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Tech ersetzt Mittelstand als Private-Equity-Liebling

Der IT-Sektor wird für PE-Investoren immer beliebter.
solarseven/Thinkstock/Getty Images

Lange Zeit gab es für Private-Equity-Investoren in Deutschland eine Konstante: Die meisten Deals werden mit Mittelstandsunternehmen gemacht. Doch der Mangel sowohl an Konzern-Spin-Offs als auch an verkaufsbereiten Familienunternehmen hat das geändert.

Im Jahr 2015 gab es sowohl die meisten Deals als auch das höchste Gesamtvolumen im IT-Sektor, berichtet S&P Capital IQ. So hat die Branche 1,4 Milliarden Euro neues Kapital von PE-Investoren in 251 Buy-outs angezogen, wie die Zahlen des Datendienstleisters und Tochterunternehmens der Ratingagentur S&P ergeben. Mittelgroße deutsche Industrieunternehmen haben dagegen nur 1,3 Milliarden Euro verteilt auf 57 Deals eingesammelt.

2014 war der Kontrast sogar noch deutlicher: In dem Jahr hat die PE-Branche gut 4 Milliarden Euro in die IT-Branche und nur knapp 2,3 Milliarden in den Mittelstand gesteckt. 2013 standen den knapp 4 Milliarden Euro Investments in Informationstechnologie-Unternehmen sogar nur 500 Millionen Euro an Kapitalspritzen in den Mittelstand gegenüber. Das Jahr 2012 war das letzte, in dem mehr Geld in mittelgroße Industrieunternehmen als in die Tech-Branche geflossen ist.

KKR und Goldman setzen auf Tech-Investments

Mehrere große Buy-out-Firmen haben sich in letzter Zeit an schnell wachsenden Tech-Unternehmen beteiligt: KKR ist bei Arago eingestiegen, einem Start-up für künstliche Intelligenz. Die Private-Equity-Sparte von Goldman Sachs hält Anteile an Windeln.de und Mister Spex.

Die Private-Equity-Giganten reagieren damit darauf, dass auf eine verschwindend geringe Anzahl verkaufsbereiter Familienunternehmer eine Vielzahl von kaufwilligen Wettbewerbern kommt. Außerdem spalten die Großkonzerne in den letzten Jahren kaum Konzernteile ab – so fehlt eine weitere Quelle von Kaufzielen im Mittelstand.

Im IT-Sektor müssen die Beteiligungsgesellschaften allerdings kleinere Brötchen backen, als sie es gewohnt sind: Kein einziger Deal in der Branche überschritt 2015 die Milliardenschwelle. Sage und schreibe einer hatte ein Transaktionsvolumen von mehr als 300 Milliarden Euro. Immerhin fünf weitere Transaktionen waren im Volumen oberhalb von 50 Millionen. Alle anderen waren Smallcap-Deals.

Brexit-Sorgen bremsen M&A-Markt

Auch im laufenden Jahr sind Tech-Investments die aussichtsreichere Anlageklasse für Investoren. Denn die Familienverkäufer sind so wenig verkaufsbereit wie eh und je – auch, weil es im Niedrigzinsumfeld wenige Möglichkeiten gibt, das Geld renditestark anzulegen.

Ohnehin dürfte der M&A-Markt nach Ansicht von Experten erst so richtig in Schwung kommen, wenn die Brexit-Frage um den möglichen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union im Juni geklärt ist. Bis dahin überwiegt aus der Sicht der Käufer die Unsicherheit. Verkäufer aber sehen keinen Grund, Abschläge hinzunehmen – so ist die Wahrscheinlichkeit, dass beide Parteien sich einig werden, gering.

florian.bamberg[at]finance-magazin.de

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Was Finanzinvestoren in Deutschland so machen, lesen Sie auf der Themenseite Private Equity.