötigen Informationen und Dokumente zu recherchieren.

Darüber hinaus monieren die Befragten ein unkoordiniertes Vorgehen bei KYC-Abfragen auf Seiten der Bank: 53 Prozent geben an, dass die Bankmitarbeiter ihnen nicht mitteilen könnten, welche Informationen sie überhaupt benötigen und wofür. 48 Prozent berichten, dass Dokumente scheibchenweise eingefordert würden. 

KYC-Ärger: Treasurer sind wechselwillig

Die Schilderungen der befragten Treasurer decken sich mit den Ergebnissen einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Bain. „Die meisten Regelprozesse gegen Finanzbetrug sind viel zu kompliziert, schleppend und fehleranfällig“, stellt Bain-Partner Jan-Alexander Huber fest. Die IT sei veraltet, und es gebe keinen zentralen Datenhaushalt. Manche Häuser verzeichnen Bain zufolge bis zu 90 Prozent Fehlalarme wegen vermeintlich krimineller Vorgänge.

Immerhin jeder fünfte Befragte gibt an, wegen schlechter KYC-Erfahrungen schon einmal eine Geschäftsbeziehung mit einem Finanzinstitut beendet oder gar nicht erst aufgenommen zu haben. Fast drei Viertel verneinen dies zwar. Die Finanzinstitute sollten die zunehmende Verärgerung der Treasurer über den KYC-Prozess aber ernst nehmen. Banken, die ihre KYC-Prozesse nicht in den Griff bekommen, drohen nicht nur ins Visier der Aufsichtsbehörden zu geraten – sie riskieren auch, im Kampf um Firmenkunden ins Hintertreffen zu geraten.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de

Info

Wie lange dauern die KYC-Checks für gewöhnlich und wie wichtig ist Treasurern das Thema KYC bei der Bankauswahl? Alle Ergebnisse des Treasurer-Panels können Sie hier herunterladen. 

Themen