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CFOs suchen Zuflucht bei Schattenbanken

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Schattenbanken finanzieren die Industrie. Die Bankenkrise spielt den unregulierten Spezialfonds in die Karten.
Sascha Duis

Es war fünf vor zwölf für Jaime Bareno. Die Banken drängten den Valderrivas-CFO, eine Kreditlinie von 1,5 Milliarden Euro deutlich zurückzuführen. Kurz vor Toresschluss ist es den Spaniern nun gelungen, von dem mit Blackstone verbundenen Hedgefonds GSO Capital Partners einen Kredit über 345 Millionen Euro zu erhalten, mit dem Bareno die Kreditlinie auf 1,1 Milliarden Euro reduzieren konnte. Parallel dazu hatte das Management einen Verkauf des US-Geschäfts geprüft, was Marktbeobachtern zufolge zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt gekommen wäre – der US-Bausektor stabilisiert sich zwar gerade wieder, die Preise für Bauzulieferer sind aber noch immer im Keller.

Milliarden auf der hohen Kante

GSO brüstet sich damit, über mehr als 5 Milliarden US-Dollar zu verfügen, die für Kreditengagements bei Unternehmen in Finanzierungsnöten zur Verfügung stehen. Auch andere Finanzinvestoren wie KKR, Apollo, Oaktree und Ares Capital verfügen über milliardenschwere Debt-Fonds.

Hinzu kommen opportunistisch agierende Hedgefonds wie zum Beispiel Anchorage, die ebenfalls Milliardensummen vorhalten. Anchorage steht kurz davor, der Baumarktkette Praktiker einen Rettungskredit über 85 Millionen Euro zu gewähren, mit 15 Prozent verzinst und besichert mit dem wertvollsten Asset der Firmengruppe, den Baumärkten der Tochterfirma Max Bahr. Allerdings gestalten sich die Verhandlungen mit den angeschlagenen Baumarktkette schwierig: Anchorage verlangt jetzt ein weiteres Entgegenkommen.

Auch GSO hat Valderrivas schmerzhafte Zugeständnisse abgerungen: Dem Vernehmen nach sollen die Amerikaner für den sechs Jahre laufenden Kredit 10 Prozent Zinsen zuzüglich eines Anteils am Cashflow des US-Geschäfts erhalten. Als Sicherheit hat GSO Zugriff auf das US-Geschäft des Zementherstellers.

Goldenes Zeitalter für Schattenbanken

Die Verhandlungsmacht der Spezialfonds aus dem Schattenbankenbereich wird massiv dadurch gestärkt, dass viele Banken ihr Kreditgeschäft zurückbauen oder ihren Firmenkunden keine günstigen Konditionen mehr anbieten können. Vor allem in Südeuropa leiden die Banken unter den immer weiter steigen Kapitalmarktzinsen ihrer Heimatländer, die sich unmittelbar auch auf ihre eigene Refinanzierung auswirken. Dadurch steigen die Zinskosten für ihre Firmenkunden, was viele CFOs die teure Zusammenarbeit mit Schattenbanken nicht mehr ganz so unattraktiv erscheinen lässt wie vor einigen Jahren.

Experten gehen davon aus, dass künftig noch mehr Gelder von Staats- und Pensionsfonds – insbesondere aus den Schwellenländern – in die Schatulle der Spezialfinanzierer fließen werden: „Finanzkonzerne, die keine Banken sind, stehen am Beginn eines goldenen Zeitalters“, glaubt Wes Edens, Gründer des Finanzinvestors Fortress. Im Gegenzug ist damit zu rechnen, dass die Regulierer Banken für ihre Investitionen in Spezialvehikel und Hedgefonds bald höhere Eigenkapitalunterlegungen vorschreiben werden, was den Aufstieg der Schattenbanken nicht stoppen, aber bremsen dürfte.

Kein Drang zu Zusatzgeschäft

Im Augenblick sind Finanzierungen wie bei Praktiker und Valderrivas vor allem für Finanzvorstände interessant, die mit dem Rücken zur Wand stehen. Selbst der hoch verschuldete Autozulieferer Schaeffler hat sich in diesem Jahr Kapital aus dem Londoner Schattenreich gesichert, um sich unabhängiger von Banken zu machen.

Als Finanzierungspartner kommen für die Fonds nur Unternehmen in Frage, die über wertvolle Assets verfügen, die noch nicht als Sicherheit für andere Finanzierungen hinterlegt sind. Zudem konzentrieren sich die Schattenbanken auf Kreditengagements, die groß genug sind, um sie über Kreditverkäufe an den Kapitalmarkt weitergeben zu könnten. „Man muss bei den Fonds sehr stark unterscheiden“, sagt Finanzierungsspezialist Thomas Warnholtz. „Es gibt durchaus einige, die relativ normales Kreditgeschäft mit deutschen Unternehmen machen wollen.“  Er schätzt die Anzahl der Fonds auf rund 30, allein in London.

Das Risiko, dass sich Schattenbanken von ihren Krediten trennen, ist höher als bei regulierten Banken, und die Vertragsdokumentation orientiert sich in der Regel an angelsächsischen Standards und Gerichtssitzen, um die Fungibilität der Kredite zu erhöhen. Üblich ist auch, dass Hedge- und Private-Debt-Fonds Equity Kicker einfordern, um an einer guten Entwicklung des finanzierten Unternehmens partizipieren zu können.

Das alles sind für CFOs schwer hinnehmbare Forderungen. Aber neben den tiefen Taschen und der schnellen Handlungsfähigkeit haben Finanzierungspartnerschaften mit Schattenbanken einen großen Vorteil für Finanzvorstände: Im Gegensatz zu normalen Banken erwarten sie kein Zusatzgeschäft wie M&A-Beratung, Cash-Management oder Kapitalmarkttransaktionen.