Deutschlands börsennotierte Unternehmen nehmen wieder mehr Schulden auf. Lag das Verhältnis von Schulden zu Eigenkapital im März 2011 noch bei 70 Prozent, sind es jetzt schon 84 Prozent. Das ergibt eine Analyse der Finanzierungsberatung Barkow Consulting auf Grundlage von Zahlen der Deutschen Bundesbank.
Damit schlägt das Pendel der Bilanzstrategien wieder in eine neue Richtung aus: Bis zur Finanzkrise waren die Risikofreude und die Verschuldungsgrade der deutschen Konzerne immer weiter gestiegen. Dann froren die Märkte ein, die Gewinne gingen zurück, und die Unternehmen räumten der Entschuldung höchste Priorität ein.
Deutschlands Konzerne hebeln Kapitalrendite
Jetzt ist offenbar wieder der Optimismus eingekehrt bei deutschen Unternehmen, jedenfalls nehmen sie wieder stärker Fremdkapital auf. Solange die Volkswirtschaft weiter anzieht, tun die Unternehmen ihren Investoren damit einen Gefallen, weil sie die Rendite auf das eingesetzte Kapital steigern. „Der Markt belohnt Verschuldung“, schreibt Jonathan Glionna, Chef des US-Aktien-Teams der Barclays-Bank, in einem Bericht zum Aktienmarkt in Nordamerika.
Auf der anderen Seite erhöht ein steigender Grad an Fremdkapital das Risiko eines Unternehmens für den Fall, dass Deutschland doch wieder in eine Krise gerät, warnt Peter Barkow, Inhaber der Beratung Barkow Consulting, welche die Zahlen erhoben hat. In dem Fall würden bei dem Unternehmen die Kosten für Eigen- und Fremdkapital gleichermaßen explodieren, so Barkow.
Verschuldung deutscher Unternehmen nimmt wieder zu
Erfasst wurden alle börsennotierten Unternehmen. (in %)
Quellen: Deutsche Bundesbank, Barkow Consulting
In den USA steigt der Verschuldungsgrad nicht
„Es ist die Verlockung des billigen Geldes, die Unternehmen dazu treibt, ihren Verschuldungsgrad wieder zu steigern“, glaubt Barkow. Die Politik der Europäischen Zentralbank, Staatsanleihen im Wert von mehr als 1 Billion Euro zu kaufen, hat die Zinsen in Europa auf Rekord-Tiefstände gedrückt. CFOs nutzen dies seit einigen Monaten offenbar auch immer stärker, um ihre bestehenden Verbindlichkeiten noch rechtzeitig zu verlängern, bevor das Zinsumfeld wieder dreht.
Interessant ist der Vergleich zu den USA: Dort haben die Unternehmen des S&P 500 ihren Verschuldungsgrad seit der Krise nicht nennenswert gesteigert, wie Daten von Barclays zeigen. Zunächst sei die Entschuldung eine Reaktion auf die Finanzkrise gewesen, schreibt Analyst Glionna. Jetzt handele es sich um einen „anhaltenden Trend“.