Was ist los am Schuldscheinmarkt?

Schwacher Jahresauftakt am Schuldscheinmarkt 2024: Das Emissionsvolumen lag im ersten Quartal bei 3,41 Milliarden Euro. Das ist ein massiver Rückgang von rund 55 Prozent gegenüber dem Jahresauftakt 2023, in dem 7,64 Milliarden Euro zu Buche standen. Auch bei der Anzahl der Deals blieb der Markt mit 16 Transaktionen in den ersten drei Monaten deutlich hinter den 28 aus dem Vorjahr zurück. Dies geht aus dem neuen FINANCE-Schuldschein-Update hervor, das das Datenanalysehaus LSEG exklusiv für FINANCE aufbereitet. Insgesamt handelt es sich um das schwächste Auftaktquartal seit dem Jahr 2014: Damals blieb der Schuldscheinmarkt bei 13 Deals sogar noch unter der Marke von 1 Milliarde Euro. Attraktive Anleihemärkte locken Schuldscheinemittenten Die Gründe für die derzeit überschaubaren Aktivitäten sind laut Christian Kallis aus dem Schuldschein-Team der Hypovereinsbank vor allem auf der Angebotsseite zu suchen: „Zum einen sind die Anleihemärkte derzeit für große Unternehmen mit externem Rating oft deutlich attraktiver, zum anderen sehen wir auf Emittentenseite bei immer noch erhöhten Spreads einen stärkeren Fokus auf den Preis und weniger auf volumenmaximierende Transaktionen.“ Auch internationale Emittenten halten sich derzeit am Schuldscheinmarkt zurück. Im laufenden Jahr kamen die vier bis dato größten Schuldscheine allesamt aus Deutschland: Den Spitzenplatz belegt der Essener Baukonzern Hochtief, der kurz vor Quartalsende am 28. März einen Schuldschein im Volumen von 470 Millionen Euro platzierte. Es folgen der Baumaschinenhersteller Liebherr (400 Millionen Euro), das Healthcare-Unternehmen Vetter Pharma (325 Millionen Euro) und der Lebensmittel-Recycler Saria (300 Millionen Euro). Französische Schuldscheinemittenten kehren zurück Immerhin: Nach Angaben von Sebastian Knapp, Head of Corporate Syndicate & SSD Sales bei der Helaba, ist der Markt für französische Unternehmen mittlerweile wieder komplett geöffnet: „Aufgrund des Orpea-Restrukturierungsfalls haben französische Emittenten im vergangenen Jahr über weite Strecken keine Rolle gespielt. Ende 2023 und Anfang 2024 sind sie nun mit einigen Transaktionen, unter anderem einer in Höhe von 650 Millionen Euro der Groupe SEB, wieder in Erscheinung getreten und wir vernehmen sehr ordentlichen Zuspruch seitens der Investorenschaft.“ Der französische Pflegeheimbetreiber Orpea war vor rund zwei Jahren aufgrund schwerwiegender Missstände in seinen Altenheimen in die Schlagzeilen geraten. Dies sorgte auch für einen massiven Vertrauensverlust bei Gläubigern von Schuldscheinen, die Orpea in den Jahren zuvor im großen Stil am Markt platziert hatte. „Die vom Immobilienmarkt ausgehende Verunsicherung ist natürlich auch am Schuldscheinmarkt zu spüren.“ Sebastian Knapp, Head of Corporate Syndicate & SSD Sales bei der Helaba Weiter offen stehe der Markt grundsätzlich auch für die derzeit schwer kriselnde Immobilienbranche, sofern die Rahmenbedingungen stimmen: „Die vom Immobilienmarkt ausgehende Verunsicherung ist natürlich auch am Schuldscheinmarkt zu spüren. Aber auch wenn die bis dato letzte nennenswerte Platzierung schon einige Zeit zurückliegt, sehe ich den Markt für sehr gute Adressen mit entsprechend nachhaltigem Geschäftsmodell grundsätzlich weiter aufnahmefähig“, sagt Knapp. Die Helaba befinde sich derzeit in Gesprächen für einen potentiellen neuen Schuldschein aus dem Real-Estate-Sektor. Immobilienkrise erreicht Schuldscheinmarkt Vor kurzem hatte der Gewerbeimmobilienkonzern Branicks einen 225 Millionen Euro schweren Schuldschein mithilfe des StaRUG-Verfahrens restrukturieren müssen. Um ihr Geld zittern müssen aber etwa auch die Investoren der Anfang März in die Insolvenz gegangenen Helma Eigenheimbau, bei der ein Schuldschein in Höhe von 27 Millionen Euro im Feuer steht. Die Gefahr, dass Investoren deshalb ihre Nachfrage für den Gesamtmarkt drosseln könnten, sehen die von FINANCE befragten Experten aber nicht: „Investoren meiden beizeiten bestimmte Branchen, wie zum Beispiel derzeit die Immobilienbranche. Eine generelle Zurückhaltung können wir jedoch nicht feststellen“, sagt Carsten Lohle, Co-Head DCM DACH bei der Deutschen Bank. Breite Spanne bei Schuldscheingröße und -laufzeit Größen- und laufzeittechnisch ist der Markt nach Beobachtung von Klaus Pahle, Head of Schuldschein Syndicate bei ING Deutschland, derzeit sehr heterogen aufgestellt: „Wir sehen eine gesteigerte Emissionstätigkeit von Finanzierungen im Bereich zwischen 100 bis 300 Millionen Euro. Zudem werden wieder alle Laufzeitenbänder von drei bis zehn Jahren und darüber hinaus angeboten.“ Beim Pricing liegen die Spreads laut Pahle – je nach Bonität – momentan zwischen 120 und 180 Basispunkten über dem jeweiligen Referenzzinssatz im Fünfjahresbereich. Nach Einschätzung von Carsten Lohle erfüllt der Schuldscheinmarkt damit aktuell genau die Funktion, für die er am besten geeignet sei: „Emittenten mit solidem Kreditprofil, aber mangels Rating und/oder ausreichend großem Finanzierungsbedarf ohne Zugang zum Anleihemarkt sind in der Lage, sich zu vergleichsweise attraktiven Konditionen zu finanzieren.“ Kein Preisvorteil für ESG-Schuldscheine Fest am Markt etabliert haben sich in den vergangenen Jahren nachhaltig konzipierte Schuldscheine: „Bezogen auf die Anzahl der Transaktionen beträgt der Anteil grüner beziehungsweise ESG-bezogener Strukturen im bisherigen Jahresverlauf etwas weniger als 30 Prozent“, berichtet Deutschbanker Lohle, der davon ausgeht, dass dieser Wert in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird. „Der Anteil grüner beziehungsweise ESG-bezogener Strukturen im bisherigen Jahresverlauf beträgt etwas weniger als 30 Prozent.“ Carsten Lohle, Co-Head DCM DACH bei der Deutschen Bank Ähnlich sieht es Klaus Pahle von der ING: „Angesichts der zunehmenden Bedeutung nachhaltiger Finanzierungen könnte der Anteil grüner Finanzierungen weiter wachsen und deutlich über einem Drittel in diesem Jahr betragen.“ Bei der Anlageentscheidung sowie dem Pricing spiele das Thema ESG bislang allerdings nach wie vor eine untergeordnete Rolle, wie Christian Kallis von der HVB betont: „Im Markt zeigt sich, dass Investoren zwar auf einen Nachhaltigkeitsbezug achten, dies aber nicht das entscheidende Kriterium in den Kreditkomitees darstellt. Aktuell kann außerdem kein Preisvorteil zwischen konventionellen und nachhaltigen Emissionen festgestellt werden.“ Commerzbank führt Bookrunner-Rangliste an Trotz des sehr verhaltenen Jahresauftakts sind die Schuldscheinbanker zuversichtlich, dass der Markt in den kommenden Monaten an Fahrt aufnehmen wird. Sowohl ING-Banker Kahle als auch Deutschbanker Lohle rechnen für das Gesamtjahr 2024 aktuell mit einem Volumen von rund 20 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 2023 waren es laut LSEG-Zahlen etwas über 22 Milliarden, 2022 – dem Rekordjahr am Schuldscheinmarkt – knapp 30 Milliarden Euro. Die Bookrunner League Tables führt nach dem ersten Quartal die Commerzbank an: Mit einem Marktanteil in Höhe von knapp 20,7 Prozent landet sie auf dem ersten Rang. Damit bleibt für den Schuldscheinplatzhirschen LBBW nach den ersten drei Monaten erstmal nur Platz 2 (18,6 Prozent). Info Hier können Sie das neue FINANCE Schuldschein-Update herunterladen. Die Daten werden von LSEG (früher Refinitiv) exklusiv für FINANCE zusammengestellt.

Baywa findet neue Käufer für niederländische Tochter Cefetra

Private-Equity-News: Auctus, Nord Holding, Indus

Die 5 spektakulärsten CFO-Wechsel 2025

KPMG überholt Deloitte knapp

Was ist los am Schuldscheinmarkt?

Aktuelle Artikel

Brockhaus Technologies tütet Bikeleasing-Exit vor Weihnachten ein

Warum Investoren Deutschlands Infrastruktur im Visier haben

FINANCE Daily

Weitere Inhalte zum Thema

Gute Vorzeichen am Schuldscheinmarkt für 2024

Schwaches drittes Quartal am Schuldscheinmarkt

Porsche-Deal treibt den Schuldscheinmarkt voran

FINANCE Multiples-Blog

Ebit oder Ebitda – welche Kennzahl entscheidet den Deal?

Multiples im E-Commerce: KI und faire Preise locken Investoren

Die neuen Multiples für November 2025 sind da!

Nachrichten

Themen

Unternehmen

FINANCE TV

FINANCE Köpfe

FINANCE Podcast

FINANCE Magazin

FINANCE Multiples

Research

Events

Newsletter

Abonnements

Mediadaten

Redaktion

Stellenmarkt

Partner

Kontakt