Jörn Kowalewski: der Flexible

Jörn Kowalewski ist ein Mann für schwierige Fälle. Mit seiner jahrelangen Erfahrung begleitet er vor allem komplexe Restrukturierungen und schwierige Verhandlungen. Zu seinen Fällen der vergangenen Jahre zählen unter anderem Leoni, Benteler und Borgers. Hinzu kommen viele weitere große Restrukturierungen in anderen Branchen. Damit zählt der Anwalt zu unseren Top-Restrukturierern. Alles zum Thema Deutschlands Top-Restrukturierer Notleidende Firmen, hitzige Gläubiger, hoffnungsvolle Eigentümer: Dort wo es brennt, kommen sie zum Löscheinsatz. Sie retten Unternehmen und transformieren sie. In unserer neuen exklusiven FINANCE+ Serie küren wir Deutschlands Top-Restrukturierer – die Storys hinter den Gestaltern & Gestalterinnen. Mehr lesen Kowalewski arbeitet bereits seit 17 Jahren für die internationale Kanzlei Latham & Watkins und ist als Partner mitverantwortlich für das Sanierungsgeschäft. Bevor er bei Latham & Watkins anfing, führte er ein mittelständisches internationales Handelsunternehmen und war während seiner Promotion wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut in Hamburg für ausländisches und internationales Privatrecht. Kowalewski begleitete Leoni bei Restrukturierung Der gebürtige Hamburger blickt auf viele herausfordernde Fälle zurück. Aus der letzten Zeit sticht sicher Leoni heraus, wie er berichtet. Er beriet den Automobilzulieferer von 2020 bis 2023 und war auch dabei, als der Kauf des Kabelgeschäfts durch die thailändische Stark Gruppe im Dezember 2022 scheiterte. „Damals versuchten wir, mit dem Käufer last minute noch eine Lösung zu finden. Die Verhandlungen liefen 48 Stunden quasi ohne Pause in einer Hotellobby in Dubai“, erzählt er. Die Herausforderung nach dem Platzen des überlebenswichtigen Deals war, dass zwei Wochen vor Endfälligkeit der ersten Kredite die in 2022 erreichte Refinanzierung der Finanz-Verbindlichkeiten von insgesamt 1,6 Milliarden Euro undurchführbar wurde, weil die nötigen Mittel dafür fehlten. Um eine Insolvenz zu verhindern, hatte Leoni genau drei Monate, eine neue Refinanzierungslösung mit den mehr als 70 Finanzierungspartnern zu verhandeln. Dies gelang und der erreichte Schuldenschnitt von über 700 Millionen Euro war ein Befreiungsschlag für Leoni. Die Umsetzung musste allerdings durch ein Starug-Verfahren erfolgen, das erste Starug-Verfahren in Deutschland über eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Das Team von Latham & Watkins, das neben Kowalewski von Hendrik Hauke und Jan-Philipp Prass geführt wurde, ist hierfür jüngst als „European Finance Team of the Year 2023“ von The Lawyer ausgezeichnet worden. Vor allem die Multikrisen in den vergangenen Jahren – Corona-Pandemie, Halbleiterkrise und Ukraine-Krieg – seien für die Restrukturierung von Leoni herausfordernd gewesen. Umso wichtiger, dass es mittels Starug gelungen ist, eine langfristige Lösung zu erreichen, die auch die Restrukturierungslandschaft prägt. „Wir haben das vorinsolvenzliche Restrukturierungsverfahren seit seiner Einführung immer als Plan-B-Option vorbereitet und in einzelnen Fällen auch genutzt, aber erst Leoni hat den Knoten durchschlagen und wir begleiten selbst und sehen auch am Markt mittlerweile eine deutlich höhere Anzahl von Starug-Verfahren“, sagt Kowalewski. Benteler: Verhandlung mit 107 Finanziers Ebenfalls besonders war für ihn der Fall Benteler, dort beriet er 2021 das Bankenkonsortium bei einer Refinanzierung des damals kriselnden Automobilzulieferers in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro. „Benteler hatte damals über 100 Finanzierer, von denen wir alle die Zustimmung brauchten.“ Dabei gab es nicht nur eine Vielzahl an Finanziers, sondern sie waren auch überall auf der Welt verteilt. „Das waren anspruchsvolle und kontroverse Verhandlungen“, erinnert sich der Rechtsanwalt. Die Refinanzierung war erfolgreich und konnte im vergangenen Jahr auf neue Beine gestellt werden. Ende April hatte das Salzburger Familienunternehmen Anleihen in Höhe von umgerechnet 975 Millionen Euro emittiert. In Kombination mit neuen Kreditlinien wurde die seit 2020 bestehende Finanzierung so durch eine reguläre, bis 2028 laufende ersetzt. Mann der Zahlen Kowalewski war in einer Reihe weiterer Fälle, unter anderem Borgers, IFA, Hellmann Worldwide Logistics, Grüner Punkt, Rena oder Scholz involviert. Bei seiner Arbeit legt er vor allem Wert auf die Zusammenarbeit mit seinem Team und ist stolz auf dessen Entwicklung: „Ohne insbesondere Ulrich Klockenbrink, Hendrik Hauke und Jan-Philipp Prass wären wir nicht da, wo wir heute stehen, und das betrifft auch jeden und jede weitere im Team bis hin zu den Jüngsten“, sagt er. Er möge es sehr, „Teil der Lösung zu sein“ und die auf Basis der Analysen entwickelten Sanierungskonzepte in einem strukturierten Prozess trotz aller Widrigkeiten auch tatsächlich zur Umsetzung zu bringen. Weggefährten sagen über ihn, dass er ein „Mann der Zahlen ist, der auch im Vorstand sein könnte“ oder, dass er „sehr operativ orientiert und umsetzungsstark“ ist. Kowalewski ist flexibel und betreut mehrere Branchen: Neben Automotive gehören aktuell vor allem der Maschinenbau, Retail und natürlich Immobilien dazu. Er berät sowohl außerhalb als auch innerhalb von Insolvenzverfahren sowie bei Distressed-M&A-Transaktionen. Neue Phase der Restrukturierung Kowalewskis Arbeitgeber Latham & Watkins wurde 2023 von Juve zur Kanzlei des Jahres für Insolvenz und Restrukturierung gekürt. Mit der Pandemie hat sich für Kowalewski der Restrukturierungsmarkt verändert, weil sich seitdem auch die Wirtschaft verändert habe. „Vorher gehörte die Restrukturierungsberatung eher zu den exotischen Disziplinen“, erinnert er sich an die langen Jahre des Aufschwungs. Die Krise war regelmäßig mehr hausgemacht als marktgetrieben und die Umsetzung der Sanierungslösung wurde nicht durch immer neue exogene Schocks gestört. „Mit der Vielzahl der Krisen werden Restrukturierungen nicht nur häufiger, sondern auch komplexer.“ Doch darauf sei er gefasst und will mit seinem Team bei den anspruchsvollen Fällen punkten.

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