Wirtschaftsprüfer: So wird die Branche wieder attraktiver

Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig. Auch in der Wirtschaftsprüferbranche ist gutes Fachpersonal hart umkämpft – und der Kampf um die besten Talente unter den Häusern wird sich tendenziell noch weiter verschärfen. Dabei sind nicht nur kleinere Wirtschaftsprüfungsgesellschaften betroffen, auch die Big-Four-Häuser KPMG, PwC, Deloitte und EY merken den Personalmangel in den eigenen Reihen. Lässt sich dagegen überhaupt etwas tun? Junge Wirtschaftsprüfer sind gesucht Die Problemanalyse führt einen schnell zum Fall Wirecard. Florian Schumann, Partner und Managing Director bei Delta Management Consultants, sieht die Gründe des Fachkräftemangels im Wirtschaftsprüferbereich primär in dem erlittenen Imageschaden durch den Wirecard-Skandal. „Wir befinden uns sicher noch in einer Zeit, in der das Berufsbild aufgrund zurückliegender Ereignisse und einer daran angeschlossenen öffentlichen Aufmerksamkeit, einen temporären Reputationsschaden erlitten hat.“ Der Fachkräftemangel betrifft dabei alle Hierarchiestufen. Doch speziell Führungskräfte im WP-Bereich sind gesucht. Das liegt unter anderem an dem herausfordernden Examen, das den Weg zu einer Partnerschaft besonders steinig macht. Die Folge: Immer weniger Fachkräfte streben eine Karriere als Wirtschaftsprüfer an. „Viele biegen auf dem Weg zum Wirtschaftsprüfer-Examen ab“, sagt Hellmuth Wolf, Headhunter bei der Personalberatung Signium. Denn neben zeitintensiven Vorbereitungen und hohen Kosten sind die Durchfallquoten bei den Prüfungen hoch. Der alternative Weg ist für viele der Schritt in die Industrie. Mehr zum Thema Die Big Four als Sprungbrett für die CFO-Karriere? Die Big Four sind bei Berufseinsteigern beliebt. Doch viele Talente wechseln nach wenigen Jahren in die Industrie. Dort sind sie heiß begehrt und können sogar bis in Spitzenpositionen aufsteigen. Mehr lesen Wirtschaftsprüfer lehnen Aufträge ab Weiteres Potential sehen Headhunter in den Jung-Wirtschaftsprüfern. „Diese sind durch das bestandene Examen zum Unterschreiben berechtigt und können die Equity Partner entlasten“, beobachtet Wolf. „Hier herrscht ein großer Engpass in der Branche.“ Und dieser verschärft sich aktuell immer weiter, denn zu dem Personalengpass gesellt sich ein hohes Auftragsvolumen. „Insbesondere kleinere Gesellschaften konnten den ein oder anderen Auftrag nicht annehmen“, sagt Wolf. Dabei werden nicht nur neue Aufträge gezwungenermaßen abgelehnt. Auch Equity Partner bleiben länger im Amt, da sie keine Nachfolger für ihre Position finden. Generation Z mischt WP-Branche durch Angesichts der aktuellen Situation am Arbeitsmarkt ist es naheliegend, Uni-Absolventen für den Beruf des Wirtschaftsprüfers zu begeistern, und das am besten langfristig. Leichter gesagt als getan: „Die junge Generation setzt stärker auf Work-Life-Balance und das Thema Nachhaltigkeit als Generationen vor ihr“, sagt Headhunter Wolf. Er vermutet weiter, dass viele Nachwuchstalente den Job des Wirtschaftsprüfers nicht mit diesen beiden Eigenschaften verbinden. Hinzu kommt, dass sich die jungen Fachkräfte ihres Marktwerts durchaus bewusst sind, was Gehaltsverhandlungen anspruchsvoller macht. „Die größte Herausforderung ist aktuell, dass zwei Generationen aufeinandertreffen, die vermeintlich verschiedene Standpunkte vertreten und – in der Gesamtschau – noch keinen gemeinschaftlichen Sprachstil in der wechselseitigen Kommunikation gefunden haben“, fasst der Personalexperte Schumann zusammen. Darauf zu beharren, dass sich die eine Generation der anderen anpasst, ist aber zu kurz gedacht. Denn schon bald wird die Babyboomer-Generation (geboren zwischen 1955 und 1964) in den Ruhestand gehen – das wird den Fachkräftemangel noch weiter verstärken. Die Wirtschaftsprüferbranche ist also gezwungen, jetzt zu handeln, und tut dies offenbar auch: „Wir beobachten, dass die Gesellschaften versuchen, auf die relevanten Themen wie mehr Freizeit, eine frühzeitige Vergütung der Überstunden oder die individuellen Bedürfnisse einzugehen“, sagt Wolf. „Wenngleich vielleicht noch nicht immer ganz freiwillig“, ergänzt Schumann. Mehr zum Thema Gen Z: Was auf Corporate Finance zukommt Die Nachwuchskräfte im Finanzbereich werden immer selbstbewusster, denn sie bringen für Unternehmen wertvolle Fähigkeiten mit. Es drohen jedoch Konflikte mit älteren Mitarbeitern. Mehr lesen Nachwuchs-Recruiting über Social Media Doch wie kann die Wirtschaftsprüferbranche auf natürliche Weise attraktiver für junge Nachwuchstalente werden? Eine wichtige Rolle spielt Social Media beim Recruiting: Ob auf Youtube, in Podcasts oder auf anderen sozialen Plattformen – der Arbeitgeber muss dort präsent sein, wo sich junge Nachwuchskräfte tagtäglich aufhalten. Hier denkt die Wirtschaftsprüferbranche aber auch schon mit: „Nahezu jedes Unternehmen ist bereits auf den sozialen Kanälen präsent, wenngleich auch mit unterschiedlicher Intensität und inhaltlicher Finesse. Dahinter liegt natürlich die Strategie der richtigen Zielgruppenadressierung.“, sagt Schumann. Die Inhalte werden dabei häufig von jungen Mitarbeitern für potentielle junge Fachkräfte produziert – ein weiterer Faktor, der die Entscheidungsfindung eines WP-Anwärters beeinflussen kann. Wirtschaftsprüfer: Förderung der Fachkräfte Nichtsdestotrotz ist für die Branche noch Luft nach oben. „Es ist wichtig, dass sich die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit den aktuellen Themen auseinandersetzen und auf dem Laufenden bleiben“, rät Headhunter Wolf. Konkret bedeutet das: Die individuellen Bedürfnisse der jungen Generation analysieren und aufnehmen – und dazu zählen nicht nur die Work-Life-Balance und die Nachhaltigkeit der Arbeit, sondern auch Themen wie Künstliche Intelligenz und Digitalisierung. Besonders Künstliche Intelligenz bietet der Wirtschaftsprüferbranche viele Möglichkeiten und Anreize für die jüngere Generation. „Mit Hilfe von KI können nicht zuletzt Daten fehlerfrei aufbereitet werden. In der Folge werden wir eine nicht unerhebliche Leistungssteigerung bei Ressourcen und Effizienz sehen“, sagt der Personalberater Schumann. „Die Gesellschaften werden sich die Technologie zunutze machen und dadurch auch einen Mehrwert für Nachwuchstalente bieten.“ Wirtschaftsprüfer können international arbeiten Zudem rät Wolf zu einer gezielten individuellen Förderung auf dem Weg zum Wirtschaftsprüfer-Examen. „Die Gesellschaften müssen das Interesse der Nachwuchstalente wecken“, sagt er weiter. Bei großen Gesellschaften werden Berufsanfänger im Auditbereich dem Personalexperten zufolge bereits frühzeitig unterstützt. Vermehrt auch mit einer individuellen Betreuung durch den verantwortlichen Partner. „Flexibilität ist den Nachwuchskräften besonders wichtig. Da kann ein internes Rotationsmodell zwischen verschiedenen Abteilungen helfen, um potentiellen Nachwuchs an das Berufsbild heranzuführen“, ergänzt Schumann. „Dabei hilft es den jungen Leuten die Vorzüge, wie beispielsweise das internationale Arbeiten, klarzumachen.“ Berufseinstieg in die Wirtschaftsprüfung erleichtern Außerdem empfiehlt Wolf, den Blick beim Recruiting zu erweitern. „Natürlich muss eine gewisse Branchennähe zur Wirtschaftsprüfung vorhanden sein, aber es gibt viele spannende Kandidaten, die VWL und Jura studiert haben“, sagt er. Die Big-Four-Häuser bieten bereits interne Programme an, um auch diese Kandidaten für die Prüfungen vorzubereiten. Im Großen und Ganzen ginge es im aktuellen Fachkräftemangel darum, die Zielgruppe besser zu verstehen und sich ihr anzunähern, sagt Schumann. „Wir haben es mit einer anderen Generation zu tun, das ist eine Herausforderung, der wir uns grundsätzlich stellen müssen. Wir müssen nun ein Angebot bauen, was die Sichtweisen beider Generationen abstrahiert.“ Ob sich die Generationen künftig annähern werden, wird sich zeigen.

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