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Selecta-Anleihe fällt auf Rekordtief

Selecta-Automaten finden sich in vielen Bahnhöfen, doch die Bondholder machen sich Sorgen um das Geschäft der Schweizer.
GAETAN BALLY/dpa/Picture Alliance

Nur noch 86 Prozent: Auf diesen Wert ist der Kurs der Selecta-Anleihe Anfang Juni zwischenzeitlich eingebrochen. Aktuell notiert das Papier immer noch weit unter Par. Der Grund dürfte in den schwachen Finanzrelationen des Schweizer Automatenbetreibers liegen: Vor kurzem hatte Moody’s das Unternehmensrating von B3 auf Caa1 herabgestuft. Damit liegt die Unternehmensbonität tief im Junk-Bereich, die Anleger nehmen die Gefahr eines Ausfalls inzwischen deutlich wahr.

Mit der hohen Verschuldung und der schwachen Liquiditätsausstattung begründete Moody’s seine Entscheidung. Zudem sieht die Ratingagentur höhere Refinanzierungsrisiken auf Selecta zurollen.

Pikant ist, dass Selecta erst vor wenigen Monaten den Besitzer gewechselt hat – eine Transaktion, die eigentlich Ruhe in den Investmentcase bringen sollte. Die Private-Equity-Gesellschaft  Kohlberg Kravis Roberts (KKR) hatte den Automatenbetreiber im Dezember von dem glücklosen Vorbesitzer Allianz Capital Partners übernommen. KKR injizierte in diesem Zuge rund 16 Millionen Euro frisches Cash. 2014 hatte KKR Selecta schon 220 Millionen Euro „im Rahmen einer umfassenden Refinanzierung“ zur Verfügung gestellt.

Selecta mit dünner Eigenkapitaldecke

Doch der erhoffte Befreiungsschlag blieb aus. Dabei soll die Partnerschaft mit KKR Selectas Position im Bereich Automatenverpflegung und Kaffeedienstleistungen in Europa weiter stärken. Selecta ist in 18 europäischen Ländern vertreten, mit Schwerpunkten in der Schweiz, Schweden und Frankreich. Mit beinahe 140.000 Verkaufsautomaten und über 4.200 Mitarbeitern versorgt Selecta täglich mehr als 6 Millionen Konsumenten.

Sorgen bereitet derzeit insbesondere der französische Markt: Wegen der dortigen Flaute sank der angepasste Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von Selecta im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 17,2 Prozent auf 22,3 Millionen Euro – ohne Anpassungen lag das operative Ergebnis sogar lediglich bei rund 15 Millionen Euro. Selecta hat darauf mit einem Restrukturierungsprogramm reagiert und die Investitionen gekürzt. Moodys hatte die hohen Investitionen kritisiert, vor allem da sie sich bisher nicht in steigenden Ergebnissen ausgezahlt hätten.

Selecta muss Kupon in Millionenhöhe bezahlen

Ohne Frage sind die Finanzen von Selecta angespannt: Die Eigenkapitalquote liegt nach einem Bericht des Schweizer Tagesanzeigers bei knappen 5,9 Prozent. Und die Liquidität des Automatenbetreibers engt sich in den kommenden Tagen weiter ein, da an diesem Mittwoch der nächste Kupontermin ansteht: Mehr als 18 Millionen Euro werden bei der halbjährlichen Zahlung an die Bondholder fällig. Die liquiden Mittel, inklusive ungezogener Banklinien, erreichten Ende März lediglich 50 Millionen Euro.

Selecta  kann zumindest darauf bauen, dass kurzfristig keine größeren Tilgungen anstehen: Die Anleihen über 245 Millionen Schweizer Franken (durch den starken Franken-Kurs seit Platzierung von 200 auf rund 224 Millionen Euro angeschwollen) und über 350 Millionen Euro laufen noch bis 2020. Daneben gibt es noch eine Betriebsmittellinie von Banken, die mit 43 Millionen Euro gezogen ist, und Finance Leases über rund 28 Millionen Euro.

Hält der Cash-Drain an, könnte KKR gezwungen sein, zu reagieren. Die Finanzierung, die KKR dem Unternehmen ursprünglich zur Verfügung stellte, hat Eigenkapitalcharakter: Ein PIK-Darlehen. Dieses Instrument steht üblicherweise nachrangig in der Finanzierungsstruktur, Zinsen laufen bis zur Rückzahlung auf. Möglicherweise müsste die Private-Equity-Gesellschaft noch einmal frisches Geld nachschießen. Kommentieren wollte KKR die Situation bei Selecta gegenüber FINANCE nicht.

markus.dentz[at]finance-magazin.de

Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.