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Puma-Chef Gulden geht zu Adidas

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Harm Ohlmeyer wird für rund zwei Monate den Adidas-Konzern leiten. Danach übernimmt noch Puma-Chef Gulden. Foto: Adidas.
Harm Ohlmeyer wird für rund zwei Monate den Adidas-Konzern leiten. Danach übernimmt noch Puma-Chef Gulden. Foto: Adidas.

Puma-Chef Björn Gulden wechselt zum größten Konkurrenten Adidas. Nachdem der Norweger schon vergangene Woche angekündigt hatte, den von Adidas nur wenige Meter entfernten Sportartikelhersteller zu verlassen, gab es bereits Vermutungen, dass er zu Adidas wechseln will. Adidas bestätigte die Gespräche. Nun ist offiziell, dass er zum neuen Jahr Vorstandschef wird.  

„Ich habe noch sehr viel Energie für eine operative Rolle für die nächsten fünf bis zehn Jahre, aber das wäre für Puma zu lange gewesen“, befeuerte Gulden vergangene Woche die Wechselgerüchte. 

Adidas-Vorstandschef Kasper Rorsted hatte seinen Weggang bereits im August angekündigt. Eigentlich wollte er erst im nächsten Jahr gehen, nun scheidet er schon Ende dieser Woche aus. „Wir danken Kasper Rorsted für seine großen Verdienste. Er hat in seiner Amtszeit seit 2016 das Unternehmen strategisch neu ausgerichtet und die digitale Transformation des Unternehmens maßgeblich vorangetrieben“, sagt Aufsichtsratschef Thomas Rabe. Bis der 57-jährige Gulden anfängt wird CFO Harm Ohlmeyer die Herzogenauracher führen.

Aktionäre begrüßen Adidas-Chefwechsel

Schon vor der offiziellen Bestätigung feierten die Aktionäre den vermuteten Chefwechsel. Das Papier stieg zwischenzeitlich um 30 Prozent. Am heutigen Dienstag lag der Kurs bei rund 117 Euro. Wobei die Aktie vor rund einem Jahr noch bei fast 300 Euro notiert hatte.

Auch mehrere Analystenstimmen sprachen sich schon vor der Bestätigung für den Puma-Chef aus. „Björn Gulden hatte hohes Ansehen als Puma-Chef, er war entscheidend für den Turnaround dort und die Markenstärke von Puma“, sagt Stifel-Analyst Cedric Lecasble. Ingo Speich, Leiter Corporate Governance von Deka Investment, erläuterte gegenüber Bloomberg, dass Gulden ein Segen für Adidas sei, er bringe das nötige Wissen und die Erfahrung für die Märkte wie den Kapitalmarkt mit. Der Puma-Chef habe das kleine Unternehmen zu einem der stärksten in der Branche gewandelt, sagte Thomas Jökel, Fondsmanager von Union Investment.

Ein großer Karriere-Meilenstein von Gulden war zum Beispiel der Dax-Einstieg. Im Zuge der Dax-Reform im September 2021 stieg Puma damals mit einem Kurs von rund 100 Euro in die oberste Börsenliga – wo Konkurrent Adidas schon länger ist – auf. Mittlerweile hat sich jedoch auch der Puma-Kurs rund halbiert. Bei Puma steht mit sofortiger Wirkung Chief Commercial Officer Arne Freundt an der Spitze. Er sollte die CEO-Position eigentlich erst ab Januar 2023 besetzen.

Gulden war schonmal bei Adidas

Der designierte Adidas-Chef Gulden kennt nicht nur die Sportmodewelt gut, sondern auch den Konzern. Von 1992 bis 1999 war er unter anderem als Senior Vice President of Apparel and Accessories bei Adidas tätig. Danach hatte er Chef-Positionen bei dem Schmuckhersteller Pandora, den Schuheinzelhändlern Deichmann und Rack Room Shoes sowie der Outdoormarke Helly Hansen inne.

Der Ex-Fußball und – Handballerprofi wird seine Puma-Karriere zudem mit einem Rekordquartal abschließen. Im dritten Quartal steigerte der Konzern die Umsätze währungsbereinigt um 17 Prozent auf 2,35 Milliarden Euro. Wenige Meter weiter sieht es dagegen ganz anders aus.

Adidas halbiert Gewinn im Vergleich zum Vorjahr

Eine neue Perspektive eines erfahrenen Managers würde Adidas guttun, bei dem Konzern kriselt es schon länger. So kassierte der Sportartikelhersteller innerhalb von drei Monaten gleich zweimal seine Prognosen. Die jüngsten Quartalszahlen zeigen ein bitteres Bild.

Laut vorläufigen Ergebnissen für das dritte Quartal stieg der Umsatz zwar um 11 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro, der Gewinn ging aber  im Vergleich zum Vorjahresquartal um mehr als die Hälfte zurück. So verbuchte Adidas 179 Millionen Euro, in Q3 2021 waren es 479 Millionen Euro. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet der Konzern einen Umsatzanstieg im mittleren einstelligen Prozentbereich. Statt wie zuerst erwartet werde der Gewinn jedoch nicht 1,3 Milliarden Euro betragen, sondern rund 500 Millionen Euro.

„Der neue Ausblick des Unternehmens spiegelt eine weitere Verschlechterung der Trends in Bezug auf das Kundenaufkommen in China sowie einen deutlichen Anstieg der Lagerbestände in wichtigen westlichen Märkten infolge der seit Anfang September gesunkenen Verbrauchernachfrage wider“, kommentiert Adidas die Jahresprognose. Auch eine Mehrfachaufwendung von 500 Millionen Euro als Folge des Ausstiegs aus dem Russland-Geschäft belastet die Bilanz ebenso, wie die beendete Kooperation mit dem Rapper Kanye West.

Adidas könnte A2-Rating verlieren

Eine erste Konsequenz zieht bereits die Ratingagentur Moody’s. Vor wenigen Tagen änderte sie den Ausblick des mittleren Investment-Grade-Ratings A2 von stabil auf negativ. Die Änderung des Ausblicks gehe auf den deutlichen Rückgang der Profitabilität in diesem Jahr und das immer schwieriger werdende makroökonomische Umfeld zurück, sagte Moody’s-Analyst Guillaume Leglise. „Das Unternehmen sieht sich mit hohen Lagerbeständen und einer schwachen Verbrauchernachfrage in Europa und den USA konfrontiert, während die Handelsbedingungen in China weiterhin schwierig sind. All dies wird die Gewinnverbesserung in den nächsten zwölf bis 18 Monaten einschränken und wahrscheinlich zu einem Abwärtsdruck auf das Rating führen“, fügt er hinzu.

Somit wackelt das Moody’s-Rating. Laut den Analysten könnte Adidas in den nächsten zwölf bis 18 Monaten nicht in der Lage sein, die für das Rating nötigen Kreditkennzahlen zu halten. Dabei geht es speziell um den Verschuldungsgrad. Moody’s geht davon aus, dass der Verschuldungsgrad (Moody’s-bereinigtes Verhältnis von Bruttoverschuldung zu Ebitda) noch in diesem Jahr einen Höchstwert von etwa 3,0x erreichen wird und damit den Schwellenwert von 2,5x überschreitet.

Doch es gibt auch einen Lichtblick. Laut Moody’s könnte die höhere Nettoverschuldung nur vorübergehend sein, unter anderem wegen der Mehrfachaufwendung von 500 Millionen Euro. 2023 sollten sich solche Kosten nicht wiederholen, was eine Verbesserung der Erträge und einen gewissen Abbau des Verschuldungsgrads in Richtung 2,5x begünstigen dürfte. Doch auch dann wird in Zeiten von Energiekrise, Zinswende und Co. Neu-CEO Gulden alle Hände voll zu tun haben.

Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Backhaus ist spezialisiert auf die Themen Restrukturierung, Transformation, Zahlungsverkehr und Cash Management. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalistin für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.