Die zahlreichen Initiativen von Auslandsbanken im deutschen Firmenkundengeschäft tragen Früchte: Inzwischen stehen ausländische Banken für 11,3 Prozent des hiesigen Unternehmenskreditvolumens. Damit sind Auslandsbanken für den deutschen Kreditmarkt so wichtig wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Das geht aus einer Analyse der Finanzierungsberatung FCF Fox Corporate Finance hervor.
Demnach haben die Auslandsbanken hierzulande insgesamt aktuell 104 Milliarden Euro an Krediten an Unternehmen ausgereicht. Das ist ein neuer Rekordwert: 2008 hatten die Kreditvolumina laut FCF schon einmal 98 Milliarden Euro erreicht, bis 2014 reduzierten die Häuser die an deutsche Firmen vergebenen Darlehen dann jedoch wieder auf 64 Milliarden Euro. Der Marktanteil der Auslandsbanken sank zwischenzeitlich auf 8,7 Prozent.
Auslandsbanken wachsen deutlich über Branchenschnitt
Doch seither zeigt der Trend nahezu stetig wieder nach oben: „Auslandsbanken haben in den letzten vier Jahren ihren Marktanteil systematisch ausgebaut“, sagt Arno Fuchs, CEO von FCF Fox Corporate Finance. Allein im Zeitraum von Ende März 2018 bis Ende März 2019 weiteten die ausländischen Institute ihre Kreditvergabe um 13,3 Prozent aus.
Vergleichsweise spendabel war mit einer Steigerung des Kreditvolumens um 9,5 Prozent auch der genossenschaftliche Bankensektor, während die Landesbanken mit einem Plus von lediglich 4,7 Prozent am unteren Ende der Skala rangieren.
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BNP Paribas gilt als besonders kreditvergabewillig
Die Studienergebnisse decken sich auch mit der aktuellen FINANCE-Bankenumfrage, die den Auslandsbanken ebenfalls eine starke Position bescheinigt: Demnach nehmen die befragten 167 CFO und Treasury-Chefs Auslandsbanken zuletzt als stark engagiert im Kreditgeschäft wahr. Als besonders kreditvergabewillig gilt unter den ausländischen Instituten demnach die BNP Paribas. Sie erhält auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 10 für ein sehr starkes Engagement steht, den Score 6,84. Es folgen die HSBC (6,38) und die ING (6,36).
Allerdings ist fraglich, ob das Kalkül der Auslandsbanken hinter der expansiven Kreditvergabe aufgeht: Sie wollen so Zusatzgeschäft generieren, denn im klassischen Kreditgeschäft sind die Margen im aktuellen Zins- und Wettbewerbsumfeld gering. Im Hausbanken-Ranking und in den einzelnen Produkt-Rankings rangieren die Auslandsbanken aber nach wie vor eher auf den hinteren Plätzen.
Das bekommt etwa die HSBC zu spüren: Die britische Großbank hatte ihr Kreditbuch in Deutschland zuletzt drastisch ausgeweitet. Von 2014 – als die Bank ihre Mittelstandsoffensive ausgerufen hatte – legte es bis 2018 um insgesamt 120 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro zu. So konnte die HSBC ihren Zinsüberschuss steigern, allerdings zogen die Provisionserträge aus Folgegeschäften nicht so sehr an wie erhofft.
US-Banken drängen auf deutschen Markt
Für CFOs und Treasurer ist die Offensive der Auslandsbanken zunächst eine erfreuliche Entwicklung, erhöht sie doch den Wettbewerb der Häuser untereinander und sorgt so für geringere Kosten auf Unternehmensseite. Allerdings mahnen Experten auch zur Vorsicht: Die „sehr prozyklische Vergabepraxis der Auslandsbanken“ trage „entscheidend zu den prozyklischen Tendenzen im deutschen Kreditmarkt bei“, so FCF-Chef Arno Fuchs.
In naher Zukunft dürfte sich dieser Trend sogar noch verstärken. Denn neben den europäischen Häusern steigen jetzt zunehmend auch die US-Banken ins Kreditgeschäft mit deutschen Kunden ein. So hat beispielsweise JP Morgan gerade ein Team aufgebaut, um mittelständische Firmenkunden zu adressieren.
Selbst die US-Bank Goldman Sachs, die in der Vergangenheit als sehr restriktiver Geldgeber wahrgenommen wurde, öffnet sich eigenen Angaben zufolge: In Sachen Kreditvergabe habe „ein Umdenken in der Bank stattgefunden“, erklärte Firmenkundenbanker Jens Hofmann vor einigen Monaten im FINANCE-Interview. Die Kreditströme aus den Auslandsbanken dürften für deutsche Firmenkunden so schnell nicht versiegen.
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