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Zuliefererinsolvenz: Wie CFOs durch Risikomanagement vorbeugen können

Wenn ein wichtiger Lieferant Insolvenz anmeldet, kann das auch für das Unternehmen existenzbedrohend werden. Vorausschauendes Risikomanagement ist daher essentiell.
Thinkstock / Getty Images

Der Ausfall wichtiger Lieferanten ist zu einem permanenten Risiko geworden. Allein in Deutschland gibt es jedes Jahr rund 30.000 Firmeninsolvenzen. Aus Unternehmenssicht ist deshalb ein Perspektivenwechsel notwendig: Sie müssen kontinuierlich lernende und adaptive Risikomanagementprozesse installieren, die zentral gesteuert werden und schnellere und effektivere Reaktionen ermöglichen.

Doch soweit sind die meisten Unternehmen noch längst nicht: Obwohl das Thema Risikomanagement in vielen Unternehmen präsent ist, bleibt es in großen Teilen eine interne Disziplin. Die Methoden, Instrumente sowie die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen  sind auf das einzelne Unternehmen ausgerichtet. Entsprechende Fachkenntnisse sind überwiegend in den einzelnen Abteilungen und Stäben vorhanden.

Die Einführung eines Risikomanagementsystems, das die gesamte Supply Chain integriert und abteilungsübergreifend arbeitet, ist daher eine wichtige Aufgabe des CFOs. Dabei muss er in den meisten Fällen drei zentrale Herausforderungen bewältigen: Zum einen fehlen häufig die  organisatorischen und prozessualen Voraussetzungen, um ein unternehmensübergreifendes System zu etablieren. Zweitens bestehen massive Transparenzmängel sowie Unsicherheiten in Bezug auf das anwendbare Recht, Auswirkungen der Vertragssprache oder die Durchsetzung von Informations- oder Anzeigepflichten – gerade bei ausländischen Lieferanten. Drittens sind interne Kompetenzen mangelhaft integriert. Das Wissen des Finanzressorts über Risikomanagementinstrumente und -prozesse muss auch für den Einkauf und das Supply Chain Management verfügbar sein. Sind diese Herausforderungen überwunden, hat der CFO gute Voraussetzungen für ein funktionierendes Risikomanagementsystem geschaffen, um auf diese Weise drohende Zuliefererinsolvenzen frühzeitig zu erkennen.

Was ist im Ernstfall zu tun?

Doch auch dann, lässt sich diese aufgrund der üblicherweise divergierenden Interessen von Gesellschaftern, Geschäftsführung, finanzierenden Kreditinstituten, Kunden und eigenen Lieferanten des Zulieferers im Ergebnis nicht immer verhindern.

Unternehmen müssen deshalb – über die reine Krisenfrüherkennung hinaus – rechtssichere Prozesse und Strukturen etablieren. Diese greifen im Ernstfall unmittelbar und stellen sicher, dass die eigenen Interessen in der Zuliefererinsolvenz zumindest so lange gewahrt sind, bis es alternative Lieferanten gefunden hat.  Dafür ist es wichtig, dass Unternehmen ihre im Insolvenzrecht festgelegten Rechte als Gläubiger so effektiv wahrnehmen, dass sie schon im Vorverfahren aktiv mitwirken können.  In Deutschland haben Unternehmen dank des umfassend reformierten nationalen Insolvenzrechts ESUG beispielsweise die Möglichkeit, sich im sogenannten vorläufigen Gläubigerausschuss zu beteiligen. Dort können sie Einfluss auf die Wahl des vorläufigen Insolvenzverwalters nehmen und den Verlauf des Insolvenzverfahrens konkret mitgestalten.

Das ist wichtig, schließlich nutzen Insolvenzverwalter regelmäßig die Abhängigkeiten in modernen Lieferbeziehungen  aus, um erhebliche Preiserhöhungen durchzusetzen. Daher gilt: Gläubigerrechte nutzen und Vorsorge treffen, um kurzfristig neue Lieferquellen zu erschließen oder bei anderen Zulieferern größere Liefermengen abzurufen.

redaktion[at]finance-magazin.de

Jan Gerrit Kehbel ist Partner bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sven Marlinghaus ist Partner und Head of Supply Chain Management & Procurement Germany, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.