Wer schnappt sich den insolventen Flughafen Frankfurt-Hahn? Nach zwei gescheiterten Transaktionen und einem insolventen Käufer hat der Insolvenzverwalter des Regionalflughafens, Jan Markus Plathner, nun einen zweiten Kaufvertrag abgeschlossen. Der Interessent ist laut der Nachrichtenagentur Dpa-afx die Mainzer Firmengruppe Richter. Der Immobilieninvestor soll demzufolge über ein Tochterunternehmen bereits einen notariellen Kaufvertrag unterschrieben haben.
Russische NR Holding bot zuerst für Hahn
Das Kuriose: In der vergangenen Woche hat Plathner bereits einen Kaufvertrag mit der NR Holding, die den Nürburgring besitzt, abgeschlossen. Die Holding soll den Flughafen für rund 20 Millionen Euro kaufen – und den Kaufpreis auch schon auf ein Treuhandkonto überwiesen haben. Die Krux an dem Fall: Die Holding ist eine Gesellschaft rund um den russischen Oligarchen Viktor Charitonin. Zwar befindet sich Charitonin Dpa-afx zufolge auf keiner der EU-Sanktionslisten für Russland. Es könnte jedoch sein, dass das Bundeswirtschaftsministerium den Deal dennoch nicht durchwinkt.
Mit dem nun abgeschlossenen Kaufvertrag mit dem zweiten Bieter hat Plathner einen alternativen Plan aufgestellt, „für den Fall, dass im ersten Vertrag gesetzte Bedingungen nicht eintreten“. Sprich: Sollte das Bundeswirtschaftsministerium den Deal mit der NR Holding untersagen, kommt automatisch der Mainzer Immobilieninvestor als zweiter Bieter zum Zug. Dabei stehen die beiden unabhängigen Kaufverträge noch unter Bedingungen, „sodass letztlich nur ein Kaufvertrag vollzogen wird“, bestätigt der Insolvenzverwalter.
Die Vorgehensweise ist unüblich, Insolvenzverwalter und Flughafen wollen sich den zweiten möglichen Käufer aber für alle Fälle in der Hinterhand behalten. Die Firmengruppe Richter soll auch nur das dritthöchste Gebot für den Flughafen abgegeben haben, wie Dpa-afx schreibt. Auch die Gruppe soll den Kaufpreis schon auf ein Anderkonto, also ein Treuhandkonto, überwiesen haben.
Flughafen Hahn ist seit 2021 in der Insolvenz
Das höchste Gebot legte ursprünglich Swift Conjoy vor, ein Joint Venture der Frankfurter Swift Group. Dpa-afx zufolge soll das Unternehmen jedoch nie die vereinbarte Kaufsumme bezahlt haben. Daraufhin kam erst die russische NR Holding als weitere Bieterin ins Spiel. Klappt auch dieser Anlauf nicht, wäre es die nächste Niederlage für den Flughafen Hahn, der bereits seit längerem nach einem geeigneten Käufer sucht.
Denn nicht nur der geplante Deal mit Swift Conjoy ist geplatzt, auch schon im Jahr 2016 machte Frankfurt-Hahn mit einer geplatzten Übernahme Erfahrungen. Damals kippten die Übernahmepläne durch den chinesischen Investor Shanghai Yiqian Trading (SYT), der offenbar keine Dokumente zur Genehmigung der Transaktion bei den chinesischen Behörden eingereicht hatte.
Das Land Hessen war vor geraumer Zeit mit 17,5 Prozent bei dem Airport eingestiegen. 2017 übernahm der chinesisches Logistikriese HNA den Flughafen mehrheitlich, einen Minderheitsanteil behielt aber weiterhin das Land Hessen. Der einstige Eigner HNA rutschte Ende 2021 in die Insolvenz. Im Oktober des gleichen Jahres musste auch der Flughafen Hahn Insolvenz anmelden. Seitdem befindet sich das Unternehmen auf der Suche nach einem neuen Investor.
Zukunft von Hahn entscheidet sich diese Woche
Wie der Insolvenzverwalter Plathner betonte, habe man bereits „ein ganzes Bündel an Sanierungsmaßnahmen umgesetzt, die den Flughafen Hahn wieder attraktiver für Airlines und Passagiere machen und es ermöglichen, den Geschäftsbetrieb im Rahmen des Insolvenzverfahrens fortzuführen und mögliche Alternativen umzusetzen“. Über das weitere Vorgehen und die Zukunft der Hunsrücker soll am morgigen Dienstag, den 7. Februar, in einer Gläubigerversammlung mit Gläubigern einiger Gesellschaften des Flughafens entschieden werden, wie Plathner mitteilte.
Info
Update vom 07.02.2023
Das hessische Finanzministerium steht einem Deal mit dem russischen Investor Charitonin kritisch gegenüber und will die Transaktion daher prüfen lassen. „Wir bitten die Bundesregierung, die gemäß dem Außenwirtschaftsgesetz mit der Prüfung des Vorgangs betraut ist, all ihre Möglichkeiten auszuloten, diesen Verkauf zu verhindern“, wird das Ministerium zitiert. Auch den Insolvenzverwalter will Hessen kontaktieren, entsprechende Schreiben befänden sich in der Vorbereitung.
Jasmin Rehne ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die Themen Controlling, Gehalt und Personal. Sie hat in Marburg Sprache und Kommunikation studiert. Neben ihrem Studium arbeitete Jasmin Rehne bereits als studentische Hilfskraft bei FINANCE.