Die Krise der Deutschen Bank hat heute Morgen eine neue Qualität angenommen. Nach kritischen Medienberichten, die gestern Abend in den USA aufgetaucht sind, durchbrach die Deutsche-Bank-Aktie kurz nach Handelsstart um 9:20 Uhr die kritische 10-Euro-Marke – ein Minus von 8 Prozent gegenüber gestern. Die Marktkapitalisierung schrumpft damit auf unter 14 Milliarden Euro. Das ist nicht einmal mehr die Hälfte des Wertes der Kapitalerhöhungen, die die Deutsche Bank seit 2008 vorgenommen hat.
Auslöser der neuerlichen Verkaufswelle war eine Bloomberg-Meldung. Die Nachrichtenagentur hatte berichtet, dass mehrere Hedgefonds überschüssige Liquidität von ihren Konten bei der Deutschen Bank abgezogen hätten. Sie gehören zu den gut 200 Kunden, die die Deutsche Bank im Derivate-Clearing bedient.
Am Markt wurde dies so interpretiert, dass die Großinvestoren Zweifel an der Robustheit der Deutschen Bank hätten und ihr Counter-Party-Risiko gegenüber der Deutschen Bank deshalb reduzieren wollten. Es gibt aber auch Stimmen, die hinter dem Bericht eine konzertierte Attacke von Leerverkäufern vermuten. Diese – so diese Lesart – versuchten, die schwierige Lage der Deutschen Bank auszunutzen, um noch mehr Unruhe am Markt zu schüren und an den Kursrückgängen zu verdienen.
Deutsche Bank wehrt sich: „Finanzposition stabil“
Ein Sprecher der Deutschen Bank beharrte darauf, dass „die Finanzposition der Deutschen Bank stabil“ sei. In einem Beruhigungsbrief an die Mitarbeiter bezifferte Bankchef John Cryan die Liquiditätsreserven der Deutschen Bank auf 215 Milliarden US-Dollar. Der Liquiditätsdeckungsgrad wäre damit höher als bei den meisten anderen Großbanken.
Unklar ist aber, wie die Bank die Milliardenlasten stemmen will, die auf sie zukommen, ohne dadurch die Eigenkapitalvorschriften zu verletzen. Allein das US-Justizministerium fordert 14 Milliarden Dollar als Strafzahlung für windige Geschäfte am US-Hypothekenmarkt. Die gesamten Rückstellungen der Deutschen Bank für Rechtsstreitigkeiten liegen aber nur bei 5,5 Milliarden Euro. Die Bank hofft, die Forderung der Amerikaner auf 2 bis 3 Milliarden Dollar herunterhandeln zu können. Nicht alle Marktteilnehmer teilen aber diesen Optimismus.
Die rasante Talfahrt der Aktie macht es der Deutsche-Bank-Führung immer schwerer, über eine mögliche Kapitalerhöhung ihre Reserven wieder aufzufüllen. Auch die Emission nachrangiger, eigenkapitalähnlicher Anleihen dürfte im aktuellen Umfeld nicht umsetzbar sein. Die bislang schon ausstehenden Papiere der Deutschen Bank notieren alle deutlich unter ihrem Nennwert.
Auch die Commerzbank rauscht in den Keller
Diese Woche kursierte außerdem ein Bericht der Wochenzeitung „Die Zeit“, wonach die Bundesregierung sich darauf vorbereite, der Deutschen Bank mit Verkäufergarantien unter die Arme zu greifen, sofern das Institut gezwungen sein sollte, zur Liquiditätsbeschaffung Geschäftsteile zu verkaufen. Als Verkaufskandidat wird etwa das Vermögensverwaltungsgeschäft gehandelt. Dieses zählt Deutsche-Bank-Chef John Cryan jedoch zum Kerngeschäft. Die Bundesregierung ließ dementieren, dass sie Notmaßnahmen zur Stützung der Deutschen Bank vorbereite.
In das Handelsjahr startete die Deutsche-Bank-Aktie noch bei 22 Euro. Das Papier hat sich seitdem also mehr als halbiert. Auch der Branchennachbar Commerzbank steckt tief in dem Strudel, der die Finanzwerte an den Börsen erfasst hat – vor allem die deutschen. Die Commerzbank-Aktie verliert heute mehr als 7 Prozent und fällt auf unter 5,40 Euro. Schon gestern hatte die Commerzbank-Aktie mit Kursrückgängen von 6 Prozent auf die tiefgreifenden Umbaupläne von Konzernchef Martin Zielke reagiert. Die Commerzbank ist an der Börse nur noch 6,75 Milliarden Euro wert. Sie hat seit Jahresbeginn über 40 Prozent eingebüßt.
Auch die Aktien der kleineren Bankhäuser Aareal Bank und Deutsche Pfandbriefbank müssen Federn lassen. Sie verlieren zwischen 3 und 4 Prozent an Wert.