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Knorr-Bremse überbietet ZF bei Haldex

Der Bremssystemhersteller Knorr-Bremse bietet 560 Millionen Euro für Haldex.
Knorr-Bremse AG

Das Wettbieten um den schwedischen Hersteller von Lastwagenbremsen Haldex entwickelt sich zum Krimi. Wie der Bremssystemhersteller Knorr-Bremse mitteilte, will nun auch das Münchener Familienunternehmen Haldex übernehmen. Knorr-Bremse bietet 110 Schwedische Kronen (SEK) je Aktie. Knorr-Bremse bietet für die Haldex-Aktien somit 4,9 Milliarden SEK. Samt Nettoverschuldung über gut 500 Millionen SEK bewertet Knorr-Bremse Haldex mit rund 5,4 Milliarden SEK, umgerechnet 560 Millionen Euro.

Knorr-Bremse um CFO Lorenz Zwingmann wollen die Übernahme durch den Konkurrenten ZF Friedrichshafen unbedingt verhindern. Beide Konzerne gelten als große Rivalen und versuchen mit Macht, sich vordere Marktpositionen bei dem Mega-Trend „automatisiertes Fahren“ zu sichern. Haldex verfügt über Technologien, die dem Käufer des schwedischen Unternehmens einen Entwicklungsvorsprung sichern würden.

Aus diesem Grund hatte ZF Friedrichshafen Anfang August eine Offerte für Haldex abgegeben. Damit schlug das Stiftungsunternehmen den fränkischen Nutzfahrzeugzulieferer SAF-Holland aus dem Feld, der mit seinem Angebot die Bieterschlacht um Haldex eröffnet hatte.

Knorr-Bremse bietet für Haldex Ebit-Multiple von 16x

Die Schweden erlösten im Jahr 2015 gut 510 Millionen Euro bei einem Gewinn vor Zinsen und Steuern und Zinsen (Ebit) von 35 Millionen Euro. Das Knorr-Bremse-Angebot entspricht damit einem Ebit-Multiple von 16x auf Basis des abgelaufenen Jahres.

Das jetzige Angebot entspricht laut Knorr-Bremse einem Aufpreis von 29 Prozent auf den Schlusskurs von Haldex am 13. Juli – dem Tag vor der ersten Offerte durch SAF-Holland. SAF hat sich mittlerweile aus dem Bieterrennen verabschiedet. Derzeit notieren die Haldex-Wertpapiere, angefeuert durch den Übernahmekampf, bei 113 Kronen und damit sogar über der jüngsten Offerte von Knorr-Bremse.

Knorr-Bremse finanziert M&A-Deals aus Barmitteln

Die Aktionäre der Schweden erwarten zu Recht, dass die 110 Kronen, die Knorr-Bremse bietet, noch nicht das letzte Wort in der Übernahmeschlacht sein müssen, denn sowohl Knorr-Bremse als auch ZF verfügen über so erhebliche Finanzmittel, dass bei beiden Bietern die Finanzkraft für noch höhere Gebote vorhanden wäre. Es geht allein um den strategischen Wert, den die Führungsteams der beiden deutschen Industriekonzerne dem Haldex-Portfolio zumessen.

Knorr-Bremse will den M&A-Deal komplett aus Barmitteln finanzieren. Die Münchener sind schon seit längerem auf der Suche nach größeren Targets und verfügen über solide Finanzen. Die liquiden Mittel liegen laut Knorr-Bremse bei 1,4 Milliarden Euro. Erst kürzlich hatte das Ratinghaus Moody’s die Bewertung von Knorr-Bremse von A3 auf A2 angehoben. Standard & Poor’s sieht das Rating bei einem glatten A.

Damit ist Knorr-Bremse satt im Investmentgrade-Bereich. ZF hingegen ist mit Ratings von BB+ (S&P) beziehungsweise Ba1 (Moody’s) seit der 11 Milliarden Euro schweren Übernahme des US-Konzerns TRW nur noch ein Schuldner im Crossover-Bereich.

Knorr-Bremse knüpft den Vollzug seines Haldex-Angebots an zwei Bedingungen: Zum einen müssen 90 Prozent der Aktionäre das Angebot annehmen. Zum anderen bedarf es noch der üblichen Freigaben durch die zuständigen Wettbewerbsbehörden.

Bekäme Knorr-Bremse mit Haldex Kartellprobleme?

Letzterer Punkt könnte zum Problem werden: Knorr-Bremse ist in seinem Kerngeschäft mit Nutzfahrzeugteilen bereits sehr dominant aufgestellt, was Übernahmen erschwert. Haldex und Knorr-Bremse sind zudem beide verstärkt in den Emerging Markets unterwegs.

Bei den Produkten besteht jedoch ein feiner Unterschied, der entscheidend sein könnte: Knorr-Bremse ist auf Bremsen bei LKWs spezialisiert, Haldex auf Bremssysteme bei LKW-Anhängern. Aufgrund der zunehmenden Automatisierung der Branche erwarten Experten, dass das Zusammenspiel dieser Komponenten in Zukunft wichtiger wird. „Wir sind daher sehr optimistisch“, sagte Knorr-Bremse-CEO Klaus Deller in einer Telefonkonferenz gegenüber Journalisten.

Am Rande bringt die Offerte von Knorr-Bremse auch Licht in eine Personalie der vergangenen Tage: Hans-Georg Härter hatte sein Amt als Aufsichtsrat bei ZF Friedrichshafen niedergelegt. Härter ist auch Chef des Kontroll-Gremiums von Knorr-Bremse. Er habe einen Interessenkonflikt gesehen, hieß es Mitte August. Damals waren die Übernahmepläne von Knorr-Bremse noch nicht publik, aber offenbar schon weit gediehen.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.