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Wilde Spekulationen im Sparkassenlager

Krisenmanagament statt Fusionspläne: DSGV-Präsident Helmut Schleweis
DSGV

Es bahnt sich eine große Veränderung am deutschen Bankenmarkt an: Wie „Handelsblatt“ und FAZ berichten, diskutieren die Spitzen des Sparkassenverbands DSGV offenbar einen Zusammenschluss der Landesbanken Helaba, NordLB und LBBW sowie der Fondsgesellschaft Deka und des Immobilienfinanzierers Berlin Hyp zu einer bundesweiten Super-Landesbank. Nur die BayernLB stünde bei dieser Mammuttransaktion außen vor.

Das neue Institut hätte eine Bilanzsumme von rund 700 Milliarden Euro. Zwar wollen die Verbandsspitzen die Bilanz im Falle einer Fusion angeblich zügig auf 500 Milliarden Euro abschmelzen. Aber selbst damit wäre die neue Super-Landesbank immer noch größer als die Commerzbank und fast genauso groß wie die DZ Bank, die nach der Fusion mit der WGZ Bank aktuell auf eine Bilanzsumme von 538 Milliarden Euro kommt.

Warum ist die BayernLB außen vor?

Die Fusion soll in mehreren Schritten geplant sein: Demnach soll in einem ersten Schritt die Helaba über eine Kapitalerhöhung mit einem Minderheitsanteil bei der NordLB einsteigen, anschließend soll es zu einer Fusion kommen. An das fusionierte Institut sollen danach noch die Deka, die LBBW und die Berlin Hyp andocken. Der größte Gesellschafter dieser Bankengruppe wäre das Sparkassenlager. Aber auch die Bundesländer Niedersachsen, Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen würden jeweils Anteile in nennenswerter Höhe halten.

Dass die BayernLB in einer solchen Konstellation dauerhaft außen vor bliebe, erscheint unwahrscheinlich und wäre durch die aktuelle Problematik auch nicht gedeckt. Der Grund dafür, dass die bayerische Landesbank derzeit kein Teil der Fusionspläne ist, sei, dass die neue Landesregierung in München aktuell schlicht noch nicht sprechfähig wäre, um bei so einem Projekt mitzuwirken – so zitiert die „Wirtschaftswoche“ einen Sparkassenmanager. Aber dies dürfte sich schon in wenigen Wochen ändern, und dann dürfte es Hessen sein, das mitten in einer Regierungsbildung steckt.

Sparkassen wollen Privatisierung der NordLB verhindern

Der Auslöser für die Mega-Fusion ist die laufende Investorensuche für die NordLB. „Das von den Trägern der NordLB begonnene Verfahren für die Gewinnung von Kapitalinvestoren ist für den DSGV Anlass, mögliche Optionen und Handlungserfordernisse für die Sparkassen-Finanzgruppe aufzubereiten und mit seinen Mitgliedern zu beraten“, zitieren Medien einen DSGV-Sprecher.

Zu den Interessenten an der NordLB gehören fünf private Bieter: die Commerzbank, der Hedgefonds Christofferson, Robb & Company sowie die Finanzinvestoren Apollo, Cerberus und Advent. Einziger öffentlich-rechtlicher Interessent ist die Helaba. Der DSGV versucht offenbar zu verhindern, dass Privatinverstoren bei der NordLB zum Zug kommen, nachdem schon im Februar Apollo, Advent und Cerberus bei der HSH Nordbank eingestiegen waren. Die grundsätzliche Unterstützung der Politik scheint den Sparkassenmanagern sicher zu sein.

Großer Stellenabbau könnte zur Hürde werden

Ob diese Mega-Fusion tatsächlich zustande kommt, ist jedoch äußerst fraglich, wäre sie doch mit erheblichen Hürden verbunden. Die Interessen der diversen Eigentümer unter einen Hut zu bringen, wäre äußerst schwierig. Vor allem müssten sie sich über den neuen Firmensitz des Instituts einig werden. Da Helaba und Deka in Frankfurt angesiedelt sind, zeichnet sich die Bankenmetropole als geeigneter Firmensitz ab.

Die Vertreter der Südwest-Sparkassen dürften aber auf einen Zweitsitz in Stuttgart pochen, wo mit der LBBW die größte der deutschen Landesbanken sitzt. Auch die Landespolitik bremst, die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) präsentiert sich zugeknöpft: „Das was ich gelesen habe, hat mir nicht gefallen.“ Es habe noch keine Gespräche mit dem Land gegeben.

Eine weitere Herausforderung dürfte die Suche nach einem Vorstandsvorsitzenden. Dieser (oder diese) müsste im Anschluss aller Voraussicht nach einen hohen Stellenabbau rechtfertigen. Nach dem Zusammenschluss hätte das neue Institut fast 30.000 Mitarbeiter, wovon mehrere tausend Stellen überflüssig werden dürften. Sowohl in der Verwaltung und den IT-Stäben als auch in den marktnahen Teams im Firmenkunden- und Kapitalmarktgeschäft zeichnen sich erhebliche Doppelstrukturen ab, die sich nur mit tiefen Einschnitten bereinigen ließen. Als große Kostensenker sind die mit einem hohen sozialen Anspruch auftretenden Sparkassen in der Öffentlichkeit bislang aber nicht in Erscheinung getreten.

Die Interessen der Eigentümer unter einen Hut zu bringen, wäre äußerst schwierig.

Auch im Portfolio stünden umfangreiche Aufräumarbeiten an. Im Sparkassenlager befinden sich aktuell nicht nur sechs Landesbanken, sondern auch elf Versicherer und acht Bausparkassen. Dieses Portfolio zu schlagkräftigen, kosteneffizienten Einheiten zusammenzuführen, wäre nicht nur auf der Landesbankebene mit Einschnitten verbunden, sondern auch in den darunter aufgehängten Geschäftsfeldern.

Super-Landesbank hätte großes Potential

Sollten diese Kostenvorteile aber tatsächlich gehoben werden, würde sich das Sparkassenlager ein starkes Spitzeninstitut schaffen. Beispiel Kosteneffizienz: Die DZ Bank wirtschaftet profitabel, obwohl sie mehr als 30.000 Mitarbeiter beschäftigt. Gelänge es der Super-Landesbank, mit 10 bis 20 Prozent weniger Mitarbeitern ein ähnliches Geschäftsvolumen zu bewegen wie das Spitzeninstitut der Genossen, könnte die Profitabilität beträchtlich sein.

„Einen Big Bang wird es nicht geben.“ 

DSGV-Präsident Helmut Schleweis in einem Interview vom Februar

Zudem wäre eine Super-Landesbank auch in der Lage, deutlich größere Transaktionen umzusetzen, als dies bislang die einzelnen Landesbanken vermögen. Angesichts der anhaltenden Schwäche von Deutscher Bank und Commerzbank dürfte es im Interesse der deutschen Politik sein, eine weitere starke deutsche Firmenkundenbank zu schaffen.

Die denkbare Schlagkraft zeigt sich etwa beim Blick auf den Schuldscheinmarkt. An diesem 20-Milliarden-Markt hielte eine neue Super-Landesbank einen Marktanteil von rund 40 Prozent. Käme auch noch die BayernLB hinzu, wären es sogar über 50 Prozent. 

DSGV-Chef Schleweis sieht „Optimierungsbedarf“

Als treibende Kraft hinter einer Mega-Fusion nennen die FAZ und das „Handelsblatt“ DSGV-Präsident Helmut Schleweis. Dieser hatte in seinem ersten großen Interview im Februar einen Umbau des Sparkassenlagers gefordert: „In unserer Gruppe gibt es Optimierungsbedarf, unsere Strukturen sind nicht zukunftsfähig. Daran müssen wir arbeiten“, hatte Schleweis dem „Handelsblatt“ gesagt.

In dem gleichen Gespräch sagte Schleweis aber auch: „Es werden sich nicht plötzlich alle Landesbanken, Landesbausparkassen und öffentlichen Versicherer zusammenschließen. Einen Big Bang wird es nicht geben.“  

julia.schmitt[at]finance-magazin.de