Deutsche Unternehmen haben den Schuldscheinmarkt in den vergangenen Monaten rege genutzt: Die Lufthansa erzielte im vergangenen November 300 Millionen Euro mit einem Schuldschein, Heidelberg Cement sammelte im Frühjahr 289 Millionen Euro ein, Fresenius emittierte im April ein Schuldscheindarlehen über 400 Millionen Euro. Neben diesen prominenteren Vertretern nutzen auch Mittelständler verstärkt das Finanzierungsinstrument, einer Studie von Capmarcon zufolge beläuft sich das Volumen am deutschen Schuldscheinmarkt derzeit auf rund 70 Milliarden Euro.
Das Medizintechnikunternehmen Otto Bock hat gestern ein Schuldscheindarlehen über 200 Millionen Euro im Kapitalmarkt platziert, begleitet von der Commerzbank und der Landesbank Baden-Württemberg. Für das Unternehmen ist es der zweite Schuldschein, bereits 2010 testete die Gruppe den Schuldscheinmarkt mit einem Papier über 100 Millionen Euro.
Beide Schuldscheine sollen dazu beitragen, die Finanzierung des Unternehmens auf eine breitere Investorenbasis zu stellen und die Fälligkeitsstruktur zu verbessern: „Wir wollen noch bis Jahresende einen Konsortialkredit über 300 Millionen Euro refinanzieren, der 2013 fällig wird“, sagt Ralf Stuch, Executive Vice President Finance & Treasury von Otto Bock.
Das Unternehmen hat ehrgeizige Pläne: Bis 2020 soll sich der Umsatz mehr als verdoppeln. Dafür muss auch die Finanzierung angepasst werden: „Wir verfügen nun über 300 Millionen Euro in Schuldscheinen und wollen im kommenden Jahr noch ein kleineres Private Placement abschließen. Hinzu wird eine syndizierte Kreditlinie kommen. Insgesamt streben wir einen Gesamtfinanzierungsrahmen circa 550 Millionen Euro an“, erklärt Stuch.
Schuldschein weniger aufwendig als Anleihe
Zur Refinanzierung wäre auch eine Anleihe in Betracht gekommen – doch gegenüber einem Schuldscheindarlehen hätte dies einen höheren Dokumentationsaufwand und mehr zeitlichen Vorlauf bedeutet. Dies sind für viele Unternehmen die Hauptgründe, einen Schuldschein zu wählen, beobachtet Stefan Oldendorf, Co-Head Germany Syndication & Sales bei der Commerzbank: „Unternehmen können über Schuldscheine mit einem vergleichsweise geringen Aufwand eine breite Investorenschicht erreichen. Wir sehen daher sowohl bei Unternehmen als auch bei Investoren ein hohes Interesse – selbst in den sonst ruhigen Sommermonaten Juli und August gab es etwa 20 Transaktionen.“
Der Schuldschein von Otto Bock wurde in fester und variabler Verzinsung angeboten. Details zu den Kosten will das Unternehmen nicht nennen. Der Spread, heißt es lediglich, sei für alle Tranchen am unteren Ende der Vermarktungsspanne festgelegt worden. Platziert wurde das Papier bei rund 50 Investoren, mehrheitlich mit Sitz in Deutschland. 30 Prozent des Schuldscheinvolumens wurden zu Laufzeiten von sieben bis zehn Jahren emittiert, der Rest verteilt sich auf Tranchen von drei bis fünf Jahren.
Auch EnviTec Biogas hat in dieser Woche ein Schuldscheindarlehen bei deutschen institutionellen Investoren platziert. Die 30 Millionen Euro sollen zur Wachstumsfinanzierung genutzt werden. Die Bremer Landesbank hat die Transaktion als Sole Mandated Lead Arranger begleitet.
Das Emissionsvolumen ist bei EnviTec Biogas in Tranchen mit fixen und variablen Zinssätzen und Laufzeiten von drei, fünf und sieben Jahren eingeteilt. Auf Basis des aktuellen Zinsniveaus liegen die Zinssätze bei unter 4 Prozent pro Jahr, bei einem Schwerpunkt auf der mittleren Laufzeit, teilte das Unternehmen mit.
