Gewerbeimmobilien-Krise gefährdet deutsche Banken

Bei deutschen Banken läuten die Alarmglocken – die Immobilienkrise in den USA macht sich auch hierzulande bemerkbar und wird für einige Banken zu einem immer größeren Problem. Der Trend zum Homeoffice führt in den USA zu einer immer höheren Leerstandsquote bei Büroimmobilien. Die Leerstandsquote liegt nach Daten von Moody’s Analytics bei 19,6 Prozent.Das führte bereits zu Wertberichtigungen bei amerikanischen Banken wie jüngst bei der New York Community Bank. Doch auch im europäischen Finanzsystem macht sich Sorge breit, dass Kreditausfälle zunehmen werden. Die Sorge ist begründet: Deutsche Banken haben ein hohes Exposure in dem Bereich.Mit 285 Milliarden Euro an gewerblichen Immobilienkrediten machen deutsche Kreditgeber rund ein Fünftel der insgesamt 1,4 Billionen Euro an Krediten von EU-Banken aus, wie aus Daten der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hervorgeht.Gewerbeimmobilien: geringe Nachfrage, hohe KostenDie Immobilienbranche steckt in Deutschland in einer tiefen Krise, die Preise für Gewerbeimmobilien sanken 2023 nach Angaben des Bankenverbands VDP um 10,2 Prozent.Dabei leidet die Branche unter mehreren Faktoren. „Auch hierzulande gibt es wegen dem Homeoffice-Trend viele leerstehende Büroimmobilien. Hinzu kommen die gestiegenen Zinsen und die damit verbundenen deutlich teureren Finanzierungen“, ordnet Florian Forst, Head Financial Services Central Europe bei dem Beratungshaus Arthur D. Little, die Situation ein. Da Immobilienprojekte in der Regel mit sehr viel Fremdkapital finanziert und variabel verzinst seien, wäre die Situation besonders bitter.Ein Problem sei auch, dass viele Immobilien sich noch im Bau befinden. Das erschwere die Finanzierung für den Weiterbau und die Suche nach Mietern, sofern die Immobilie nicht in einer Toplage steht. Die Signa-Krise spiele ebenfalls eine große Rolle – „Signa ist in der Immobilienkrise bisher nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Forst. Vor allem die dadurch ausgelöste Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof würde viele Vermieter von Einzelhandelsimmobilien in Schwierigkeiten bringen. „Solche Immobilien anderweitig zu nutzen, ist schwierig. Der Umbau ist oft sehr komplex und kostspielig.“Pfandbriefbank besonders betroffenDurch die Krisensituation kommen vor allem Banken und Versicherer ins Schwitzen, die ein hohes Exposure in amerikanische Gewerbeimmobilien haben. Erste Auswirkungen zeigen sich bereits bei der deutschen Pfandbriefbank (PBB).Die PBB, einer der größten deutschen Immobilienfinanzierer, hat laut der Ratingagentur S&P in den USA rund 15 Prozent ihres Kreditvolumens vergeben. Das könnte die Risikokosten in den nächsten zwei Jahren stärker steigen lassen als bisher gedacht. Kürzlich verdoppelte die PBB ihre Risikovorsorge.Daraufhin kamen die Anleger im Februar ins Grübeln – es folgte ein Kursrutsch an der Börse und Leerverkäufer wetteten auf einen Kursverfall des Dax-Unternehmens. Zusätzlich soll laut einem Bericht von „Bloomberg“ Morgan Stanley in einem Investoren-Call zum Verkauf von Anleihen der Bank geraten haben. S&P stufte kürzlich die Kreditwürdigkeit der PBB herunter und gab ihr einen negativen Ausblick.Auch Deutsche Bank hat hohes EngagementNeben der PBB ist auch die Deutsche Bank stark am amerikanischen Büroimmobilienmarkt engagiert. Laut Daten der EBA ist die Bank hierzulande der größte Kreditgeber für den Sektor. Die blaue Bank gab bekannt, dass sie 17 Milliarden Euro an Krediten für den US-Gewerbeimmobilienmarkt vergeben hat. Zudem gehören laut der EBA auch die LBBW, BayernLB und Aareal Bank zu den großen Finanzierern.Das deckt sich mit FINANCE-Gesprächen mit Marktexperten, bei denen insbesondere die Namen Pfandbriefbank, Aareal Bank, aber auch HCOB als die Banken genannt wurden, die am meisten betroffen sind. Die HCOB ist auch Finanzierer von Signa-Immobilien.Rettungsaktionen bei Banken nicht ausgeschlossenLaut Forst, der vor allem Banken berät, hätten die meisten Geldhäuser zwar schon mehr Rückstellungen für Gewerbeimmobilien gebildet, diese seien aber bei vielen noch nicht groß genug. „Die Risikobewertung ist sehr schwierig, weil es aufgrund der geringen Transaktionsvolumen wenig Vergleichsdatenpunkte gibt.“ Banken, die ein breiteres Portfolio haben, wie die Deutsche Bank, könnten die Gefahr abwenden, schätzt er. Vor allem Monoliner seien gefährdet.Im Zuge einer sich für die Banken zuspitzenden Situation hält Forst auch Rettungsübernahmen, wie im vergangenen Jahr bei der Credit Suisse durch die UBS für nicht ausgeschlossen. „Die übernehmende Bank müsste sich dann aber gut überlegen, ob sie sich solche Immobilienrisiken ins Haus holen will.“Banken müssen Wertberichtigungen machenWie geht es nun weiter? Viele hoffen auf eine Zinssenkung, die die Kostenlast reduzieren würde. „Die Kostenlast könnte man auch über die Restrukturierung, zum Beispiel durch die Verlängerung der Kreditlaufzeiten besser verteilen. Das Problem liegt woanders“, ist Forst überzeugt. Demnach müssten Banken, die Immobilienkredite haben, eine harte Wertberichtigung durchführen. Ein Schritt, vor dem die meisten Banken noch zurückschrecken würden.Doch auch wenn die Banken handeln würden, gebe es eine weitere Hürde. Aufgrund der guten Entwicklung der vergangenen Jahre hätten viele Banker nicht mehr die Skills, eine richtige Risikobewertung durchzuführen. Auch der Workout-Bereich (Kreditabwicklung) sei bei einigen Banken deutlich zurückgefahren worden.Solche Skills sind derzeit unerlässlich. Denn Forst meint, dass wir erst am Anfang der Krise stehen. „Es wird eine deutlich hohe Belastung für das deutsche Finanzsystem geben.“

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