„Wir wollten erst einmal unsere Hausaufgaben machen, bevor wir uns in der Öffentlichkeit präsentieren“, sagt Frank Schönherr. Der Deutschlandchef ist bereits im Juni 2013 bei der Crédit Agricole Corporate & Investment Bank angetreten. Seither hatte sich Crédit Agricole mit öffentlichen Äußerungen zu den Plänen im deutschen Firmenkundengeschäft eher zurückgehalten. Das soll sich jetzt ändern.
Crédit Agricole, zu deren Gruppe auch der Asset Manager Amundi und die Factoringgesellschaft Eurofactor zählen, will in Deutschland durchstarten und positioniert sich dabei klar als Kreditanbieter, oder nach den Worten Schönherrs als „European Debt House“: Kredite und Anleihen, aber auch komplexere ABS-Transaktionen zählen zu den Instrumenten, die Crédit Agricole ihren Firmenkunden bieten will. Dazu kommen angrenzende Produkte wie Zins- und Währungssicherungen sowie Handelsfinanzierungen. Ein kapitalintensives Geschäft, das aber durchaus profitabel sei, betont Schönherr. Konkrete Umsatz- und Ertragszahlen für Deutschland will er nicht nennen.
Im Gegensatz zu Häusern wie HSBC oder BNP Paribas, die hierzulande eine klare Mittelstandsstrategie fahren, konzentriert sich Crédit Agricole bisher eher auf Firmenkunden aus Dax, MDax sowie größeren Familiengesellschaften. „Derzeit haben wir 80 bis 90 Kunden in Deutschland“, sagt Schönherr. Große internationale Unternehmen mit kontinuierlichem Finanzbedarf stünden im Fokus der Bank, eine Mittelstandsoffensive sei nicht geplant.
Auto-Sektor zentral für Crédit Agricole
Insbesondere im Automobilsektor sieht sich die Bank in Deutschland bereits gut positioniert. Finanztransaktionen haben die Franzosen für Daimler, Volkswagen und BMW sowie große Zulieferer wie ZF Friedrichshafen durchgeführt. Die Bank ist nach Medienberichten auch an dem milliardenschweren Kredit von Volkswagen beteiligt, wollte sich dazu aber auf Nachfrage nicht äußern. „Der Automobilsektor steht durch Megatrends wie autonomes Fahren und die zunehmende Digitalisierung vor Herausforderungen“, erklärt Lennert Wiedemann. Der Automobilspezialist erwartet durch anstehende Investitionen einen erhöhten Finanzierungsbedarf, den die Bank gerne begleiten will.
Neben Automobil stehen verschiedene Industriesektoren, Telekommunikation und Medien sowie Eisenbahn- und Schiffsfinanzierungen im Fokus der Bank. „Wir wollen die Sektoren nicht besser verstehen als die Kunden, aber zumindest nachvollziehen können, was unsere Kunden umtreibt“, sagt Frank Schönherr. Deshalb setzt die Bank weiter stark auf eigenes Research, das andere Banken in den vergangenen Jahren stark zurückgefahren haben.
Relativ neu ist das M&A-Team der Crédit Agricole. Der Leiter des Bereichs, Simon Wilske, kam im September 2014 von der Beratung Goetzpartners. Auf erste Erfolge kann Wilske bereits verweisen: Dazu gehört etwa das M&A-Mandat für den Kauf der polnischen Fagor Mastercook durch BSH Hausgeräte. Wegen des niedrigen Ölpreises, des drohenden Brexits und der schwächelnden chinesischen Wirtschaft rechnet er eher mit einem schwachen M&A-Jahr 2016.
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Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.