Große Infrastrukturfonds könnten sich kaum ein besseres Umfeld vorstellen als das aktuelle: Ein steigender Spar- und Effizienzdruck bei Unternehmen und der öffentlichen Hand trifft auf historisch niedrige Zinsen. Das bringt Staaten und Unternehmen dazu, ihre Bilanzen zu kürzen und sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren, während die niedrigen Finanzierungskosten den Investoren dabei helfen, attraktive Kaufpreise auf den Tisch zu legen.
Es sind nicht nur staatliche Krankenhäuser, Straßen, Brücken und Versorgungsnetze, die auf den Markt kommen. Die vergangenen Monate brachten gleich eine ganze Reihe großer Corporate-Deals, die den Weg für 2013 vorzeichnen könnten. So gelang es Eon, seine in der Tochterfirma Energy From Waste gebündelten Müllheizkraftwerke zu 51 Prozent an den Infrastrukturfonds des schwedischen Finanzinvestors EQT zu verkaufen, die Telekom verpachtete ihre Mobilfunkmasten in den USA für 28 Jahre an den US-Infrastrukturbetreiber Crown Castle. Beide Konzerne stellten ihre Assets zum Verkauf, um an zusätzliche Mittel für Investitionen in Wachstumsmärkten zu kommen.
Eon realisierte durch den Deal einen Enterprise Value von 885 Millionen Euro und einen Cashzufluss von 1,1 Milliarden Euro, die Telekom kassierte sogar 2,4 Milliarden Dollar. Der Baukonzern Bilfinger hat vor einem Jahr sogar gleich 18 infrastrukturähnliche Assets mit stabilen Cashflows an ein Spezialvehikel übertragen und in London an die Börse gebracht. Das Resultat: Ein Kapitalzufluss von 190 Millionen Euro und mehr als 1,5 Milliarden Euro Bilanzentlastung. Den neu gewonnenen Spielraum braucht Bilfinger, um in neue Projekte und Zukäufe zu investieren.
Allianz will Milliarden in Infrastruktur investieren
Finanzchefs stehen als Dealpartner eine stetig wachsende Auswahl an Finanzinvestoren zur Auswahl. So sind in London in den vergangenen zwei Jahren gleich mehrere börsennotierter Spezialfirmen entstanden, die mit Investorengeldern Infrastruktur-Assets aufkaufen.
Verkäufer haben im Moment aber keine überragende Verhandlungsposition. Zwar bekommen die Investoren von den Banken gute Finanzierungsangebote mit hohen Leverage-Ratios angeboten, was ihre Finanzkraft stärkt. Aber es gibt reichlich M&A-Deals am Markt, und die Anzahl der Investoren ist immer noch überschaubar: „Noch fließen trotz der guten Rahmenbedingungen nur moderate Geldsummen in die Anlageklasse Infrastruktur“, sagt Markus Pimpl, Infrastrukturexperte der Schweizer Partners Group, einem globalen Manager von Privatmarktanlagen. „Wir erwarten aber, dass die Kapitalzuflüsse in den nächsten Jahren anziehen werden, wenn die großen Investoren an den grundsätzlich guten Renditen und stabilen Ausschüttungen von Infrastruktur-Investments Gefallen gefunden haben.“
Insbesondere Versicherungen haben angekündigt, dass sie angesichts niedrig verzinster Anleihen den Infrastrukuranteil in ihren Portfolios erhöhen möchten. Eine Führungsrolle hat die Allianz übernommen. Bislang hat sie gut 1 Milliarde Euro direkt in Infrastrukturprojekte investiert, vorwiegend im Bereich Energieerzeugung und -transport. Künftig will der Versicherungsriese deutlich mehr Beteiligungen eingehen und außerdem auch anderen Investoren Fremdkapital bereitstellen. Gerade baut die Allianz ein Team für die Vergabe von Infrastrukturkrediten auf. „In den nächsten Jahren sind Geldzuflüsse in diese Anlageklasse zu erwarten, das Gewicht in den großen Portfolios sollte tendenziell zunehmen“, hofft Pimpl.
Tennet verhebt sich mit Eons Stromnetz
Doch der Verkauf cashflowstarker Assets , die keinem oder nur geringem direkten Wettbewerb ausgesetzt sind, an Infrastrukturinvestoren kann auch nach hinten losgehen. Das bekannteste Beispiel ist der niederländische Netzbetreiber Tennet, der sich mit der Übernahme des Stromnetzes von Eon schwer verhoben hat. Die Holländer haben die Investitionsverpflichtungen, die sie damit eingingen, maßlos unterschätzt und sind jetzt nicht in der Lage, ihren vertraglichen Verpflichtungen zur Anbindung der Offshore-Windparks an das Stromnetz nachzukommen. Tennet ist viel zu kapitalschwach und zu hoch verschuldet, gleichzeitig gibt es keinen Wettbewerber, der an Tennets Stelle die Aufgaben übernehmen könnte.
Dieses Desaster fällt auch auf den Ex-Eigentümer Eon zurück. Immerhin hat sich Eon nicht an Tennet rückbeteiligt. Stärker im ökonomischen Risiko ist Eon bei dem aktuellen Verkauf von Energy from Waste, wo der Energiekonzern immer noch 49 Prozent der Anteile hält – wenn auch nicht ganz freiwillig. Ein vorangegangener vollständiger Verkaufsversuch der Tochter war gescheitert.
Auch der größte Infrastrukturdeal Großbritanniens – die Übernahme des Flughafenbetreibers BAA durch Ferrovial im Volumen von 10 Milliarden Pfund – ging schief. Die Spanier setzten einen viel zu großen Kredithebel an, seitdem müssen sie einen Flughafen nach dem anderen aus dem Großportfolio verkaufen, um die Verschuldung in den Griff zu bekommen. Die Eröffnung des neuen Terminals am Londoner Flughafen wurde verpatzt, monatelang regierte in Heathrow das Chaos.
Dies alles sind warnende Beispiele. CFOs sind gut beraten, die künftige Leistungsfähigkeit des neuen Eigentümers ihrer Assets genau im Auge zu behalten, wenn sie den Infrastrukturmarkt für die Kapitalaufnahme anzapfen – vor allem dann, wenn sie rückbeteiligt bleiben. Aber selbst wenn nicht, können negative Effekte am Verkäufer hängen bleiben. Der Schwarze Peter bei der Anbindung der Offshore-Windparks liegt nicht nur bei Tennet, sondern auch bei dem Ex-Eigentümer Eon.