So turbulent verlief die Hauptversammlung bei Creditshelf

Der verbliebene Börsenmantel des insolventen Fintechs Creditshelf hat einen neuen Aufsichtsrat: Nach einer mehr als sechsstündigen außerordentlichen Hauptversammlung, die von vielen Pausen geprägt war, haben die Aktionäre von Creditshelf vergangenen Freitag mehrheitlich für die Anträge des Aktionärs PVM Media gestimmt, der im Februar rund 20 Prozent der Anteile erworben hatte. Der Aufsichtsrat wird demnach von fünf auf drei Mitglieder verkleinert, der bis zur Hauptversammlung aus Rolf Hentschel, Julia Heraeus-Rinnert, Dirk Schiereck und Britta Becker bestehende Aufsichtsrat wurde abberufen. Neu in den Aufsichtsrat gewählt wurden dafür Sascha Magsamen, Vorstand der PVM Media, die die außerordentliche Hauptversammlung einberufen hatte, Sandra Münstermann, Head of Instutional Client Management bei der DZ Bank sowie Hans-Georg Möckesch, von der Kommunikationsagentur PR Partner Societät für Öffentlichkeitsarbeit. Ex-Aufsichtsratschef Hentschel zieht zurück Ursprünglich hatte auch der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Rolf Hentschel zur Wahl gestanden. Dieser hatte aber im Verlauf der turbulenten Hauptversammlung seine Entscheidung revidiert und trat nicht mehr zur Wahl an. Der Hauptversammlung war eine Auseinandersetzung zwischen PVM Media und dem Vorstand von Creditshelf vorausgegangen. PVM Media will den Verkauf der wesentlichen Assets von Creditshelf an das Schweizer Fintech Teylor von einem Sonderprüfer kontrollieren lassen. Dagegen wehrte sich der Vorstand und ließ per einstweiliger Verfügung die ursprünglich vorgesehenen Punkte 4 und 5 vorerst von der Tagesordnung streichen. In diesen hatte PVM Media die Einsetzung eines Sonderprüfers beantragt, der die Vorgänge um das Schutzschirmverfahren und den Verkauf an Teylor unter die Lupe nehmen sollte. In einer weiteren Sonderprüfung sollten die Geschäfts- und Leistungsbeziehungen zwischen Teylor und dem vorherigen Aktionär Obotritia Capital in Augenschein genommen werden. Versammlungsleiter tritt konfrontativ auf Carola Rinker, die als Vertreterin der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) der Hauptversammlung beiwohnte, beschreibt das Auftreten des Versammlungsleiters und ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Rolf Hentschel zu Beginn der Versammlung als konfrontativ. „Er erweckte nicht den Eindruck, Interesse am Austausch mit den Aktionären zu haben.“ Gegenüber Stefan Magsamen sei er sehr reserviert gewesen. So habe er Magsamen zunächst nicht zu Wort kommen lassen. Dessen Bitte, auf dem Podium sitzen zu dürfen, wurde zwar stattgegeben, allerdings erhielt er als Einziger kein Namensschild. Insgesamt sei die Hauptversammlung von vielen Pausen geprägt gewesen. Demnach haben sich der alte Aufsichtsrat, der Vorstand und der Anwalt der Gesellschaft immer zur Beantwortung der Fragen zurückgezogen. Die Pausen der etwas mehr als 6 Stunden dauernden Hauptversammlung betrugen rund zweieinhalb Stunden. Teylor zahlt hohen sechsstelligen Betrag Doch die Antworten förderten einige interessante Details ans Tageslicht. So berichtete CEO Tim Thabe laut Rinker, dass die Börsennotierung Creditshelfs Suche nach einem neuen Investor sehr erschwert habe. Die vom Vorstand beauftragte M&A-Beratung Saxenhammer habe in Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss mehr als 300 Parteien angesprochen, doch Teylor sei der einzige Bieter gewesen und schließlich im Zuge eines Asset-Deals den Zuschlag bekommen. Creditshelf selbst ist nur noch eine leere Börsenhülle, deren Verkauf zurzeit geprüft wird. Das Frankfurter Fintech Creditshelf war Anfang Februar in finanzielle Schieflage geraten und in ein Schutzschirmverfahren gerutscht. Die einstige Gesellschafterin Obotritia Capital um den umstrittenen Aktionär Rolf Elgeti war zuvor ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Kreditvermittlungsplattform nicht nachgekommen. Die aktuellen Forderungen gegenüber Elgeti und Obotritia sollen sich auf 470.000 Euro belaufen. Der Kaufpreis, den Teylor für die Assets zahlte, habe laut Thabe im hohen sechsstelligen Bereich gelegen, den genauen Betrag konnte er aufgrund einer Vertraulichkeitsvereinbarung nicht nennen, die mit dem Käufer Teylor geschlossen worden sei. Creditshelf sucht noch nach einem Abschlussprüfer Thabe gab auch Auskunft über die gezahlten Beraterhonorare, die demnach zwischen 30.000 und 40.000 Euro betragen haben, sowie die aktuelle Vorstandsvergütung. Diese liege während des Schutzschirmverfahrens für die Vorstände Tim Thabe und Daniel Bartsch bei 5.000 Euro im Monat. Die Aufsichtsräte gingen 2023 dagegen leer aus. Ihre Vergütung von 20.000 Euro pro Mitglied und 40.000 Euro für den Vorsitzenden sind Teil der Insolvenztabelle. Es steht zudem noch die Veröffentlichung des Jahresabschlusses 2023 aus. Creditshelf hatte im April per Ad-hoc-Mitteilung die Verzögerung mit zusätzlichem Zeitbedarf aufgrund des Insolvenzverfahrens begründet, außerdem habe das zuständige Gericht noch keinen Wirtschaftsprüfer bestellt, hieß es damals. Thabe erklärte am Freitag, dass Grant Thornton, die von der Hauptversammlung zum Abschlussprüfer gewählt wurden, das Mandat doch nicht ausüben wollten. Grant Thornton kommentierte die FINANCE-Anfrage, ob die Aussagen korrekt sind, sowie nach den möglichen Gründe für die Ablehnung nicht. Aufgrund der Verschwiegenheitspflicht dürfen Wirtschaftsprüfer zu Mandanten keine Auskunft geben. Stattdessen soll First Advisory als Wirtschaftsprüfer vorgeschlagen worden sein. Gegen 15.35 Uhr beantragte ein Vertreter von PVM Media die Einberufung einer weiteren außerordentlichen Hauptversammlung, auf der dann über die Sonderprüfungen abgestimmt werden soll. Darüber hinaus soll ein besonderer Vertreter für diese gewählt werden. Die Hauptversammlung stimmte dem Antrag zu. Die Vorstände Thade und Bartsch sowie die abberufene Aufsichtsrätin Heraeus-Rinnert gaben ihren Widerspruch zu Protokoll. Der Zank um die Börsenhülle Creditshelf geht also in die nächste Runde.

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