Martin Mildner ist kaum ein Jahr Finanzvorstand beim Medienkonzern ProSiebenSat.1 und muss nicht nur das rückläufige Geschäft durch die Flaute im Werbegeschäft in den Griff bekommen, sondern sich auch mit dem offensiv auftretenden italienischen Großaktionär Media for Europe (MFE) auseinandersetzen.
Denn der macht jetzt ernst und hat angekündigt, bei der Hauptversammlung am 30. April einen Antrag einbringen zu wollen, mit dem der Vorstand dazu gezwungen werden soll, die seit langem avisierte Trennung von den E-Commerce- und Dating-Geschäften einzuleiten.
MFE setzt ProSieben-Führung öffentlich unter Druck
MFE hält an ProSiebenSat.1 derzeit etwa 27 Prozent direkt sowie rund 2 Prozent durch Finanzinstrumente und fordert schon seit längerem, dass sich der Konzern auf sein mediales Kerngeschäft konzentriert und die Nebensparten abspaltet. Dort sind Plattformen wie die Online-Parfümerie Flaconi, das Vergleichsportal Verivox, das Erlebnisgeschäft von Jochen Schweizer Mydays sowie die Dating-Portale Parship und Elitepartner gebündelt. Zusammen stehen die beiden Sparten für ein Drittel der Umsatzerlöse und rund 20 Prozent des bereinigten Ergebnisses (adjusted Ebitda).
Bereits vor einigen Wochen hatte die MFE-Gruppe, hinter der die Familie des früheren, 2023 gestorbenen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi steht, den Druck auf den Vorstand von ProSiebenSat.1 erhöht. Damals hatte MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi öffentlich gefordert, dass sich die deutsche Beteiligung auf ihr Kerngeschäft mit Fernsehen und Streaming besinnen und die anderen Aktivitäten ausgliedern solle.
ProSieben-Vorstand soll Abspaltung bis 2025 vorbereiten
Konkret soll der ProSiebenSat.1-Vorstand nach dem Wunsch von MFE innerhalb eines Jahres die Abspaltung der Nicht-Kernaktivitäten vorbereiten und den Ausgliederungs- und Übernahmevertrag spätestens bei der Hauptversammlung 2025 zur Abstimmung vorlegen.
Durch die Ausgliederung, so MFE, würden zwei getrennte börsennotierte Gesellschaften entstehen, die von unabhängigen Management-Teams geführt werden. Die Aktionäre würden Anteile an beiden Unternehmen im Verhältnis proportional zu ihrer Beteiligung an ProSiebenSat.1 erhalten.
„Ein Konglomeratsabschlag, der durch die Zusammenführung sehr unterschiedlicher und unsynergetischer Geschäftsaktivitäten unter dem Dach einer einzigen börsennotierten Gesellschaft entsteht, könnte durch eine Abspaltung und eine getrennte Börsennotierung beider Rechtsträger vermieden werden“, heißt es weiter. Alternative Optionen zur Abtrennung der Nicht-Kernaktivitäten vom Kerngeschäft Unterhaltung könne der Vorstand aber auch prüfen und umsetzen.
CFO Mildner: Warten auf bessere Marktbedingungen
„Ziel des Beschlussvorschlags ist es, den Prozess der Trennung und Neuausrichtung der verschiedenen Geschäftsbereiche des Unternehmens zu beschleunigen“, erklärte MFE und ging zugleich auf Konfrontationskurs mit der ProSiebenSat.1-Führungsriege: „Der Vorstand von ProSiebenSat.1 hat zwar wiederholt seine Absicht bekundet, sich auf das Unterhaltungsgeschäft zu fokussieren, hat bisher aber keine wesentlichen Fortschritte gemacht.“
Auch Aufsichtsratschef Andreas Wiele betonte in einem aktuellen Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ den Willen, sich von Mehrheitsbeteiligungen zu trennen – ein, Plan, den man in Unterföhring schon seit zwei Jahren verfolgt. Allerdings drückt er etwas auf die Bremse: „Wir haben keine Not, überhastet zu verkaufen, aber wir werden auch nicht Ewigkeiten warten.“
Ähnlich hört sich das bei Vorstandschef Bert Habets und Finanzchef Martin Mildner an. Bei den Beteiligungen Flaconi und Verivox will man auf bessere Marktbedingungen warten, und für einen Börsengang der Parship-Gruppe sei es dieses Jahr zu früh, sagte Finanzchef Mildner erst vor wenigen Wochen bei der Bilanzpressekonferenz. Ein Börsengang der Gruppe war 2022 aufgrund des Ukraine-Kriegs verschoben worden.
ProSieben-Aktie legte kurzzeitig zu
Ob sich die Aktionäre noch länger gedulden wollen, wird man Ende April sehen. Die Aktie von ProSiebenSat.1 hatte nach der Antragsankündigung von MFE um fast 7 Prozent zugelegt, allerdings nur kurzzeitig. Wie dringend sich die Investoren Besserung bei dem Medienkonzern wünschen, wird an der langfristigen Aktienkursentwicklung deutlich: Auf Einjahressicht hat das ProSieben-Papier mehr als 30 Prozent an Wert verloren. Blickt man auf die vergangenen fünf Jahre, hat sich der Kurs sogar mehr als halbiert.
Lena Scherer ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Publizistik, Anglistik und Komparatistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz studiert und nebenbei für verschiedene Redaktionen gearbeitet. Bevor sie zu FINANCE kam, war sie mehr als acht Jahre lang beim Branchen-Fachdienst buchreport aktiv, zuletzt als Co-Chefredakteurin. Dort hat sie unter anderem Marktanalysen vorgenommen sowie die Bereiche Fachinformation, Recht/Wirtschaft/Steuern und Digitales betreut.
