Newsletter

Abonnements

Gamigo: Die dreisteste Abzocke seit langem

FINANCE

Am Minibond-Markt erlebt man ja so einiges. Aber die Chuzpe, mit der Remko Westermann, der Chef des Online-Spieleentwicklers Gamigo, die Investoren seiner Mittelstandsanleihe durch die Manege geführt hat, ist schon beeindruckend.

Erinnern wir uns: Gamigo brachte die Anleihe vor einem Jahr in den Entry Standard der Deutschen Börse. Die Firma war und ist ein nur teilweise abgeschlossener Sanierungsfall mit Start-up-Charakter – aus Investorensicht allenfalls mit Mühe eine Equity-, aber definitiv keine Debt-Story. Den Anschein eines soliden Investments gab sich Gamigo durch die Listung des Bonds im Entry Standard und ein Rating durch die Creditreform, das mit B+ schon damals schwach war.

Jetzt – nach nur einem Jahr – haben sie bei Gamigo nochmal neu gerechnet: Die Kosten der Notierung im Entry Standard seien zu hoch, deshalb wechsele man in das Quotation Board, wo es vor dubiosen Firmen nur so wimmelt und in deren Umgebung sich Gamigo nun offenbar wohler fühlt. Auch das Rating ist ausgelaufen und wird von Gamigo nicht erneuert.

Hat die Deutsche Börse ihre Preise drastisch angehoben? Nein. Ist Gamigo das Preisniveau erst jetzt aufgefallen? Sicher nicht. Ist es so, dass Westermann ohne das Rating und die Notierung im Entry Standard niemals Geld vom Kapitalmarkt bekommen hätte? Zweifellos. So dreist wie er hat schon lange kein Unternehmer mehr Kapitalmarktfähigkeit simuliert, um an Investorengelder zu kommen. Er sollte sich nicht zu sicher fühlen, damit davonzukommen. FINANCE-Informationen zufolge haben Anlegerschutzanwälte schon die Witterung aufgenommen.  

Gamigo jagt den High-Score

Die Anleger, die jetzt einsehen, dass sie hinter die Fichte geführt worden sind, müssen trotzdem bluten: Für 1.000 Euro, die sie Gamigo anvertraut haben, bekommen sie inzwischen nur noch 500 Euro zurück. Minus 50 Prozent in einem Jahr für ein Emissionsvolumen von weniger als 15 Millionen Euro – das könnte am deutschen Minibond-Markt ein neuer High Score sein, wie die Kunden von Gamigo es ausdrücken würden. Absurd ist es, wenn immer noch behauptet wird, die Presse beschmutze mit ihrer kritischen Berichterstattung den Mittelstandsanleihenmarkt. Es sind solche Emissionen wie Gamigo, die den Markt kaputt machen.

Fürs Protokoll: An den Markt begleitet wurde Gamigo vom Corporate-Finance-Haus GBC aus Augsburg, der Antrag zur Handelsaufnahme wurde von der Kochbank gestellt, einem Institut aus dem Dunstkreis des umstrittenen Verlegers und Finanzinvestors Bernd Förtsch. Game over.