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Guy Wyser-Pratte dürfte bei OHB wenig bewirken

Bei OHB ist der Weg zu besseren Margen weit.
OHB

Als Guy Wyser-Pratte das börsennotierte Familienunternehmen OHB im August in zwei Briefen scharf anging, wurden Erinnerungen an vergangene Erfolge des aktivistischen Investors wach, allen voran beim Mischkonzern IWKA, dessen Zerschlagung Wyser-Pratte vor rund zehn Jahren auf den Weg brachte. Daraus entstand der Roboterhersteller Kuka als eigenständiges Unternehmen, das danach einen Höhenflug erlebte. Die Assoziation der OHB-Aktionäre: Wenn der bekannte aktivistische Investor dem Management die Pistole auf die Brust setzt, steht auch dem Marktwert des Satellitenherstellers eine exponentielle Steigerung ins Haus.

Mittlerweile folgte ein Dritter Brief, seit dem ersten hat der Marktwert des Eigenkapitals von OHB um rund ein Drittel auf über 730 Millionen Euro zugelegt. Guy Wyser-Pratte hat dem Unternehmen marode Führungsstrukturen und eine zu defensive Wachstumsstrategie vorgeworfen.

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OHB zeigt wenig Verständnis für Wyser-Prattes Vorstoß

Bei großen Konzernen in Streubesitz sind solche erste Äußerungen aktivistischer Aktionäre oft der Beginn einer Entwicklung, an deren Ende der radikale Umbau des Unternehmens steht. So bereitete AOC bei Stada das Fundament für eine Übernahme durch zwei Finanzinvestoren, und auch die Restrukturierung von ThyssenKrupp geht in weiten Teilen auf das Konto des Anteilseigners Cevian – ebenso wie die Zerschlagung des Bilfinger-Konzerns.

Bei OHB ist die Ausgangslage aber eine andere. Erstens ist die Firma zu 70 Prozent in Familienhand, selbst eine Sperrminorität von 25 Prozent dürfte sich hier nur schwer formieren. Zudem hat CEO und Erbe Marco Fuchs wenig Verständnis für die Vorschläge von Wyser-Pratte gezeigt. Auch an einen Verkauf denkt die Gründerfamilie nicht.

Margensteigerungen sind bei OHB nicht trivial

Außerdem sind Effizienzsteigerungen bei den Bremern deutlich weiter entfernt, als es den Anschein hat. „Viele US-amerikanische Investoren haben OHB-Aktien gekauft, weil sie die Marge für verbesserungsfähig halten“, sagt Felix Eisel, der das auf europäische Werte spezialisierte Investmenthaus Conduction Capital mitgegründet hat.

Tatsächlich sei es aber „sehr schwer“, die Umsatzrendite von zuletzt rund 5 Prozent zu heben, sagt Eisel. Schließlich macht OHB das meiste Geschäft mit öffentlichen Auftragnehmern, allen voran der europäischen Raumfahrtbehörde ESA. Die hat bei OHB Anfang Oktober vier neue Satelliten für das Galileo-System in Auftrag gegeben, insgesamt liegen jetzt Bestellungen für 34 Galileo-Satelliten bei OHB.

Die von der ESA vergebenen Budgets müssen nach einem bestimmten Schlüssel auf die Länder verteilt werden, welche die Behörde finanzieren. Die Folge: Wenn OHB einen Zuschlag als Generalunternehmer für ein Projekt bekommt, muss das Unternehmen den Großteil selbst auf Subunternehmer auslagern. „Dadurch ist die eigene Wertschöpfung weniger tief“, erklärt Christoph Schlienkamp, der das Unternehmen als Aktienanalyst für Bankhaus Lampe beobachtet.

„Viele US-amerikanische Investoren haben OHB-Aktien gekauft, weil sie die Marge für verbesserungsfähig halten.“

Was plant Guy Wyser-Pratte jetzt bei OHB?

Dieses Problem hat OHB erkannt und versucht, in die Satellitenproduktion für privatwirtschaftliche Abnehmer einzusteigen. Das ist ein verheißungsvolles Geschäft, schätzt Schlienkamp. „Allerdings kommen die Umsätze hier nicht vor 2019.“ Bis dahin sind die Wachstumsmöglichkeiten äußerst begrenzt.

Die gute Performance der Aktie dürfte vor allem daher rühren, dass OHB durch Wyser-Prattes Äußerungen mehr Aufmerksamkeit bekommen hat und infolgedessen „Teil eines Race-to-Space-Hypes“ geworden ist, sagt Vermögensverwalter Eisel. Er schätzt, dass Wyser-Prattes Ziel weniger darin lag, einen Umbau der Firma zu erzwingen, und mehr darin, kurzfristige Kurssteigerungen herbeizuführen – möglicherweise, um selbst bald auszusteigen.

florian.bamberg[at]finance-magazin.de

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