In den vergangenen Stunden brodelte die Gerüchteküche heftig, nun steht es fest: Nicht Axel Springer kauft die Traditionszeitung Financial Times vom britischen Pearson-Verlag, sondern der japanische Medienkonzern Nikkei. Nikkei zahlt 1,2 Milliarden Euro. Der Wert der Financial Times wurde zuvor auf bis zu 1,5 Milliarden Euro geschätzt. Der 50-prozentige Pearson-Anteil am Magazin „Economist“ ist dafür allerdings nicht Teil des Deals. 2014 setzte Pearson 4,87 Milliarden Pfund (6,95 Milliarden Euro) um, der Umsatz der Financial-Times-Gruppe lag bei 334 Millionen Pfund (475 Millionen Euro).
In den Berichten mehrerer Nachrichtenagenturen vom heutigen Vormittag wurde neben Bloomberg und Thomson Reuters auch der deutsche Verlag Axel Springer hoch gehandelt. Einem Reuters-Bericht zufolge soll Springer auch tatsächlich ein Angebot für die Financial Times ausgearbeitet haben. Springer war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen, später dementierte der Konzern. Der Zukauf hätte der größte in der Unternehmensgeschichte des Berliner Verlagshauses sein können.
Axel Springer und Financial Times haben ähnliches Geschäftsmodell
Es gab schon länger Gerüchte, dass Pearson den Verkauf der Financial Times plant, denn das Verlagshaus konzentriert sich nach einer Umstrukturierung vor allem auf Publikationen im Bildungssektor, zu denen die Financial Times nicht mehr passt. Zudem leidet die Financial Times wie viele andere Medien auch unter sinkenden Erlösen und Auflagen im Print-Bereich, während das Blatt steigende Erlöse im Online-Bereich verzeichnet. Die Online-Lektüre von FT-Artikeln ist teilweise kostenpflichtig.
Gerade wegen der gelungenen Verknüpfung der verlegerischen Zeitungsgeschäfte mit Online-Bezahlmodellen hätte ein Kauf der FT für Axel Springer strategisch interessant sein können. Die FT war eine der ersten Zeitungen, die eine Bezahlschranke einführte. Die Springer-Zeitungen „Bild“ und „Welt“ betreiben seit einiger Zeit ein ähnliches Modell, wenngleich mit geringerem Erfolg.
Axel Springer: M&A-Gerüchte auch um Pro7 und die Huffington Post
Axel Springer hat in den vergangenen Jahren massiv die Umwandlung in einen Digitalkonzern forciert, bei seinen Zukäufen jedoch nicht-journalistische Assets präferiert, zum Beispiel die Web-Portale Immonet, Aufeminin und StepStone.
Der sich auf Expansionskurs befindende Springer-Konzern ist derzeit Gegenstand gleich mehrerer M&A-Gerüchte: Vor wenigen Wochen erst wurde spekuliert, dass Axel Springer-CFO Julian Deutz eine Fusion mit ProSiebenSat1 einfädeln könnte. Dies wäre der zweite Merger-Anlauf nach zehn Jahren. Im Mai hieß es außerdem, dass Axel Springer um die Huffington Post buhlt.
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