Um das Thema Geldwäsche kommen Top-Manager nicht mehr herum. Zwei Beispiele aus Deutschland aus dem vergangenen Jahr: Gegen die Commerzbank wurden Strafzahlungen in Höhe von 1,45 Milliarden US-Dollar im Zusammenhang mit Verstößen gegen Sanktionen und Fällen von Geldwäsche verhängt. Und erst kürzlich hat das gegen die Deutsche Bank eröffnete Verfahren wegen Sanktionsverletzungen dazu geführt, dass sechs Mitarbeiter ihre Jobs verloren, gegen drei weitere disziplinarische Maßnahmen eingeleitet wurden und die Bank 258 Millionen US-Dollar Strafe zahlen musste.
Nun bekommt das Thema durch ein neues Gesetz zusätzliche Brisanz. Die 4. EU-Anti-Geldwäsche-Richtlinie wurde erarbeitet, um die Finanzkriminalität in der Staatengemeinschaft weiter zu reduzieren und grenzüberschreitende Kontrollen zu verbessern. Die Richtlinie wurde durch das Europäische Parlament im Mai 2015 verabschiedet, die EU-Mitgliedsstaaten haben bis Juni 2017 Zeit für die Umsetzung der erforderlichen Änderungen.
Die wichtigste Änderung, die die 4. EU-Anti-Geldwäsche-Richtlinie für CFOs und alle anderen Top-Manager mit sich bringt, besteht nun auch in der persönlichen strafrechtlichen Haftbarkeit. Das heißt, dass Top-Manager im Gefängnis landen können, wenn sie Finanzkriminalität in ihrem Unternehmen dulden oder übersehen.
Außerdem drohen jetzt höhere Geldstrafen. Diese betragen mindestens 1 Million Euro und steigen auf mindestens 5 Millionen Euro oder Sanktionen in vergleichbarer Höhe in Fällen, wo bei den Verstößen Institutionen des Kredit- oder Finanzwesens involviert sind.
Wie können CFOs und Compliance-Verantwortliche reagieren?
Um das Risiko von Geldstrafen und Strafverfolgung zu vermeiden, müssen CFOs und die Compliance-Verantwortlichen innerhalb ihrer Firmen eine Reihe von Verfahren etablieren, einschließlich eines wirksamen Systems zur Risikobeurteilung. Wenn ein Unternehmen im Verdacht steht, an Finanzkriminalität oder Geldwäsche beteiligt zu sein, wird für die Verteidigungsstrategie der Nachweis ausschlaggebend sein, in welchem Umfang geeignete Schritte der Sorgfaltspflicht gegenüber des Kunden unternommen wurden und welche Kontrollen eingeführt wurden, um das Risiko einer Strafverfolgung zu eliminieren. Die Ermittler werden solche Nachweise überprüfen und bei der Urteilsfindung berücksichtigen.
Maßnahme 1: Größere Sorgfaltspflicht gegenüber Kunden
Um den Anforderungen der 4. EU-Anti-Geldwäsche-Richtlinie zu genügen, ist ein verbesserter risikobasierter Ansatz in der Sorgfaltspflicht gegenüber Kunden und Geschäftspartnern erforderlich, wobei Länder, Branchen, Produkte und Kunden mit erhöhtem Risikopotenzial auch verstärkte Anstrengungen verlangen. CFOs müssen dazu das mit bestimmten Transaktionen und Aktivitäten verbundene Risiko feststellen und dementsprechend die Verfahren anpassen, wobei in stärker risikobehafteten Fällen verschärfte Maßnahmen zu treffen sind.
Maßnahme 2: Zugang zum Register des wirtschaftlichen Eigentums
Gemäß der 4. EU-Anti-Geldwäsche-Richtlinie sind die Unternehmen aufgefordert, alle Personen zu identifizieren, die wirtschaftliche Eigentümer sind, und darüber eine entsprechende Liste mit ihren Beteiligungen zu führen. Im Zusammenhang mit der Geldwäschebekämpfung ist wirtschaftlicher Eigentümer eines Unternehmens, wer direkt oder indirekt mindestens 25 Prozent Anteile hält. Diese Informationen über das wirtschaftliche Eigentum werden künftig in einem zentralen Register bereitgestellt, zu dem die zuständigen Behörden und Meldestellen unbegrenzten Zugang erhalten.
Darüber hinaus können auch Banken und alle zur Geldwäschebekämpfung verpflichteten Institutionen sowie andere autorisierte Einrichtungen entsprechend der individuellen Regelungen des jeweiligen Mitgliedstaates Zugriff auf diese Registrierung erhalten.
Maßnahme 3: Reputationsrisiko und Risikomanagement
Abgesehen von den enormen rechtlichen und persönlichen Risiken, die sich aus der 4. EU-Anti-Geldwäsche-Richtlinie für leitende Entscheidungsträger ergeben, besteht für diese bei Zuwiderhandlungen ein hohes Reputationsrisiko. Unabhängig davon, ob ein Unternehmen schließlich als schuldig befunden wird oder nicht, ist es für die Beteiligten unvorteilhaft, mit irgendeiner Form von Finanzkriminalität oder Geldwäsche in Verbindung gebracht zu werden.
CFOs müssen sich ihrer neuen Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten durch die neue Richtlinie bewusst sein und die notwendigen Schritte zur Begrenzung ihre Risikoexposition veranlassen. Auch Compliance-Verantwortlichen innerhalb einer Organisation können gegen die Gesetzgebung verstoßen, wenn sie versäumt haben, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Finanzkriminalität zu ergreifen. Im schlimmsten Fall können den Hauptangeklagten neben empfindlichen Geldstrafen auch Haftstrafen drohen.
Info
Zu den Autoren: Jennifer Hanley-Giersch ist Managing Partner von Berlin Risk und Vorstandsmitglied der Deutschland-Vertretung des Anti-Geldwäsche-Verbands ACAMS (Association of Certified Anti-Money Laundering Specialists). Angela Salter ist Head of Europe von ACAMS.
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