Bei der Deutschen Bank zeichnet sich ein radikaler Stellenabbau ab. Jeder vierte Job bei der Großbank könnte wackeln, berichtet die F.A.Z. Ein großer Teil der Stellen, etwa 15.000 bis 18.000, soll durch den Börsengang der Postbank wegfallen. Allerdings soll das nicht das Ende sein – zwischen 8.000 und 10.000 weitere Jobs könnten darüber hinaus gestrichen werden, berichten Medien unter Berufung auf Insiderkreise. Ein Teil davon wird wohl durch die bereits angekündigte Schließung von etwa einem Drittel der insgesamt 700 Filialen der Bank wegfallen.
Der weitere Stellenabbau könnte voraussichtlich durch zwei Maßnahmen vorangetrieben werden: der Verbesserung der IT-Struktur sowie dem Rückzug aus mehreren Ländern. Die Deutsche Bank selbst will die Spekulationen derzeit nicht kommentieren. Ein Sprecher der Bank verweist gegenüber FINANCE darauf, dass Ende Oktober weitere Details zur Strategie 2020 bekannt gegeben werden sollen.
Der als Aufräumer bekannte neue CEO der Bank, John Cryan, hatte zuletzt erneut die komplexen Strukturen und vor allem die veraltete IT-Struktur der Bank kritisiert, berichtet die F.A.Z. Durch bessere IT-Systeme könnten vor allem jene Arbeiter ersetzt werden, die einfache Tätigkeiten ausführen, die auch automatisiert werden könnten. Das betrifft vor allem Mitarbeiter in Niedriglohnländern wie Indien, den Philippinen und möglicherweise auch Osteuropa. In welchem Zeitraum es möglich wäre, die IT zu verbessern und mit Stellenstreichungen zu beginnen, wurde nicht bekannt.
Trifft es auch das Investmentbanking bei der Deutschen Bank?
Dass allerdings ein Stellenabbau im Niedriglohnbereich die Kosteneinsparungen bringt, die erreicht werden sollen, ist unwahrscheinlich. 3,5 Milliarden Euro sollen jährlich eingespart werden. Die Bank will ihre Verschuldungsquote mittelfristig von 3,6 Prozent auf mindesten 5 Prozent steigern. Die Tier-1-Kernkapitalquote soll bei rund 11 Prozent gehalten werden. Ein zweiter Weg, Stellen abzubauen, könnte der Rückzug aus mehreren Ländern sein. Die Bank selbst spricht von sieben bis zehn Ländern, welche das sind, hat sie noch nicht bekannt gegeben. Als Kandidaten gelten beispielsweise Finnland, Dänemark, Norwegen, Malta, Peru und Neuseeland.
Auch im Russlandgeschäft, das gerade wieder durch einen Geldwäscheskandal in die Schlagzeilen geraten war, ist Bewegung. Jörg Bongartz, der bisherige Russland-Chef der Deutschen Bank, kehrt nach Frankfurt zurück und wird von dort aus Kunden in Mittel- und Osteuropa betreuen. Bongartz hatte sich vor allem um den Bereich Global Transaction Banking gekümmert.
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf Insider, dass die Bank in Betracht ziehe, sich aus dem Geschäft in Russland zurückzuziehen. Andere Medien sprechen nur von einem Teilrückzug. Von etwa 90 Prozent der Kunden im Investmentbanking wolle sich die Bank dort trennen, berichtet das Handelsblatt. Die Deutsche Bank selbst wollte dazu gegenüber FINANCE keinen Kommentar abgeben.
Welche personellen Konsequenzen dies für das Investmentbanking haben könnte, ist noch nicht klar. Bisher war der Bereich von großen Einschnitten verschont geblieben. Es fragt sich jedoch, ob es dabei bleibt. Investmentbanker verdienen innerhalb des Konzerns am meisten und haben in den vergangenen Jahren zusätzliche hohe Kosten durch Fehlverhalten verursacht, die der Bank hohe Strafen eingebracht haben. Die Sparte soll laut Informationen der Equinet Bank wohl schlanker und fokussierter werden, über konkrete Pläne schweigt sich die Bank bislang aber öffentlich aus.
Firmenkunden von Unruhe bei der Deutschen Bank betroffen
Über konkrete Pläne für neue IT-Investitionen und den massiven Stellenabbau soll beim nächsten Treffen des Aufsichtsrats am 28. Oktober entschieden werden. Bis dahin bleibt reichlich Zeit für Spekulationen.
Für Firmenkunden der Bank setzt sich damit die komplizierte Lage fort. Während die Mehrheit der CFOs nach den vielen Skandalen den Vorstandswechsel bei der Bank und damit die Führung von John Cryan begrüßen, sind sie der ständigen Veränderung und Unsicherheit langsam müde. Wie eine ausführliche Befragung von FINANCE im Sommer ergab, ist jedem zweiten Finanzchef unklar, wie die künftige Entwicklung im Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank aussehen soll.
Die Bank wird ihre Kunden früh und umfassend über kommende Veränderungen informieren müssen, wenn sie das Vertrauen wieder stabilisieren will. Wie jede Entlassungswelle wird auch dieser Umbau Spuren im gesamten Konzern hinterlassen.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.