Die Beteiligungsgesellschaft Hannover Finanz hat dank hoher Unternehmensbewertungen und bereitwilliger Käufer im vergangenen Jahr am M&A-Markt viel Geld verdient. Sechs Portfoliounternehmen habe der Investor verkauft und damit 77 Millionen Euro eingespielt, sagte Vorstandsvorsitzender Andreas Schober bei der Vorstellung der Geschäftszahlen am Donnerstag. Im Vorjahr waren es nur gut 9 Millionen Euro gewesen. An die Investoren konnte Hannover Finanz dadurch 67 Millionen Euro ausschütten, verglichen mit 20 Millionen Euro im Vorjahr.
Auch wenn das Niedrigzinsumfeld die Bewertungen von Unternehmen immer weiter in die Höhe treibt, bleibt Hannover Finanz auch als Käufer aktiv. 75 Millionen Euro habe die Beteiligungsgesellschaft 2015 in vier Neuerwerbungen und einen Zukauf für ein Portfoliounternehmen gesteckt, erklärte Schober weiter.
Erfolge bei Deurotech deuten sich an
Dabei bekommt auch die Hannover Finanz, eine der konservativsten und vorsichtigsten Beteiligungsgesellschaften Deutschlands, deutlich zu spüren, dass die Multiples gestiegen sind. „Firmen kosten heute schnell mal 10 bis 20 Prozent mehr als vor 5 Jahren“, sagte Schober. „Aus einem Ebit-Vielfachen von 6 kann so schnell mal eine 7,5 werden“.
Darum sehen Schober und seine Kollegen es als besonders angezeigt, Unternehmen in Sondersituationen zu finden, bei denen weniger potentielle Käufer zugreifen wollen. Dort seien die Preise niedriger. Ein Beispiel für eine solche Firma ist die deutsch-österreichische Deurotech-Gruppe, bei der Hannover Finanz im vergangenen Jahr zugriff – ein Deal, der ein mittleres zweistelliges Millionenvolumen erreicht haben dürfte.
Hannover Finanz hat 74 Prozent der Anteile vom Familienunternehmer Werner Deuring gekauft. Die Aufgabe für den Investor: Vier Maschinenbauer der Holz- und Papierindustrie zusammenbringen, die bisher von der gemeinsamen Eigentümerfamilie separat geführt wurden. Schon im vergangenen Jahr, dem Jahr der Transaktion, habe sich die Integration der vier Spezialunternehmen „maßgeblich“ auf das Umsatzwachstum der Gruppe ausgewirkt, sagte Schober.
Hannover Finanz will Schlemmer „kurz- bis mittelfristig“ veräußern
Auch mit der Mehrheitsübernahme des Hamburger Familienunternehmens Mackprang im Jahr 2012 hatte sich der Mittelstandsinvestor an eine Sondersituation mit anschließendem komplexen Unternehmensumbau herangewagt. Hannover Finanz löste aus der Gruppe den Autozulieferer Schlemmer heraus. Jetzt rückt der Verkauf von Schlemmer näher, wie Hannover-Finanz-Vorstand Jürgen von Wendorff bestätigte.
„Wir gehen davon aus, dass wir kurz- bis mittelfristig zu einer Lösung kommen“, sagte von Wendorff mit Blick auf Schlemmer. Die Firma erwirtschaftete 2014 einen Umsatz von 240 Millionen Euro und ein operatives Ergebnis (Ebit) von 27 Millionen Euro. damit deutet sich ein für Hannover-Finanz-Verhältnisse sehr großer Deal an: „Schlemmer dürfte zu unseren fünf größten Exits gehören“, erwartet von Wendorff. Reuters hatte im vergangenen September unter Berufung auf Finanzkreise berichtet, der Verkauf könnte Hannover Finanz bis zu 500 Millionen Euro einbringen.
Damit winkt dem PE-Investor eine herausragende Rendite, denn der Einstiegspreis bei Schlemmer dürfte wegen der unübersichtlichen Unternehmensstruktur und der Ertragsschwäche der übrigen Geschäfte der Mackprang-Gruppe überschaubar gewesen sein. So dürfte das Investment in Schlemmer sich in die Reihe der Vorzeige-Investments von Hannover Finanz einreihen. Zu diesen gehören auch die Filialisten Fielmann und Rossmann, deren Wachstumsphase der Mittelstandsinvestor begleitet hatte.
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