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Die Suche nach dem wahren Ebitda post Corona

Gab bei der Deutschen Investorenkonferenz Tipps zu Ebitda-Adjustments: Armand von Alberti.
Ebner Stolz

Es war bereits vor dem Ausbruch des Coronavirus eines der am emotionalsten diskutierten Sachthemen im M&A-Geschäft: Normalisierungen des operativen Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, im Fachjargon „Ebitda-Adjustments“ genannt. Eigentlich sollen diese Adjustments das Ebitda um einmalige Sondereffekte bereinigen, damit die Kaufinteressenten in der Lage sind, die „echte“ Ertragsstärke des Unternehmens zu erkennen – das nachhaltige Kern-Ebitda, wenn man so will. In den zurückliegenden ein, zwei Jahren wurde das bereinigte Ebitda bei einem hohen Anteil der M&A-Deals, insbesondere bei Private-Equity-Transaktionen, zur Grundlage für die Unternehmensbewertung und die anschließende Finanzierung.

Bereits vor der Coronakrise gab es am Markt aber Irritationen hinsichtlich der gelebten Praxis, wie die Bereinigungen vielfach vorgenommen worden sind, berichtete Armand von Alberti von Ebner Stolz bei der ersten digitalen Deutschen Investorenkonferenz. Denn es gibt einen simplen Interessenskonflikt: „Der Verkäufer will den Kaufpreis und das Ebitda maximieren. Der Käufer dagegen möchte nicht zu viel für das Unternehmen bezahlen und das versprochene Ebitda am Ende des Tages auch wirklich vorfinden.“

Die Deutsche Investorenkonferenz 2020 on demand

1 Bewertungstipps

Die Suche nach dem wahren Ebitda post Corona. 

2 Bridgepoint
3 Denkanstöße

Ebitda-Adjustments in der Kritik

Zuletzt gab es allerdings vermehrt Beschwerden aus dem Markt: „Diese Ebitda-Darstellung ist nicht seriös“, „Bereinigungen sind größtenteils an den Haaren herbeigezogen“, „Ebitda=Earnings Before I Tricked The Dumb Auditors“, „Zu viel Kreativität“ – von solchen Aussagen berichtete: Armand von Alberti.

Für Armand von Alberti führt der beste Weg durch das Adjustment-Wirrwarr über das Management des Unternehmens. „Bei strukturierten Verkaufsprozessen ist das anfangs schwierig, aber zumindest gegen Ende des Prozesses sollte man als Käufer versuchen, Zugang zum Management zu bekommen.“ Die Krux besteht darin, die sinnvollen Normalisierungen von den zu kreativen Maximierungstricks zu unterscheiden.

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Sinnvolle vs. kreative Ebitda-Adjustments

Drei Beispiele: Hat ein produzierendes Unternehmen eine Maschine ausrangiert und sie am Drittmarkt verkauft, dann ist dieser Verkaufserlös nicht nachhaltig und sollte Armand von Alberti zufolge berechtigterweise herausgerechnet werden. Das Ebitda könne auch guten Gewissens um aufgelöste Rückstellungen bereinigt werden, die sich nicht realisiert hätten. „Und wurde ein Geschäftsbereich verkauft, dann ist es sinnvoll, das Ebitda der Gruppe rückwirkend um diesen Bereich zu bereinigen“, zählt von Alberti sinnvolle Normalisierungen auf.

Der Transaktionsberater hatte zuletzt aber auch Adjustments gesehen, die eindeutig „zu kreativ“ gewesen seien. Von Alberti erinnert sich an einen Fall, wo in einem Unternehmen Überkapazitäten vorhanden waren. Diese seien bereinigt worden, mit der Begründung, dass die Umsätze im nächsten Jahr steigen würden.

„Bei geplanten, aber noch nicht realisierten operativen Einsparungen wäre ich bei Ebitda-Adjustments vorsichtig.“

Armand von Alberti, Ebner Stolz

„Auch bei geplanten, aber noch nicht realisierten operativen Einsparungen wäre ich bei Ebitda-Adjustments vorsichtig“, rät von Alberti. Gleiches gelte für geplante Zukäufe, bei denen so getan wird, als ob die Deals schon in trockenen Tüchern und die geplanten Synergien bereits vollständig realisiert seien.

M&A-Markt wird wieder ein Käufermarkt

Solch aggressive Ebitda-Adjustments waren vor allem deshalb möglich, weil der M&A-Markt nach Jahren des konjunkturellen Aufschwungs ein starker Verkäufermarkt war. Sofern sich dies nun ändere, könnte es Auswirkungen auf die am Markt durchsetzbaren Adjustments haben, glaubt der Due-Diligence-Experte.

„Wir können nicht auf der Buy-Side schimpfen, die Adjustments seien zu aggressiv, um auf der Sell Side später selbst kreativ zu werden.“

Armand von Alberti

Er räumt aber auch ein, dass sich alle Marktteilnehmer an die eigene Nase fassen müssten. „Wir können nicht auf der Buy-Side schimpfen, die Adjustments seien zu aggressiv, um auf der Sell Side zu einem anderen Zeitpunkt selbst kreativ zu werden.“ Hier müssten Käufer, Verkäufer und Berater gemeinsam darauf hinwirken, dass man bei den Ebitda-Adjustments wieder zu realistischen Größen komme.

Corona-Adjustments können sinnvoll sein

Zumindest in den durch Corona stark betroffenen Industrien scheint das nicht unmöglich. Schwieriger dürfte es hingegen bei „Corona-Gewinner“-Branchen wie Technologie, Software, Pharma, Medizintechnik oder Telekommunikation werden. Das Problem: Genau in diesen Branchen hat es schon vor Corona in der Praxis das aggressivste Vorgehen bei Ebitda-Adjustments gegeben. Diese stark wachsenden Unternehmen haben häufig hohe Investitionskosten, die dann gerne herausgerechnet werden.

Doch gerade jetzt in einer wirtschaftlichen Phase, die durch ein schnelles Auf und Ab und zahllose Einzeleffekte geprägt ist, haben Ebitda-Adjustments eine Berechtigung – schließlich können die Corona-Effekte bei der Preisfindung nicht komplett ignoriert werden. Nichtsdestotrotz sollten Käufer alle vorgelegten Ebitda-Adjustments kritisch hinterfragen – vor allem aber das zugrunde liegende Geschäftsmodell. Sorgt die Coronakrise nur für eine temporäre Delle beim Ebitda? Oder ist das Geschäftsmodell nachhaltig beeinträchtigt? Dann wäre das Ebitda-Adjustment wohl wieder eher der Kategorie „zu kreativ“ zuzuordnen.

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