Sollten daran Zweifel aufgekommen sein, hat der neue Deutschlandchef Lutz Diederichs sie heute gründlich zerstreut: BNP Paribas will in allen bestehenden Segmenten deutlich wachsen. Bis 2020 sollen die Umsätze der französischen Großbank in Deutschland um 8 Prozent auf 2 Milliarden Euro steigen – damit hätte das Deutschlandgeschäft für BNP Paribas den Status eines Heimatmarkts. Zum Vergleich: 2016 lagen die im Banking auch als „Erträge“ oder „Revenues“ bezeichneten Umsätze noch bei 1,5 Milliarden Euro.
Diederichs, der bis zu seinem Antritt bei BNP Paribas als Firmenkundenvorstand der Unicredit Deutschland (Hypovereinsbank) aktiv war, bezeichnet dieses Ziel zwar als „ambitioniert“ und verweist auf den allgemeinen deutschen Bankenmarkt, der bei einem Umsatzpool von rund 60 Milliarden Euro aktuell maximal um 1 Prozent wachse. Allerdings liege das angestrebte Wachstum auf Linie mit den vergangenen Jahren, in denen die Bank hierzulande auch jeweils 8 Prozent zulegen konnte.
Firmenkundengeschäft als Wachstumstreiber
Die von Diederichs als „Dickschiffe“ bezeichneten wichtigsten Wachstumstreiber hierzulande seien das von Torsten Murke verantwortete Corporate- und Investmentbanking (CIB) und das in der Consors Finanz gebündelte Konsumentenkreditgeschäft. Diederichs betonte, dass die BNP in erster Linie eine Commercial Bank sei. Das Investmentbanking innerhalb des CIBs sei zwar „wichtig“, aber nicht „dominant“. In der gesamten Gruppe stand das CIB 2016 für rund ein Viertel der Umsätze. Damit seien die Erträge nicht so sehr abhängig von dem volatilen Investmentbanking wie bei anderen Häusern.
Strategisch relevanter werde in Zukunft das Wealth Management, die Anlageberatung vermögender Privatkunden. Viele deutsche Mittelständler haben noch die Unternehmerfamilien im Hintergrund, die für das Wealth Management interessant sind. „Wir wollen im Wealth Management deshalb ein relevanter Spieler werden und zu den Top 5 bis 7 in Deutschland zählen“, kündigt Diederichs an. Momentan rangiere die Bank in diesem Bereich aber noch unter Ferner liefen. Auch im Factoring, Leasing und Asset Management sieht Diederichs für die BNP hierzulande noch deutliche Wachstumschancen.
BNP Paribas will bei Mittelständlern zur Top 3 der Banken gehören
Noch ehrgeiziger sind die Pläne mit den Firmenkunden, wo die BNP häufiger die Kernbank sein möchte: bei den Dax-Konzernen und Großkonzernen soll die BNP zu der Gruppe der Top-5-Banken, bei Mittelständlern zu den Top 3 gehören. Das kann nur gelingen, wenn BNP Paribas den etablierten deutschen Spielern Marktanteile abnehmen kann. Diederichs zeigt sich selbstbewusst und sieht aktuell keine Bank, bei der das nicht möglich sei. Zu den Wettbewerbern zählt er auch die Commerzbank, über die in den vergangenen Tagen Fusionsgerüchte mit BNP Paribas kursierten. Dazu wollte sich Diederichs allerdings nicht äußern, das angestrebte Wachstum sei auch organisch möglich.
Der BNP helfe, dass die Bank sich – im Gegensatz zu großen deutschen Wettbewerbern – nicht mit Filialschließungen beschäftigen müsse. Sie könne deshalb konsequenter Digitalisierungsprojekte vorantreiben und profitabler als andere sein. Die Profitabilität liege auf Höhe der Mutter, genaue Zahlen wollte Diederichs allerdings nicht nennen. 2016 lag die Eigenkapitalrentabilität der BNP-Gruppe nach eigenen Angaben bei 9,3 Prozent.
BNP Paribas will auch kleinere Mittelständler anwerben
Bemerkenswert ist, dass der Firmenkundenspezialist Diederichs mit der BNP Paribas noch tiefer in den deutschen Mittelstand eintauchen möchte. Die bisherige Umsatzuntergrenze von rund 250 Millionen Euro Jahresumsatz sei passé, sagte er überraschend.
Entscheidend sei stattdessen die Frage, ob das Firmenprofil der Mittelständler zu BNP Paribas passe – insbesondere hinsichtlich der internationalen Ausrichtung und der Nachfrage nach Kapitalmarktprodukten. Diederichs wollte nicht einmal ausschließen, dass die Bank in der Zukunft kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) ins Visier nehmen könnte. Voraussetzung sei allerdings ein digitaler Zugang zu dieser Kundengruppe. Konkrete Pläne dafür gebe es aber noch nicht.
Die Expansion deutscher Firmen innerhalb von Europa, vor allem im Osten, sei in vielen Fällen schon erfolgt. Potential sieht Diederichs insbesondere in Asien und Amerika und wirbt für das globale Netzwerk der BNP Paribas. Die Franzosen sind aktuell in 74 Ländern vertreten und beschäftigen nach eigenen Angaben allein in Asien und Amerika jeweils rund 20.000 Mitarbeiter. Hinzu kommen Niederlassungen in Südkorea, Thailand und zehn afrikanischen Ländern, wo andere deutsche Banken nicht oder nur schwach vertreten seien. Konkurrenz für die BNP sind hier vor allem die anderen Auslandsbanken wie beispielsweise die HSBC, die in Asien stark präsent ist.
BNP Paribas will in Deutschland organisch wachsen
Wie viele deutsche Firmenkunden Diederichs mit diesem Netzwerk bis 2020 gewinnen will, sagte er aber nicht: „Ich halte nichts von Kundenstückzahlen, da sie nichts über die Qualität der Kundenbeziehung aussagen.“ 2015 rief die BNP das Ziel aus, bis 2017 insgesamt 600 Firmenkunden gewinnen zu wollen.
Dass Deutschland für BNP Paribas ein sehr wichtiger Markt sei, zeigt sich nach Aussage des neuen Deutschlandchefs auch darin, dass rund ein Drittel der von der BNP-Gruppe geplanten Kostensteigerungen für Investitionen in den deutschen Mart allokiert sei. Diederichs erwartet auch, dass Deutschland und Frankreich nach den Wahlen in beiden Ländern das Herzstück von Europa bilden werden. Auch eine politische Allianz von Macron und Merkel könne der Bank weiterhelfen, so die Hoffnung bei den ambitionierten Franzosen.
Info
Die BNP Paribas hat große Pläne für das Firmenkundengeschäft in Deutschland. Was die anderen Banken vorhaben, lesen Sie auf unserer Themenseite Firmenkundengeschäft.