Private Equity hat die Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung als Investitionsfeld für sich entdeckt. Viele Wirtschaftsprüfer und Steuerberater berichten über das Interesse der Finanzinvestoren an ihrem Geschäft. Manche öffentlich, wie etwa Christian Rödl von Rödl & Partner oder Andreas Blum von DHPG, viele andere hinter vorgehaltener Hand. Die ersten Deals sind derweil längst eingetütet.
Mithilfe der Partners Group ist so Anfang des Jahres die Buy-and-Build-Gesellschaft Afileon entstanden, die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft PKF WMS ist von Ufenau Capital Partners übernommen worden, Waterland hat über sein belgisches Portfolio-Unternehmen Moore die Münchener WP-Gesellschaft Intaria akquiriert, und bei WTS ist EQT als Ankeraktionär eingestiegen.
Eigentlich soll das Fremdbesitzverbot Beteiligungen von Nicht-Berufsträgern verhindern. Doch in EU-Ländern wie Luxemburg, den Niederlanden oder Belgien ist Finanzinvestoren ein Einstieg gestattet. Beteiligt sich nun solch eine PE-finanzierte WP-Gesellschaft aus Benelux an einem deutschen Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater, ist ein indirekter Einstieg möglich. Doch es gibt auch kritische Stimmen, die einen Einstieg der Finanzinvestoren nicht gutheißen.
Wirtschaftsprüferkammer befürwortet Überprüfung
Die Wirtschaftsprüferkammer hat kürzlich mitgeteilt, dass eine mittelbare Beteiligung von Private Equity „die Berufsgrundsätze, insbesondere die Unabhängigkeit, die Gewissenhaftigkeit, die Verschwiegenheit und die Eigenverantwortlichkeit als Kernelemente freiberuflicher Berufsausübung, die verantwortliche Führung von Berufsgesellschaften durch Berufsangehörige sowie die Qualität beruflicher Dienstleistungen nicht in Frage“ stellen dürfe. „Das sehr hohe nationale Maß an Unabhängigkeit und das Vertrauen in seine Integrität sind für den Berufsstand nicht diskutierbar“, heißt es in der Mitteilung des Vorstands.
Der Vorstand befürworte daher eine „Überprüfung durch die Mitgliederabteilung, gegebenenfalls durch die Kommission für Qualitätskontrolle und die Berufsaufsicht, ob bei den Berufsgesellschaften mit mittelbaren Private-Equity-Beteiligungen die verschiedenen europäischen und deutschen Regelungen […] eingehalten werden.“
Doch wie sieht die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) die Entwicklung? Ihr Präsident Harmut Schwab hat dazu eine klare Meinung, wie er im Interview mit FINANCE verrät.

FINANCE: Herr Schwab, begrüßt die BStBK die Einstiege von Finanzinvestoren in die Steuerberatung oder sehen Sie die Entwicklung negativ?
Hartmut Schwab: Das sind alles sehr unterschiedliche Konstellationen, die individuell zu bewerten sind. Grundsätzlich geht es uns darum, die Unabhängigkeit des Berufstandes zu schützen. Der Steuerberater muss als Organ der Steuerrechtspflege seine finanzielle Unabhängigkeit wahren. Er muss von staatlichen Stellen unabhängig sein, aber auch von anderen Wirtschaftsteilnehmern. Unternehmen und Privatpersonen müssen sich darauf verlassen können, dass sie unabhängig und frei von eventuellen Interessenkonflikten optimal beraten werden.
FINANCE: Gefährdet der Einstieg von Finanzinvestoren die Unabhängigkeit von Steuerberatern?
Hartmut Schwab: Ich stelle Ihnen mal eine Gegenfrage: Welcher Finanzinvestor steckt denn nennenswertes Kapital in seine Projekte, ohne sich gleichzeitig einen spürbaren Einfluss auf diese zu sichern? Die Gleichung lautet doch: je mehr Kapital, desto mehr Einfluss im Gegenzug. Wie der Einfluss dann konkret aussieht, hängt immer von der konkreten Vertragsgestaltung ab. Am Ende geht es um die Frage: Welches Geschäftsmodell wird verfolgt?
Das Fremdbesitzverbot hat eine wichtige Funktion
FINANCE: Aktuell soll das Fremdbesitzverbot den Einstieg Berufsfremder verhindern, mittels Holding-Strukturen oder der Gründung von Gesellschaften zum Beispiel in Luxemburg lässt sich dieses aber umgehen. Ist das Verbot angesichts dieser Gesetzeslücke noch zeitgemäß oder sollte der Gesetzgeber reagieren und diese schließen?
Hartmut Schwab: Ja, der Gesetzgeber muss diese Gesetzeslücke schließen, denn es ist klar, dass er daran festhalten will. Wäre dem nicht so, gäbe es sicher einfachere Regelungen als diesen unsinnigen Weg über Luxemburg. Und das Fremdbesitzverbot hat ja auch eine wichtige Funktion: Der Gesetzgeber hat dem steuerberatenden Beruf, als Organ der Steuerrechtspflege, wichtige Aufgaben übertragen. Steuerberater sollen Steuerpflichtige unabhängig von staatlichen oder eigenen wirtschaftlichen Interessen optimal und im Rahmen der Gesetze beraten. Steuerberater gewährleisten, dass jeder Steuerpflichtige auf Augenhöhe mit dem Staat agieren kann und in Steuersachen exzellent vertreten wird. Und der Wille des Gesetzgebers ist es, dass sich die Verbraucher auf dieses Versprechen verlassen können.
FINANCE: Wirtschaftsprüfer und Steuerberater stehen angesichts der zunehmenden Digitalisierung und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz unter einem großen Transformationsdruck. Wie können mittelständische und kleinere Praxen diese kostspielige Transformation stemmen?
Hartmut Schwab: Letztendlich geht es hierbei doch um die Frage: Wie sieht die Steuerberatung der Zukunft aus, und wie kann unser Berufsstand die Bedürfnisse der Mandanten auch künftig optimal bedienen? Es geht um viel mehr als KI, etwa um Fragen der Nachfolge, des Fachkräftemangels sowie der Skalierung und Kanzleikäufe. Auf dem Markt der Steuerberatung ist gerade viel in Bewegung.
Alternativvorschlag für Digitalisierungsinvestitionen
FINANCE: Können Sie das konkretisieren?
Hartmut Schwab: Kanzleien, die Finanzierungsbedarf haben können bereits jetzt über verschiedene Wege zu mehr Liquidität gelangen: klassische Bankdarlehen, KfW-Fördermöglichkeiten. Kleine und mittlere Kanzleien können IT-Lösungen und Softwareprodukte über ein Lizenzmodell bei einem IT-Dienstleister einkaufen. Auch Datev, die berufsständische Genossenschaft, stellt entsprechende IT-Lösungen zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund müssen einzelne Steuerberatungskanzleien eigentlich nicht selbst IT- und KI-Lösungen entwickeln. Sollte dies im Ausnahmefall anders sein, so kann die Gründung einer eigenen Gesellschaft, die Softwarelösungen und IT-Produkte entwickelt und verkauft, selbstverständlich ins Auge gefasst werden. An einer solchen IT-Gesellschaft, die keine Berufsausübungsgesellschaft (BAG) ist, können sich auch PE-Investoren beteiligen. Dabei handelt es sich berufsrechtlich bei der Geschäftsführung durch einen Steuerberater zwar um eine gewerbliche Tätigkeit, die Steuerberaterkammern erteilen in der Regel aber eine Ausnahmegenehmigung. Für die digitale Transformation der Kanzlei ist daher kein Fremdkapital notwendig.
FINANCE: Sehen ihre Mitglieder das auch so?
Hartmut Schwab: Unser Berufsstand umfasst über 100.000 Mitglieder. Das sind einige Einzelkanzleien, viele mittelständische und einige große Berufsausübungsgesellschaften. Selbstverständlich sind da nicht immer alle einer Meinung. Unsere Mitglieder werden über ihre Vertreter aus den Gremien der Steuerberaterkammern vertreten. Mit ihnen diskutieren wir Fragen der Zukunft der Steuerberatung, unter anderem auch das Fremdbesitzverbot. Eine klare Mehrheit spricht sich hier für das Fremdbesitzverbot aus.
Falk Sinß ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Soziologie, Politologie und Neuere und Mittlere Geschichte in Frankfurt am Main sowie in Mainz Journalismus studiert, wo er auch einen Lehrauftrag inne hatte. Vor seiner Zeit bei FINANCE war Falk Sinß drei Jahre Redakteur der Zeitschrift Versicherungswirtschaft und zehn Jahre für verschiedene Medien des Universum Verlags tätig.
