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Führungskrise bei Marktforscher GFK

GFK-CEO Matthias Hartmann übergibt seine Aufgaben bis Ende des Jahres an seine Vorstandskollegen, gibt aber Anfang September schon seine Rolle als Sprecher des Vorstands ab.
GFK

Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut GFK muss sich neue Chefs für den Vorstand und den Aufsichtsrat suchen. Wie das Unternehmen mitteilte, scheiden CEO Matthias Hartmann und der Aufsichtsratsvorsitzende Arno Mahlert aus dem Unternehmen aus.

Der 50-jährige Konzernchef Hartmann geht spätestens Ende des Jahres, übergibt den Vorstandsvorsitz aber bereits Anfang September an Gerhard Hausruckinger, bislang Vorstand des Bereichs Consumer Choices. Hausruckinger nimmt das Amt interimistisch an, ein neuer CEO wird gesucht. Der 69-jährige Mahlert geht bereits zum 12. September. GFK-CFO Christian Diedrich, der seit knapp zwei Jahren amtiert, bleibt von der Führungskrise verschont.

Großaktionär GFK-Verein ist unzufrieden mit Performance

Grund für den Wechsel in der Chefetage von GFK ist offenbar ein Streit mit dem Großaktionär über die „langfristige geschäftspolitische Ausrichtung des Unternehmens“. Der GFK-Verein hält gut 56 Prozent der Aktien des SDax-Konzerns. Hinter ihm verbirgt sich ein Zusammenschluss aus 550 Firmen, Institutionen und Privatleuten.

Der Anlass für die Führungsdebatte liegt auf der Hand: GFK ist zuletzt vor allem durch verpasste Prognosen aufgefallen. Die Nürnberger hatten vergangene Woche die zweite Gewinnwarnung binnen eines Jahres verkündet und die vierte in Hartmanns Amtszeit, der seit 2011 amtiert. Das angepasste operative Ergebnis war um 17 Prozent auf 59 Millionen zurückgegangen, was einer Marge von 8,2 Prozent entspricht. Eigentlich sollte diese auf dem Vorjahresniveau von 9,5 Prozent bleiben.

Der ausgewiesene Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) deutet allerdings auf eine noch wesentlich schwierigere Lage hin: Dort ist im ersten Halbjahr ein Verlust von 100 Millionen Euro entstanden, im Vergleich zu einem Gewinn von 59 Millionen im Vorjahreszeitraum. Eine Abschreibung auf Firmenwerte über knapp 140 Millionen Euro hat GFK das Ergebnis verhagelt.

Das Unternehmen hatte sich vor Hartmanns Amtsantritt durch mehrere große Akquisitionen vom regionalen Anbieter zum Global Player gemausert, aber sowohl die Integration als auch die Performance der zugekauften Unternehmen schritt nicht so voran, wie erhofft. Zudem bedrängt die Digitalisierung die alten Geschäftsmodelle der Meinungsforscher, was für zusätzlichen Handlungsbedarf sorgt. Hartmann trat an, um den Konzern zu zentralisieren und für die neuen Herausforderungen zu rüsten.

Infolge der Gewinnwarnung brach der Aktienkurs um über 10 Prozent ein und hat sich seitdem nicht wieder erholt. Derzeit notieren die Papiere 27,60 Euro. Das ist der tiefste Stand seit dem Jahr 2010 und knapp 30 Prozent weniger als vor einem Jahr. Auf den Führungswechsel reagiert die Aktie am heutigen Freitag mit hoher Volatilität, aber unklarer Richtung.

Umsatz in GFKs Kerngeschäft bricht ein

Im ersten Halbjahr dieses Jahres ist der Umsatz von GFK zudem um 3,4 Prozent auf 722 Millionen Euro zurückgegangen Eigentlich wollte GFK oberhalb des Marktes wachsen, was nun aber wohl nicht mehr gelingen wird, wie die Nürnberger einräumen.

Besonders große Probleme bereitet GFK der Bereich „Consumer Experiences“, der das Verhalten von Konsumenten untersucht. Dieser macht rund die Hälfte des Umsatzes aus, doch gerade hier waren die Erlöse im ersten Halbjahr organisch um fast 8 Prozent eingebrochen.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.