Fünf Wochen nach dem angekündigten Rückzug des Ratings und dem Segmentwechsel in den Entry Standard sind nun die Gründe dafür bekannt: Mehr als 60 Prozent des platzierten Emissionsvolumens hat Gamigo bereits zurückgekauft zu Kursen deutlich unter Par– und so einen außerordentlichen Gewinn in Millionenhöhe verbucht – ohne die Anleger zu informieren. Einerseits profitieren bestehende Anleihegläubiger vom stabilisierten Kurs – der Kurs der Mittelstandsanleihe sprang in dieser Woche von 56 auf fast 80 Prozent. Andererseits ist es mehr als ungewöhnlich, dass ein Emittent im ersten halben Jahr nach der Platzierung Anleihen deutlich unter Nennwert ankauft und Anleger damit Verluste realisieren müssen.
Kurzer Rückblick: 15 Millionen Euro hatte der Onlinespielehersteller Gamigo im Juni 2013 eigentlich einsammeln wollen und sich noch eine Aufstockungsmöglichkeit bis zu 25 Millionen Euro offengehalten. Rund 12 Millionen Euro sind es dann geworden, die „zuvorderst zur Finanzierung des weiteren Wachstums […], zweitrangig für Akquisitionsvorhaben und zuletzt auch für die Rückführung von Darlehensverbindlichkeiten“ verwendet werden sollten, wie man im Wertpapierprospekt liest.
Gamigo: Verstoß gegen angekündigte Mittelverwendung
Doch schon wenige Monate später wollte Gamigo-Chef Remco Westermann davon nichts mehr wissen: Wie der Spieleanbieter nun nonchalant mitteilt, hat Gamigo im Jahresverlauf 2013 die niedrigen Kurse der Anleihe, die im November auf bis zu 45 Prozent sank ausgenutzt, um im großen Stil Stücke der Mittelstandsanleihe zurückzukaufen. 7,2 Millionen Euro wurden erworben, nur noch 4,9 Millionen Euro stehen aus. Gamigo beziffert den ergebniswirksamen Sondereffekt, in den auch latente Steuern einfließen, mit 3,94 Millionen Euro. Nur dadurch erreichte Gamigo 2013 ein positives Nettoergebnis von 0,2 Millionen Euro.
Doch kein halbes Jahr nach der Emission will Remco Westermann von seinen dem Kapitalmarkt kommunizierten Zielen nichts mehr wissen. Mögliche Akquisitionen will er statt mit der Anleihe nun durch eine Kombination von Cash und Aktien bezahlen.
Selbstverständlich sind die Anleihebesitzer, die ihre Stücke deutlich unter Par – der Tiefststand lag im November bei 45 Prozent – zurückgegeben haben, dazu nicht gezwungen worden. Andere Emittenten wie etwa Singulus haben Rückkaufprogramme indes öffentlich angekündigt. Auch müssen nicht alle Gläubiger zwingend Verluste gemacht haben, denn FINANCE erfuhr von Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Gamigoemission.
Es wäre nicht verwunderlich, wenn Investoren die gestiegenen Kurse als Exitoption nutzen würden – zu ungewöhnlich und fragwürdig ist das Gebaren von Gamigo am Kapitalmarkt.