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Mittelstandsstudie: Compliance oft nur Lippenbekenntnis

Viele Mittelständler scheuen das Thema Compliance aus Kostengründen – und nehmen sehenden Auges unkalkulierbare Risiken auf sich.
Thinkstock / Getty Images

Große Compliance-Fälle häufen sich in den vergangenen Monaten, mit Ferdinand Piëch ist gerade einmal mehr eine prominente Person Ziel einer Klage geworden. Auch wenn es in dem Fall um die fulminante und missratene Übernahmeschlacht der Riesenunternehmen Porsche und VW geht, ist mittlerweile klar, dass „Compliance“ schon lange nicht mehr nur eine Sache der großen Konzerne ist. Das zeigt einmal mehr die aktuelle Studie „Compliance Management. Die unternehmerische Herausforderung“ von Agamon Consulting, an der sich über 150 Mittelständler beteiligt haben: Ausnahmslos alle Befragten geben dort an, dass Compliance für ihr Unternehmen „wichtig“ oder sogar „sehr wichtig“ ist.

Unkalkulierbare Folgekosten

Zugleich verdeutlicht die Erhebung aber auch, dass diese Aussage oftmals ein reines Lippenbekenntnis bleibt. Denn rund ein Viertel der Befragten hat trotz aller abschreckenden Beispiele bislang noch keinerlei Schritte unternommen, eine Compliance-Organisation aufzubauen – ein eklatanter Widerspruch, der im schlimmsten Fall enorme Kosten produzieren kann.
 
Aber gerade der finanzielle Aspekt ist es, der Mittelständler am häufigsten davon abhält, Compliance-Aktivitäten zu starten – und der zugleich zeigt, wie wenig durchdacht die Haltung oftmals noch ist: Die Hälfte der Unternehmen, die bisher auf den Aufbau einer Compliance-Organisation verzichtet haben, scheuen die möglicherweise hohen Kosten dafür – und verdrängen dabei offenkundig die Folgekosten, mit denen sie im Falle eines aufgedeckten Verstoßes leben müssten.

Bloß kein öffentliches Compliance-Thema

Selbst unter den Firmen, die eine Compliance-Organisation eingerichtet haben, sehen die Autoren immer noch eine große Scheu, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Zu groß sei die Sorge, man könne den Eindruck erwecken, dass das Unternehmen „es nötig“ habe, schreiben die Autoren. Davon, Compliance auch als wertschaffende Institution nach innen und als Marketinginstrument nach außen zu verstehen, sind viele Mittelständler noch weit entfernt.

Auf die Dauer wird ihnen wohl aber keine andere Wahl bleiben, als das Thema konsequent anzupacken: Große Konzerne fordern zunehmend auch von ihren Geschäftspartnern Compliance-Erklärungen und zwingen damit auch kleinere Unternehmen, bestimmte Sicherungsmaßnahmen einzuführen. Wenig überraschend ist es da der zentrale Befund der Autoren: Bei realistischer Betrachtung müsse man erkennen, dass Compliance nicht Gegenstand freiwilligen Handelns ist, sondern das Ergebnis eines immer stärker werdenden Drucks. Gegen diese These können Unternehmen nur mit einem echten Kulturwandel arbeiten – der besonders in kleineren Firmen nach aktuellem Stand aber möglicherweise noch Jahre brauchen wird.

sarah.nitsche[at]finance-magazin.de

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