Die Übernahme-Fantasie bei Salzgitter wird konkret
Erster Akt im Übernahmeprozess von Salzgitter: Nun werden die Gerüchte konkret, die bereits vergangenes Jahr aufgekocht waren. Das Konsortium um Salzgitter-Großaktionär Günter Papenburg (25 Prozent) hat ein indikatives und nicht bindendes Angebot von rund 18,50 Euro je Salzgitter-Aktie vorgelegt. Diese News trieb das Papier prompt um 6 Prozent nach oben. Salzgitter plant nach eigenen Angaben, das Angebot zu prüfen, betont jedoch, dass das Ergebnis der Prüfung offen bleibt. Das aktuelle Angebot bewertet Salzgitter mit 1,1 Milliarden Euro.
Ein entscheidender Faktor in diesem Übernahmepoker ist die Beteiligung von Salzgitter an der Kupferhütte Aurubis. Gerade diese Beteiligung macht Salzgitter mit seinem schwächelnden Stahlgeschäft zu einem lukrativen Target. Das Land Niedersachsen, als größter Aktionär ein wichtiger Spieler im Übernahmepoker, sieht das Angebot kritisch. Es fehlten die wirtschaftlichen Vorteile einer Übernahme durch Papenburg, wie das Land in einer Meldung verlauten ließ.
Mystery-Deal bei Meyer Burger
Der angeschlagene Solarmodulhersteller Meyer Burger hat seine Tochtergesellschaft Pasan, einen weltweiten Hersteller von Sonnensimulatoren, verkauft. Der Deal ist Teil der laufenden Restrukturierungsmaßnahmen des Schweizer Zell- und Modulherstellers, der derzeit um einen langfristigen Finanzierungsrahmen ringt. Pasan wurde zu einem nicht veröffentlichten Preis an einen unbekannten Käufer veräußert. Die Transaktion trat am 27. Januar in Kraft.
Meyer Burger hatte Pasan 2010 übernommen, als das Unternehmen noch auf die Herstellung von Produktionsequipment fokussiert war. Die strategische Neuausrichtung auf die Produktion von Solarzellen und -modulen erfolgte erst 2018.
Meyer Burger hatte erst Anfang der Woche einen M&A-Prozess angestoßen, um eine tragfähige Restrukturierungslösung zu finden. Der Prozess umfasst potentiell mehrere Interessenten, während die Restrukturierung als Alternative bestehen bleibt. Die Verhandlungen mit dem Großkunden Desri sind entscheidend, da der bestehende Rahmenvertrag gekündigt wurde. Anleihegläubiger haben eine Brückenfinanzierung bis Februar 2025 verlängert, um Zeit für den M&A-Prozess zu gewinnen.
Grenke übernimmt Leasing-Tochter von Intesa Sanpaolo
Die badische Leasingfirma Grenke erweitert ihr Portfolio durch die Übernahme der italienischen Leasing-Tochter Rent for You von Intesa Sanpaolo. Italiens größte Bank wird bis Mitte des Jahres in die italienische Grenke Locazione integriert. Im Gegenzug erwerben die Italiener einen Anteil von 17 Prozent an der Italien-Tochter von Grenke.
Die beiden Gesellschafter werden gemeinsam die Refinanzierung der künftigen Aktivitäten übernehmen. Durch die Partnerschaft erhält Grenke Zugang zu den 1,2 Millionen Geschäftskunden von Intesa Sanpaolo, was das Potential für zukünftiges Neugeschäft in Italien erheblich steigert, wie Grenke die strategische Logik hinter dem Zukauf erklärt.
Italien ist für Grenke mit einem Neugeschäft von über 400 Millionen Euro nach Frankreich und Deutschland der drittgrößte Markt. Grenke erwartet für das künftige Neugeschäft in Italien zweistellige Wachstumsraten. Diese strategische Akquisition könnte Grenkes Position im italienischen Markt weiter stärken und das Wachstumspotential erheblich erhöhen.
Weitere M&A-Deals
Dertour Deutschland, eine Tochter der Rewe-Gruppe, hat die Übernahme des auf Kroatien spezialisierten Reiseanbieters I.D. Riva Tours angekündigt. Diese Akquisition soll das Angebot im Bereich Spezialreisen erweitern. I.D. Riva Tours, mit Sitz in Gräfelfing und kroatischen Niederlassungen, bietet über 200 Ferienhäuser und Partnerschaften mit 400 Hotels in Kroatien. Die Markenwelt von Dertour ist groß: So stehen unter dem Dach der Gruppe über 130 Unternehmen, darunter die Veranstalter Dertours, ITS, Meiers Weltreisen, sowie rund 2.000 Reisebüros, Hotelmarken wie Sentido und Aldiana sowie das Online-Reiseportal Prijsvrij Vakanties. Das Closing wird für das erste Quartal 2025 erwartet. Taylor Wessing (Federführung: Ernst-Albrecht von Beauvais und Daniel Mursa) beraten Dertour bei dem Deal.
Die Fuchs-Gruppe erweitert ihre Aktivitäten in Südamerika durch ein Joint Venture mit ihren langjährigen Partnern Arnaldo und Flavio Rubini, den Anteilseignern des Fuchs-Vertriebspartners Remsac. Das neu gegründete Unternehmen Fuchs Peru übernimmt das Schmierstoffgeschäft von Remsac und beschäftigt zwölf Mitarbeitende. Fuchs hält 60 Prozent der Anteile, während die Rubini-Brüder 40 Prozent besitzen. Ziel ist es, die Marktposition in den Bereichen Zement, Bergbau sowie Lebensmittel- und Getränkeindustrie zu stärken. Das Joint Venture startet im Januar 2025.
Boldyn Networks, ein Anbieter von Netzinfrastrukturen, stärkt seine Position im Bereich privater Mobilfunknetze durch die Übernahme von Smart Mobile Labs. Diese Akquisition erweitert Boldyns Präsenz auf über 110 Implementierungen in Europa und den USA. Smart Mobile Labs, nach eigenen Angaben ein deutscher Marktführer für private 5G-Netze, bringt technisches Know-how und eine patentierte Video-Streaming-Software ein. Die Übernahme zielt darauf ab, Boldyns Angebot im Bereich „Private 5G as a Service“ zu erweitern.
M&A-Berater-News
Herbert Smith Freehills erweitert seine deutsche Corporate-M&A– und Private-Equity-Praxis in Düsseldorf mit einem Team von Orrick. Oliver Duys, Wilhelm Nolting-Hauff und Nikita Tkatchenko treten als neue Corporate-M&A-Partner der Kanzlei bei. Sie bringen ein Team mit, das aus zwei Counseln, drei Associates und zwei Foreign Counseln besteht.
Duys‘ Expertise bei grenzüberschreitenden Deals und Private-Equity-Transkationen in der Region des mittleren Ostens und Indien wird von Nolting-Hauffs Kompetenz bei Leveraged Buy-outs, Joint Ventures, PE-Deals und strategischen Partnerschaften chinesischer Mandanten flankiert.
Tkatchenko wiederum ist spezialisiert auf die Beratung bei Restrukturierungen, im Gesellschaftsrecht und zu Haftungsfragen. Diese Erweiterung soll die strategische Ausrichtung der Kanzlei auf den Bereich Private Capital unterstreichen und die Präsenz in Deutschland stärken.
Deals in Verhandlung
Rolle rückwärts bei Nagarro: Der IT-Dienstleister hatte im Oktober verkündet, in Übernahmegesprächen mit Kaufinteressenten zu sein. Diese Deal-Gedanken wurden nun verworfen. Nagarro plant nach eigenen Angaben nun, strategische Partner zu suchen und bis 2025 Umsatz- und Ergebnisverbesserungen zu erzielen. Freshfields hat den börsennotierten Konzern bei der Evaluierung strategischer Optionen zur Steigerung des Shareholder Value beraten. Nach intensiven Gesprächen entschied sich der Vorstand von Nagarro, das Take-Private-Vorhaben nicht weiterzuverfolgen. Stattdessen fokussiert sich das Unternehmen auf eine unabhängige Wachstumsstrategie, die auch anorganische Maßnahmen umfasst.
Hometogo hat sich mit Migros auf die wesentlichen Bedingungen zur Übernahme von Interhome geeinigt. Der Deal stand schon länger im Raum, allerdings ohne konkrete Details. Der Kaufpreis liegt im niedrigen dreistelligen Millionenbereich in Schweizer Franken, inklusive aufgeschobener Zahlungen. Interhome, Europas zweitgrößter Anbieter für Ferienhausvermietung, bietet rund 40.000 Unterkünfte in 28 Ländern an.
Die Integration in die Hometogo-Gruppe soll das Portfolio im Bereich technologiegestützter Serviceleistungen erweitern und die Profitabilität sowie den Free Cashflow steigern. Auf Pro-forma-Basis könnten die konsolidierten Umsatzerlöse 2024 über 330 Millionen Euro und das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) über 30 Millionen Euro betragen, teilt Hometogo mit. Die Finanzierung erfolgt durch Eigenkapitalerhöhung, ein erstrangiges Darlehen und verfügbare Netto-Barmittel.
Info
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Melanie Ehmann ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen am M&A- und Private-Equity-Markt. Sie hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Melanie Ehmann sechs Jahre in der Redaktion des Platow Verlags, zunächst als Volontärin, später als Wirtschaftsjournalistin im Platow Brief und den Sonderpublikationen.