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Bayer zieht Covestro-IPO vor

Bayer hat es eilig und will Covestro noch dieses Jahr an die Börse bringen.
Bayer

Trotz der derzeitigen Turbulenzen an den Börsen schickt Bayer seine Kunststoffsparte Covestro auf den Weg in Richtung Parkett. Der Börsengang soll noch im 4. Quartal dieses Jahr erfolgen, verkündete der Konzern heute. Bisher hatte Bayer einen Börsengang „bis spätestens Mitte 2016“ angekündigt. Die Deutsche Bank und Morgan Stanley fungieren als Joint Global Coordinators. Bank of America Merrill Lynch, Citi, Credit Suisse, JP Morgan und UBS sind Joint Bookrunners. BNP Paribas und Unicredit / Kepler Cheuvreux wurden zu Co-Konsortialführern bestimmt.

Covestro will ausschließlich neue Aktien anbieten, die im Rahmen einer Kapitalerhöhung ausgegeben werden. Der Emissionserlös dürfte 2 bis 3 Milliarden Euro erreichen, der gesamte Unternehmenswert von Covestro wird auf 10 bis 12 Milliarden Euro geschätzt. Bayer wird also auch nach dem Börsengang zunächst noch eine deutliche Mehrheit behalten. Mit diesem Emissionsvolumen könnte Bayer mit Covestro den größten Börsengang seit dem Jahr 2000 hinlegen. Seitdem hatte nur der Motorenbauer Tognum im Jahr 2007 mit seinem IPO über 2 Milliarden Euro erlöst.

Covestro könnte mit 10 Milliarden Euro bewertet werden

Mit dem Erlös aus dem IPO will der Kunststoffkonzern vor allem seine Schulden bei Bayern zurückzahlen, die der Dax-Konzern im Zuge der Abspaltung in Form eines Intercompany-Darlehens gewährt. Covestro peilt eine Nettofinanzverschuldung inklusive Pensionsverpflichtungen in Höhe des 2,5- bis 3-Fachen bereinigten Ebitda für das Geschäftsjahr 2015 an und stellt den Aktionären nicht nur wachsende Gewinne, sondern auch anziehende freie Cashflows in Aussicht, da sich die Investitionserfordernisse in den kommenden Jahren in Grenzen hielten. Mit diesem Finanzprofil erhofft sich Covestro ein Investment-Grade-Rating.

Allerdings geben die Analysten von Equinet zu bedenken, dass ein guter Teil der aktuellen guten Geschäftsentwicklung auf den stark gesunkenen Ölpreis zurückzuführen sei, was die vergleichsweise moderaten Leverage-Kennzahlen relativiere.

Die Aktionäre können 2016 schon mit einer ersten Dividende rechnen. Geplant seien Ausschüttungen in Höhe von 30 bis 50 Prozent des Konzernergebnisses, kündigte Covestro an. Sofern der IPO im 4. Quartal gelingt, will Covestro der Hauptversammlung 2016 eine Ausschüttungssumme für das Jahr 2015 von insgesamt 100 bis 150 Millionen Euro vorschlagen.

Covestro erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2014 einen Umsatz von 11,8 Milliarden Euro und ein bereinigtes Ebitda in Höhe von 1,16 Milliarden. Damit ist Covestro nach BASF, Evonik und Lyondell-Basel der viertgrößte Chemiekonzern Europas. Im ersten Halbjahr 2015 erhöhte sich der Umsatz um 9,5 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Das bereinigte EBITDA verbesserte sich um 46,2 Prozent auf 914 Millionen Euro – nicht nur wegen des Ölpreises, sondern auch noch  dank positiver Währungseffekte, wie Covestro einräumt. Der freie operative Cashflow erhöhte sich auf 321 Millionen Euro nach minus 85 Millionen Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Bis 2019 werden Bruttoeinsparungen in Höhe von 420 Millionen Euro erwartet.

Auch Steilmann und Scout24 könnten vor IPO stehen

Die Bayer-Tochter hatte am 1. September den ersten Schritt in die Abspaltung gemacht und sich offiziell von Bayer Material Science in Covestro umbenannt. Vor rund einem Jahr hatte Bayer angekündigt, sich von der Kunststoffsparte trennen zu wollen, um sich auf das Gesundheitsgeschäft und den Agrarbereich zu konzentrieren. Damals war auch über einen Verkauf der Sparte spekuliert worden, der nun in den Hintergrund zu rücken scheint.

Covestro ist nicht das einzige Unternehmen, das derzeit trotz der schwierigen Marktlage einen IPO anstrebt. Der westfälische Textilkonzern Steilmann nimmt Insidern zufolge einen Börsengang ins Visier und soll dafür die Frankfurter Investmentbank Oddo Seydler mandatiert haben. Auch die Gerüchte um einen Börsengang von Scout24 haben sich stark verdichtet. Presseberichten zufolge soll schon Anfang nächster Woche der IPO offiziell angekündigt werden. Mit einer Bewertung von bis zu 4 Milliarden Euro wäre auch die Scout-Gruppe ein Schwergewicht. Ebenfalls in den Startlöchern stehen der Private-Equity-finanzierte LKW-Zulieferer Jost, der Automotive-Dienstleister Edag und die Reederei Hapag-Lloyd.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.