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Hkw-Isolvenz: Prospekthaftung denkbar

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Schlechte Nachrichten für die Gläubiger der Mittelstandsanleihe des insolventen Personalvermittlers Hkw Personalkonzepte.
Thinkstock / Getty Images

Die schlimmsten Befürchtungen von Kritikern der Mittelstandsanleihen könnten sich im Fall der insolventen Hkw Personalkonzepte bestätigen: Wie der Konzern gestern Abend per Ad hoc-Mitteilung bekannt gab, sind bislang nicht bilanzierte Schulden aufgetaucht, die den Gläubigerrang für die Zeichner der Mittelstandsanleihe verschlechtern.

Im Rahmen der vorläufigen Insolvenzverwaltung sei bekannt geworden, dass die Hkw Personalkonzepte GmbH im Jahr 2011 als Gesamtschuldnerin zusammen mit weiteren Kreditnehmern ein Darlehen bei einer niederländischen Bank über 5,85 Millionen Euro aufgenommen hat. Vertreten wurde die Gesellschaft dabei durch den alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer Gerrit Brunsveld. Das Darlehen, das mit 2,6 Millionen Euro valutiert, ist besichert durch einen Abtretungsvertrag über alle Forderungen der Hkw GmbH aus „Warenlieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben A bis Z“.

Brunsveld soll Erlöse der Hkw-Mittelstandsanleihe an verbundene Unternehmen ausgereicht haben

Noch schlimmer ist für Anleihegläubiger freilich, dass sich, wie Insolvenzverwalter Bierbach schreibt, die Anleihegelder nicht mehr im Unternehmen befinden. Brunsveld habe die durch die 10 Millionen Euro-Emission eingeworbenen Gelder „vollständig in Form mehrerer ungesicherter Darlehen an mit ihm verbundene bzw. von ihm beherrschte Unternehmen ausgereicht.“ FINANCE hatte bereits Ende vergangener Woche von den Entwicklungen erfahren, eine offizielle Bestätigung kam aber erst gestern. Nach Insiderinformationen von FINANCE soll deswegen eine Strafanzeige in Vorbereitung sein.

Die Mittelstandsanleihe war auf Ebene der operativ tätigen Hkw Personalkonzepte GmbH begeben worden. Auch die Hkw Holding, die 100 Prozent der Anteile an der Hkw Personalkonzepte GmbH hält, sieht sich einer „nicht mehr werthaltigen“ Rückzahlungsforderung von rund 5,8 Millionen Euro gegenüber. Das Insolvenzverfahren soll am 1. Februar beginnen, der Geschäftsbetrieb „kurzfristig bestmöglich“ verkauft werden.

Im Schatten der möglicherweise juristisch relevanten Vorgänge empfahl gestern der Nachrichtendienst Aktienexplorer das Papier aus dem „grundsoliden Mittelstand“ zum Kauf und sah ein Kurspotenzial von 250 Prozent für die auf 9 Prozent gefallene Mittelstandsanleihe. „Wir halten Kurse von 50 Prozent bis 60 Prozent für absolut gerechtfertigt“, hieß es im dem Beitrag. Instititutionelle Anleger seien sich sicher. Diese Aussagen stehen im krassen Widerspruch zur Meldung des Insolvenzverwalters.

Anlegerschutzanwalt Marc Liebscher von der Berliner Kanzlei Dr. Späth sieht zwei Angriffspunkte für mögliche Prospekthaftungsansprüche gegen die Verantwortlichen der Hkw Personalkonzepte: So ist die 2011 aufgenommene Verbindlichkeit im Wertpapierprospekt nicht erwähnt. Auch die Mittelverwendung ist anders beschrieben als offenbar de facto geschehen. Das Geld sollte, sofern es nicht für eine Akquisition verwendet wird, als Bankguthaben oder in anderen liquiden Anlagen gehalten werden.

Bonität bis zuletzt „stark befriedigend“

Die Mittelstandsanleihe war Mitte November 2011 am Düsseldorfer Mittelstandsmarkt in den Handel gegangen, an dem nur Anleihen mit einem Investmentgraderating zugelassen wurden. Hkw hatte von Creditreform zunächst ein BBB erhalten, Mitte 2013 senkte Creditreform die Note um ein Notch auf BBB-. Die Ratingagentur mahnte zwar zu einer stärkeren Transparenz, bescheinigte aber eine „stark befriedigende Bonität“. Durch die Kosten für die Anleiheemission – mit fast 7 Prozent des Volumens sehr hoch – war das Ergebnis sogar ins Minus gerutscht. Noch zum Halbjahresbericht 2013 schrieb die Gesellschaft „Finanzierungsrisiken sind derzeit nicht erkennbar.“ Mitte Dezember des gleichen Jahres meldete der Konzern Insolvenz an.

marc-christian.ollrog[at]finance-magazin.de

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