Tibor Kossa: Der Social Guy von Goldman Sachs

Der Regen prasselt leise, aber regelmäßig an die Scheiben des Konferenzraums im 34. Stock des Marienturms in Frankfurt. Der Himmel über der Mainmetropole ist grau an diesem Abend Ende Juli, an dem Goldman Sachs zum Top-Dealmaker-Interview einlädt. Tibor Kossa grüßt herzlich, als er den Raum betritt. Er leitet das Investmentbanking der Bulge-Bracket-Bank in Deutschland und Österreich seit gut einem Jahr gemeinsam mit seinem Kollegen Jens Hofmann – und er hat es mit seiner Arbeit im vergangenen Jahr in die Liga der Top Ten Investmentbanker in der DACH-Region geschafft, unter anderem mit der Beratung beim Verkauf von DB Schenker an DSV. Info Infobox: Dieser Artikel ist der achte Teil der neuen Staffel unserer Serie „Deutschlands Top-Dealmaker“, in der wir Ihnen die Macherinnen und Macher hinter den spannendsten Deals in der Bundesrepublik vorstellen. Seien Sie gespannt! Hier finden Sie die Teile der vergangenen Staffeln sowie alle künftigen Top-Dealmaker. Tibor Kossa musste sich schon früh beweisen Warum es Kossa auf seine aktuelle Position geschafft hat und dort genau richtig ist, merkt man, wenn man ihn näher beobachtet und länger mit ihm spricht. Auf den ersten Blick wirkt er wie ein gewöhnlicher Investmentbanker mit seinem dunkelblauen Anzug sowie dem fokussierten und professionellen Auftreten. Doch dann fallen Kleinigkeiten auf, die ihn von anderen Top-Dealmakern der Bundesrepublik unterscheiden. Bei der Begrüßung nennt er den Namen des Gegenübers – eine kleine Geste der Aufmerksamkeit. Ebenso wie das Handy, das er mit dem Bildschirm nach unten auf den Konferenztisch legt, und damit signalisiert: „Ich bin aufmerksam.“ Das für M&A-Berater übliche Namedropping fehlt bei ihm angenehmerweise gänzlich. Im Gespräch fällt kein einziger Unternehmensname. Kossa will mit Inhalten überzeugen, nicht mit großen Worten. Das hat er schon früh gelernt, wie er im Gespräch mit FINANCE berichtet: „Während meiner Karriere wurde ich immer wieder ins kalte Wasser gestoßen. So auch, als ich als junger Banker meine ersten M&A-Projekte verantwortet habe. Damals musste ich mich bei Kunden erst beweisen, weil mich manche aufgrund meiner fehlenden Seniorität zunächst oft kritisch beäugt haben.“ Schnell wurde ihm klar: In dieser Branche gibt es keinen Vertrauensvorschuss, man muss sich den Respekt hart erarbeiten. Was dabei hilft? „Extrem gut vorbereitet sein und die Fakten kennen“, sagt Kossa. Mehr zum Thema Hengeler-Anwalt „Hansi“ Ziegenhain: Eine M&A-Legende tritt ab Wie der bayerische Molkereisohn Hans-Jörg Ziegenhain zu einem der führenden deutschen Dealmaker wurde und was der DB-Schenker-Verkauf für den Hengeler-Anwalt bedeutete. Teil 6 der Dealmaker-Serie. Mehr lesen Unternehmensberatung und Big Four waren nichts für Kossa Daran hält sich der Goldman-Sachs-Banker bis heute. Und es ist genau diese Herausforderung im Beruf, die er braucht und die ihm besonders Spaß bereitet: „Das Investmentbanking bietet mir ein breites Spektrum an Aufgabenbereichen und ich treffe sehr viele unterschiedliche, interessante Menschen. Auf beides muss man sich immer wieder neu einstellen, aber das macht es auch so spannend.“ Dabei versuchte er sich nach dem BWL-Studium zunächst an anderen Disziplinen, merkte aber schnell, dass diese nicht das Richtige für ihn waren. „Ich interessierte mich für Wirtschaft und Finanzen, den Kapitalmarkt, aber auch Statistik“, erzählt der 47-jährige Banker, der ursprünglich aus Freising kommt. Da sein Studium viele berufliche Optionen offenhielt, testete Kossa unterschiedliche Bereiche aus. Als Erstes zog es ihn für ein Praktikum zu einer Unternehmensberatung für den Finanzdienstleistungssektor, doch dort fehlten ihm „die Analysetiefe sowie der direkte Einfluss und die Sichtbarkeit von Entscheidungen“. Sein nächstes Praktikum bei einer Big-Four-Gesellschaft im Bereich Corporate Finance und Valuation brachte ihn näher an das Thema M&A. Doch dort waren ihm die Tätigkeiten nach eigener Aussage zu einseitig. Kossa startete Investmentbanking-Karriere bei Credit Suisse Der dritte Anlauf war schließlich von Erfolg gekrönt: Ein Praktikum im Investmentbanking bei Credit Suisse First Boston bescherte Kossa den „Aha-Moment“, wie er es beschreibt: „Das war für mich die perfekte Mischung aus strategischem und analytischem Denken, Kapitalmarktnähe, Interaktion mit interessanten Persönlichkeiten – und am Ende ist auch immer etwas passiert.“ Was Kossa damit meint: Am Ende eines Projekts stand im Idealfall ein abgeschlossener Deal, im Gegensatz zu anderen Beratungsdisziplinen, bei denen man zwar auch strategisch berät, aber am Ende oft keine konkrete Umsetzung sieht. So stieg er im Jahr 2002 als Analyst bei der Credit Suisse ein. Allerdings mit dem Plan, zunächst drei Jahre im Banking zu bleiben und dann zu schauen, wohin die Reise geht. Aus den drei Jahren sind mittlerweile 23 geworden. „Das hält meine Frau mir immer noch vor“, scherzt Kossa, der im persönlichen Gespräch immer mal wieder einen Witz macht, ab und zu auch mal herzlich lacht und damit die Stimmung auflockert. Mit seiner Ehefrau, die er aus dem Studium kennt, habe er den Drei-Jahres-Plan damals besprochen. Mehr zum Thema Rothschild-Banker Martin Suter: „Ich strebe nicht nach Leuchtturm-Deals“ Angefangen in der Wirtschaftsprüfung, heute Dealmaker für Private Equity: Die Vita von Rothschild-Banker Martin Suter macht ihn für Finanzinvestoren zum begehrten Berater. Teil 5 der Dealmaker-Serie. Mehr lesen Kossa und Droege: das Dream-Team von Goldman Sachs Bei der Credit Suisse arbeitete sich Kossa bis zum Managing Director hoch – 2015 erhielt er den Titel – und war dort zuletzt für das M&A-Geschäft in Deutschland und Österreich verantwortlich. Bemerkenswert: Die Position erreichte er mit gerade einmal 35 Jahren. 2018 folgte der Wechsel zu Goldman Sachs, wo er Co-Head des M&A-Geschäfts für Deutschland und Österreich wurde. Die Rolle teilte sich der Dealmaker bis April vergangenen Jahres mit Christopher Droege, im Mai folgte die nächste Beförderung: Im Zuge des Wechsels von Alexander Mayer zu JP Morgan stieg Kossa zum Co-Leiter des Investmentbankings in Deutschland und Österreich auf. Droege leitet das deutsche und österreichische M&A-Geschäft seitdem alleinverantwortlich. Dennoch treten Kossa und Droege vor allem vor Finanzjournalisten meistens im Doppelpack auf, und zwar immer dann, wenn wieder der halbjährliche Investmentbanking-Roundtable mit einem aktuellen M&A-Marktupdate ansteht. Dass Kossa gut im Umgang mit Menschen ist, spürt man auch im Gespräch. Er nimmt sich selbst nicht zu ernst, auch, „weil man sich damit oft nur selbst im Weg steht“. Die beiden Dealmaker sind ein eingespieltes Duo, Droege gilt eher als der Analytiker, Kossa als der Soziale der beiden Banker, urteilen Wegbegleiter. Dass Kossa gut im Umgang mit Menschen ist, spürt man auch im Gespräch. Er nimmt sich selbst nicht zu ernst, auch, „weil man sich damit oft nur selbst im Weg steht“. Wichtig ist dem Goldman-Sachs-Berater zudem, dass man hinter dem steht, was man sagt, und gewissenhaft und ehrlich arbeitet. „Man muss bestmöglich und hart für den Klienten verhandeln, allen Parteien nach einem abgeschlossenen Projekt aber jederzeit weiter in die Augen schauen können. Man darf keine verbrannte Erde hinterlassen“, ist Kossa überzeugt. Ein fairer und respektvoller Umgang zahle sich langfristig für die Bank – und auch für einen persönlich – aus. Kossa bleibt seinen Prinzipien treu Ein einschneidender Moment seiner Karriere war, als er bei einem Mandat persönlich angegangen wurde. In dem M&A-Prozess, der sich in ein Wettbieten um ein Unternehmen entwickelt hatte, habe die Gegenseite ihm und seinem Team unlauteres Vorgehen vorgeworfen. Am Ende erwiesen sich die Vorwürfe als nicht haltbar. Obwohl der Fall eine Ausnahme war, wie Kossa berichtet, spürt man beim Zuhören: Der Berater weiß, dass auch solche Momente zum Beruf dazugehören können. Fair sind sie dennoch nicht. Daher verlässt sich der Dealmaker stets auf seine Fähigkeiten: „Letztlich geht es darum, Vertrauen zum Klienten aufzubauen, damit er unseren Rat versteht und ihm guten Gewissens folgen kann. Dafür muss man klar, strukturiert und faktenbasiert argumentieren.“ Vor allem aber müsse man transparent machen, was mit Blick auf die Einschätzung einer Situation tatsächlich Fakten, was Annahmen, und was Faktoren sind, die man schlichtweg nicht kennt. Diese Transparenz ist aus Kossas Sicht für eine gute Beratung notwendig, und sie ist zugleich für die Highlights in seiner Berufslaufbahn verantwortlich: „Es gibt nicht die eine Transaktion, die ich herausstellen möchte. Es sind vielmehr die vielen einzelnen Momente, in denen man Klienten geholfen hat, die richtige Entscheidung zu treffen, die mir Freude bereiten.“ Und es steht außer Frage: Kossas Karriere wird noch viele weitere solcher Momente bereithalten.

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