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Moody’s senkt Daumen für ThyssenKrupp

Die US-Ratingagentur hat die Bonitätsbewertung für den ThyssenKrupp-Konzern von Ba3 auf Ba2 gesenkt.
Thyssenkrupp

Seit Mai prüft Moody’s, ob das Rating von ThyssenKrupp noch zu der Lage des Konzerns passt. Nun hat die US-Ratingagentur die Bonitätsbewertung für den Mischkonzern von Ba2 auf Ba3 gesenkt, der Ausblick ist stabil. In der Begründung ihrer Entscheidung zeichnet Moody’s ein düsteres Bild der aktuellen Finanzlage. Und auch die Aussichten für die Zukunft sind alles andere als einfach.

Hintergrund des Downgrades sind die schwachen Zahlen des Industrie- und Stahlriesen für das dritte Quartal des Geschäftsjahres 2018/2019, die zu einer weiteren Verschlechterung der Verschuldungskennzahlen und des Free Cashflows führten. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres lag der Cash Drain vor M&A-Aktivitäten bei dem Konzern bei 2,5 Milliarden Euro. Die Nettofinanzverschuldung hat sich seit dem Ende des Geschäftsjahres 2017/18 auf 5,1 Milliarden Euro verdoppelt (2018: 2,4 Milliarden Euro).

Nach Berechnungen von Moody’s auf Basis von durch die Agentur angepassten Zahlen ergibt sich daraus eine Nettoverschuldung, die siebenmal so hoch ist wie das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), das der Konzern in den zwölf Monaten vor Ende Juni erzielt hat.

ThyssenKrupp-Umbau in schwierigem Umfeld

Der Konzern arbeitet derzeit an einer Neuausrichtung. Der ursprüngliche Plan des Unternehmens für eine Neuaufstellung scheiterte: Das Joint Venture der Stahlsparte mit Tata Steel platzte. Der Plan, den Konzern in zwei Teile aufzuspalten, wurde zurückgezogen.

Nun arbeiten Thyssenkrupp-CEO Guido Kerkhoff und Finanzvorstand Johannes Dietsch daran, alle Geschäftsbereiche auf den Prüfstand zu stellen und in eine Holding-Struktur zu überführen. Für den Anlagenbau, das Autozuliefergeschäft und den Schiffsbau sucht der Konzern Partner, in Essen wäre man aber auch zur Mehrheitsabgabe bereit. Viel finanzieller Spielraum bleibt Kerkhoff und Dietsch für die Restrukturierung nicht mehr.

Aufzugssparte bleibt Ertragsperle

Der Konzern leidet in den Segmenten Compontents Technology, Material Services und der re-integrierten Stahlsparte Steel Europe wie andere Unternehmen auch unter der schwachen Nachfrage aus dem Automobilsektor. Die Verluste in den Segmenten Industrial Solutions und Marine Systems konnten zwar signifikant reduziert werden, schreibt Moody’s. Sie konnten den Profitrückgang der anderen Sparten allerdings nicht ausgleichen.

Einziger Hoffnungsbringer ist derzeit die Aufzugssparte (Elevator Technology), nach wie vor die Ertragsperle des Konzerns. Die hochprofitable Sparte soll entgegen aller früheren Ablehnung nun doch teilweise an die Börse gebracht werden. Aber auch der Verkauf an einen Wettbewerber wäre denkbar – brächte allerdings möglicherweise wieder kartellrechtliche Schwierigkeiten mit sich.

Mit dem Erlös des Deals könnte der Konzern seine Liquidität aufpolstern. Derzeit beschreibt Moody’s diese als adäquat. Der Konzern verfügte Ende Juni über 2,8 Milliarden Euro an Cash auf der Bilanz und 3,6 Milliarden Euro an zur Verfügung stehenden Banklinien.

ThyssenKrupp muss Profitabilität erhöhen

Dauerhaft kann sich der Konzern allerdings nur erholen, wenn er seine Profitabilität erhöht und wieder positive Cashflows verzeichnet. In Anbetracht eines sich weiter eintrübenden makroökonomischen Umfelds und der gestiegenen geopolitischen Risiken, wie globalen Handelskonflikten oder einem potenziellen No-Deal-Brexit, gehen die Experten von Moody’s allerdings davon aus, dass dies länger dauern könnte als ursprünglich angenommen.

Das Geschäftsumfeld für ThyssenKrupp werde in den nächsten 12 bis 18 Monaten weiter schwierig bleiben, prognostiziert die Agentur. Zudem wies sie auf die Herausforderungen der europäischen Stahlindustrie hin, die unter anderem mit einer nachlassenden Nachfrage und erhöhten Importen aus Drittländern zu kämpfen hat. 

Nichtsdestotrotz rechnet Moody’s damit, dass der Konzern seine Profitabilität über alle Segmente hinweg verbessern können wird. Die Agentur rechnet mit einer Rückkehr zu positiven Cashflows in den Jahren 2020/2021.

ThyssenKrupp droht der Dax-Abstieg

Der Blick auf die Börse spiegelt die aktuelle Lage wider: Seit Jahresanfang büßte die Aktie des Industriekonzerns fast 28 Prozent ein und ist damit der am schwächsten performende Titel im Dax. Auf Jahressicht hat sich der Börsenwert mehr als halbiert. Ende August stellt die Deutsche Börse die Zusammensetzung des deutschen Leitindexes auf den Prüfstand, ThyssenKrupp könnte dann der Abstieg drohen.

Info

 Mehr über die Hintergründe lesen Sie in der Analyse zu ThyssenKrupp in unserer FINANCE-Printausgabe vom Juli/August 2019, die hier als E-Paper erhältlich ist.