Hochzeit im zweiten Anlauf: Rund zwei Monate nach dem überraschenden Aus der Fusionsverhandlungen mit Hogan Lovells hat Shearman & Sterling offenbar eine neue Partnerin gefunden. Demnach will die geschwächte US-Wirtschaftskanzlei mit dem britischen Magic-Circle-Haus Allen & Overy fusionieren, wie beide Kanzleien mitteilten. Nach dem Zusammenschluss werde die neue Kanzlei weltweit unter dem Namen „Allen Overy Shearman Sterling“ – kurz „A&O Shearman“ – firmieren.
Die neue Großkanzlei A&O Shearman wird in 49 Büros fast 4.000 Anwälte und etwa 800 Partner beschäftigen. A&O Shearman kommt auf einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro. Allen & Overy zählt derzeit weltweit etwa 590 Partner in mehr als 40 Büros weltweit.
Fusion mit Allen & Overy soll Shearman beflügeln
Wim Dejonghe, Senior Partner bei Allen & Overy, bezeichnete den Zusammenschluss in einer gemeinsamen Presseerklärung als „spannenden Schritt“, während Adam Hakki, seines Zeichens Senior Partner bei Shearman & Sterling, betonte, der Zusammenschluss mit Allen & Overy werde die Fähigkeit der Kanzlei, den Bedürfnissen der Kunden „in einem zunehmend komplexen Umfeld gerecht zu werden, dramatisch verbessern“. Bisher sei der Bedarf an globalen Kanzleien aufseiten der Unternehmen noch nie so hoch gewesen wie aktuell.
Neben der gemeinsamen Mitteilung präsentierten die beiden Kanzleien ihren Zusammenschluss auch in Form einer neuen, gemeinsamen Website, auf der die beiden Senior Partner die Fusion in einem Video erläutern. Der Deal dürfte demnach fix sein, auch wenn noch einige Formalia erfüllt werden müssen.
Shearman wurde von vielen verlassen
Das hatten Branchenbeobachter allerdings auch im Fall der im März abrupt beendeten Verhandlungen zwischen Hogan Lovells angenommen, über die „Juve“ bereits im Dezember berichtet hatte. Die Gespräche waren laut dem Branchenportal „weit fortgeschritten“, als sie im März endeten.
Zudem hatte Shearman & Sterling in der jüngeren Vergangenheit mehrere Abgänge verkraften müssen. So war zuletzt im März das gesamte Münchener Büro von Shearman mit den Partnern Florian Harder, Jann Jetter und Florian Ziegler zu Morgan Lewis & Bockius gewechselt. So gab es nur noch einen Partner von Shearman in Deutschland. Dabei hatte die Kanzlei die Zeichen in Deutschland noch im vergangenen Jahr auf Wachstum gestellt, das Münchener Büro hatte die US-Kanzlei erst im Jahr 2021 eröffnet.
Bei dem Zusammenschluss fungierten Lazard als Finanzberater und Simpson Thacher & Bartlett als Rechtsberater von Allen & Overy. Shearman & Sterling wurde rechtlich von Davis Polk & Wardwell beraten.
Erika von Bassewitz ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Philosophie und Französisch an der Humboldt-Universität in Berlin sowie an der Université de Genève studiert und mit einem Magister Artium abgeschlossen. Vor FINANCE war sie mehr als acht Jahre Redakteurin in der Multimediaredaktion des Medienhauses der EKHN. Davor war sie unter anderem Redakteurin beim HR-Magazin von monster, freie Autorin bei Deutsche Welle TV und freie Mitarbeiterin bei der Westdeutschen Zeitung.